KTG Agrar Ist der Krisenkonzern noch zu retten?

Die Lage beim angeschlagenen Agrarkonzern spitzt sich zu. Nur noch wenige Tage bleiben dem Unternehmen, um fällige Anleihezinsen zu bezahlen und die Insolvenz abzuwenden. Unterdessen verstärken Veränderungen in der Foodsparte die Zweifel am Geschäftsmodell des Konzerns.

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KTG-Agrar-Chef Hofreiter. Quelle: Werner Schuering für WirtschaftsWoche

Siegfried Hofreiter - genannt Siggi - hatte große Pläne. Einen ganzheitlichen Konzern versprach der Vorstandschef des Ackerbetriebs KTG Agrar seinen Anlegern. Von der Saat über die Ernte bis hin zur Herstellung fertiger Produkte für den Lebensmittelhandel sollte alles aus einer Hand kommen. Aus seiner Hand.

Das Ziel: Statt nur Kartoffeln und Getreide zu ernten, wollte Hofreiter im margenstärkeren Geschäft mit Konsumenten mitmischen. „Vom Feld bis auf den Teller“ lautet denn auch der Slogan des Konzerns, Hofreiter stellte gar einen „gesonderten Börsengang der Foodsparte“ ab 2018 in Aussicht.

Doch daraus wird nach Lage der Dinge nichts: Der Agrarkonzern ist eine gewaltige Geldverbrennungsmaschine. Seit 2007 summiert sich der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit auf insgesamt minus 240 Millionen Euro. Für Ende 2015 wies der Konzern Verbindlichkeiten von insgesamt mehr als 600 Millionen Euro aus. Allein rund 392 Millionen Euro davon schuldet KTG Anlegern, die in zwei Anleihen des Unternehmens investiert haben, die bis 2017 und 2019 laufen.

Anleihe: KTG Agrar

Nach der Ankündigung, fällige Zinsen von rund 18 Millionen Euro für die 2017er-Anleihe nicht pünktlich zahlen zu können, brachen die Kurse der Papiere ein. Spätestens 30 Tage nach Fälligkeit muss KTG nun die Zinsen überweisen, sonst droht Insolvenz. Spätestens am kommenden Mittwoch dürfte die Entscheidung fallen.

Die bisherige Kommunikationspolitik ist indes kaum geeignet, das Vertrauen in das Unternehmen zu stärken. So gab sich ein Unternehmenssprecher noch vor wenigen Tagen gegenüber der WirtschaftsWoche zuversichtlich, die Zinsen „vor dem 30. Juni“ nachzuzahlen: „KTG hat die ersten Verträge für die Zwischenfinanzierung unterschrieben.“ Für den übrigen Teil lägen Zusagen vor, hieß es. Gezahlt wurde dennoch nicht.

Stattdessen verschob KTG die für Donnerstag geplante Hauptversammlung in Hamburg auf Ende August. Offizielle Begründung: Herausfordernde Aufgaben und der „Start der wichtigen Erntesaison“ hätten zu einer „Terminfülle“ geführt.

Als nicht minder kreativ erweist sich die Hofreiter-Crew bei der Beantwortungen von Fragen zu verschiedenen Umfirmierungen, Transaktionen und Darlehen, die die wichtige Food-Sparte betreffen. Um das Geschäftsfeld aufzubauen, hatte Hofreiter 2011 den Tiefkühlkosthersteller Frenzel - einst als „Iglo Ostdeutschlands“ bekannt - gekauft. Kurze Zeit später übernahm er den Rapsölhersteller Ölmühle Anklam, verleibte seinem Imperium die Bio-Marke Bio-Zentrale ein und vereinte die zusammengekauften Aktivitäten schließlich unter dem Dach der Tochtergesellschaft KTG Foods.

Doch Recherchen der WirtschaftsWoche zeigen, dass sich die Strategie vom integrierten Konzern zunehmend in Luft auflöst – ohne dass Anleihegläubiger und Aktionäre bislang davon Wind bekommen.

So hielt KTG-Chef Hofreiter zwei Tage vor Heiligabend 2015 eine außerordentliche Hauptversammlung der Tochtergesellschaft KTG Foods ab. Um 14 Uhr eröffnete er die Veranstaltung im Büro eines Berliner Notars. Zehn Minuten später war der Name KTG Foods formal verschwunden.

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