K+S-Übernahme durch Potash Geschenk der Götter für Aktionäre

Rohstoffriese Potash will den Dax-Konzern K+S übernehmen. Die Strategie der Kanadier hat Hand und Fuß. Der Kalimarkt könnte den Deal jedoch unprofitabel machen. K+S-Aktionäre sollten die Chance nutzen.

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 K+S AG Quelle: dpa

Der weltweit drittgrößte Kaliproduzent, die kanadische Potash Corporation of Saskatchewan, hat der deutschen K+S, der Nummer sechs auf dem Weltmarkt, ein „freundliches“ Übernahmeangebot unterbreitet. Einen konkreten Übernahmepreis haben die Kanadier allerdings noch nicht genannt.  Das „Handelsblatt“ mutmaßt, Potash wolle mehr als 40 Euro je K+S-Aktie. Das entspräche einer Bewertung von  K+S mit mehr als sieben Milliarden Euro.

Als Schlüsselsubstanz für die Landwirtschafts- und Lebensmittelindustrie hat Kali-Salz eine enorme Bedeutung für das tägliche Leben - direkt für die Produktion von Getreide, Obst und Gemüse, und indirekt für die Herstellung von Viehfutter, Energie und Biokraftstoffen. Doch die goldenen Zeiten, die von immensen Gewinnmargen geprägt waren, sind vorbei: Milliardenschwere Kapazitätsinvestitionen kleinerer und neuer Wettbewerber - angetrieben vor allem durch die explodierenden Kali-Preise in der Finanzkrise - haben irreversible Veränderungen eingeläutet, die die Rentabilität im Kali-Bergbau noch auf Sicht von Jahren belasten werden.

Der Kali-Preis ist wegen hohen Fördermengen eingebrochen

Angelaufen ist dieser Prozess im Juli 2013, als der weltgrößte Kaliproduzent, die russische Uralkali, das mit der weißrussischen Belaruskali gebildete Exportkonsortium Belarusian Potash Company (BPC) aufgekündigte. Uralkali verfolgt seitdem das Ziel, seine Kapazitäten voll auszulasten und mehr Kali auf den Weltmarkt zu bringen. Folge des Strategiewechsels: Der Kali-Preis, der in der Finanzkrise bis auf 950 Dollar je Tonne hochschnellte, und zwischen 400 und 450 Dollar pendelte, bevor Uralkali aus dem Exportkonsortium ausstieg, ist zwischenzeitlich auf unter 300 Dollar eingebrochen.

Potash und K+S: Das Milliardenangebot

Die Hoffnungen, der Preis werde sich in diesem Jahr substanziell erholen, haben sich bisher nicht bewahrheitet. So einigten sich der weltgrößte Importeur China und Belaruskali im März auf einen sechsmonatigen Lieferkontrakt mit einem Abnahmepreis von 315 Dollar pro Tonne. Das waren nur zehn Dollar mehr als beim vorherigen Kontrakt.

Nicht genutzte Kapazitäten haben den Preis gestützt

Der einst hochprofitable Markt wurde lange Zeit von drei großen Anbietern dominiert, die zwischenzeitlich dank strikter Preisdisziplin immens hohe Gewinne einfahren konnten. 2011 kontrollierten BPC, das nordamerikanische Konsortium Canpotex, gebildet aus den kanadischen Düngemittelkonzernen Potash Corporation of Saskatchewan und Agrium sowie Mosaic aus den USA und K+S zusammen rund 73 Prozent der weltweiten Kali-Verkäufe und vereinten auf sich 77 Prozent der weltweiten Produktionskapazität.

Das Ausmaß des Wandels im Kali-Bergbau wird deutlich, wenn man versteht, warum das Geschäft früher so lukrativ war und warum die hohe Profitabilität drastisch und auf viele Jahre zurückgehen wird - und zwar irreversibel. Der Schlüssel dafür ist das Preisniveau. Bis vor zwei Jahren funktionierte die Preisbildung auf dem weltweiten Kali-Markt so: Viele kleine Anbieter, die zusammen nur über gut 23 Prozent der weltweiten Produktionskapazität verfügten, lasteten ihre Produktion im Wesentlichen komplett aus. Die drei großen Anbieter hingegen ließen einen Teil ihrer Kapazität ungenutzt und verzichteten so zugunsten eines höheren Preises auf Marktanteile. Sie versuchen also, den Preis zu steuern, indem sie das Angebot strategisch verknappen und die Kosten der Unterauslastung tragen. 

Zahl der Kali-Minen könnte sich bis 2020 verdoppeln

So produzierte Potash noch im vergangenen Jahr 8,73 Millionen Tonnen Kali bei einer Kapazität von 15 Millionen Tonnen.  K+S produzierte 5,7 Tonnen bei einer Kapazität von sieben Millionen Tonnen.

Trotz der tiefen Preise werden die globalen Kali-Verkäufe in diesem Jahr aber erstmals über 60 Millionen Tonnen steigen.

Dank der durch attraktive Preise angestoßenen gewaltigen Investitionen könnte sich die Anzahl der Kali-Minen bis 2020 verdoppeln. Das zusätzliche Produktionspotenzial der angekündigten und zum großen Teil schon im Bau befindlichen Kapazitätserweiterungen deckt etwa 85 Prozent der weltweiten Kali-Nachfrage ab.

Bergbauunternehmen investieren in neue Minen

So baut der Bergbaugigant BHP in der kanadischen Provinz Saskatchewan für 16 Milliarden Dollar die weltweit größte Kali-Mine Jansen. Mit einer geplanten Produktionskapazität von sechs bis acht Millionen Tonnen pro Jahr würde allein diese Mine nach Fertigstellung rund zehn Prozent der globalen Nachfrage abdecken. Weitere etwa 20 Minen anderer Anbieter stecken in der Projektpipeline.

Das 4,1 Milliarden Dollar schwere K+S-Minenprojekt Legacy, ebenfalls in der kanadischen Provinz Saskatchewan, geht voraussichtlich Ende 2016 in Produktion mit einer Anfangskapazität von zwei Millionen Tonnen. Die volle Kapazität soll 2023 erreicht werden mit 2,9 Millionen Tonnen.

Weltmarktführer Uralkali will in den nächsten fünf Jahren 4,5 Milliarden Dollar investieren und die Kapazitäten um 30 Prozent auf 14,4 Millionen Tonnen ausweiten.

Eurochem aus der Schweiz erschließt in Russland gerade zwei Lagerstätten mit einer Kapazität von gut acht Millionen Tonnen.

Neue Projekte könnten unrentabel sein

Durchschnittlich müssen für eine Tonne zusätzlicher jährlicher Abbaukapazität zwischen 200 und 1400 Dollar investiert werden. Eine einzelne neue Mine mit beispielsweise 1,8 Millionen Tonnen Abbaukapazität verschlingt also durchschnittlich rund 1,5 Milliarden Dollar. Das ist kein Pappenstiel.
Die Gefahr besteht, dass einige der neuen Projekte in Zukunft nicht profitabel arbeiten können, weil die drohenden Überkapazitäten einen harten Kampf um Marktanteile auslösen werden.

Der Versuch, wie früher durch Verknappung und Unterauslastung ihrer Produktionskapazitäten den Preis zu stützen, ist daher keine alleinige Option mehr für die etablierten Anbieter, weil sie dadurch geringere Absatzmengen und Marktanteilsverluste in Kauf nehmen würden. Die Alternative: Anpassen an die neuen Marktregeln und über die Ausweitung der Absatzmengen versuchen,  Marktanteile zu sichern oder gar auszubauen. Darauf zielt die Übernahmeofferte von Potash ab.

Für K+S-Aktionäre ist das ein Geschenk der Götter. Sie kämen noch einmal mit einem blauen Auge davon. Kurse in Richtung 40 Euro sollten zum Verkauf genutzt werden.

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