Lanxess-Chef „Die Bürger müssen wieder an Europa glauben“

Matthias Zachert hat den Spezialchemiekonzern Lanxess wieder auf Kurs gebracht. Das zeigen die Ergebnisse für 2016. Sorgen bereiten ihm aber der Blick auf die politische Landschaft und das Herumhacken auf Europa.

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Matthias Zachert sorgt sich um Europa. Quelle: dpa

Köln Matthias Zachert kam nicht umhin, die Bilanzpressekonferenz von Lanxess am Donnerstag mit einem Schmunzeln zu eröffnen: Lanxess habe mal wieder seine Schnelligkeit bewiesen, sagte er. Was war passiert? Eigentlich hatte der Kölner Spezialchemiekonzern seine Jahresergebnisse am Donnerstagfrüh pünktlich vor Börsenbeginn veröffentlichen wollen. Doch wegen einer internen Panne stand die komplette Mitteilung bereits am Mittwochmittag auf der Website des Konzerns – zur Überraschung des Managements und der Analysten.

Zachert war aber wegen der Panne nicht gram. Warum auch? Die Ergebnisse für das vergangene Geschäftsjahr zeigen, dass der Konzern wieder auf Kurs ist. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) stieg um zwölf Prozent auf 995 Millionen Euro und lag am oberen Ende der Prognose. Sorgen bereiten ihm eher der Blick auf die politische Landschaft und das Herumhacken auf Europa.

So wie derzeit viele Konzernchefs nutzte auch Zachert die Bilanzpressekonferenz für ein Plädoyer für ein starkes Europa. „Ich möchte nicht nur an die Politik, sondern vor allem an die Bürger appellieren“, sagte der Lanxess-Chef. „Wir alle profitieren stark von der gewonnenen Freiheit. Wir sollten viel stärker das Positive an Europa sehen und nicht dauernd nur auf dem Negativen herumhacken.“

Wer gegen Europa argumentiere, wende sich gegen die industrielle Ausrichtung der ganzen deutschen Volkswirtschaft, sagt Zachert. Den Menschen müsse klar werden, dass unser Wohlstand auf einem freien Handel in Europa beruhe. Sein Wunsch: „Die Bürger müssen wieder an Europa glauben.“

Von Brexit ist Lanxess direkt zwar nicht betroffen, doch für den Konzern gilt wie für die gesamte Chemieindustrie: Wenn große Kunden wie etwa die Automobilindustrie dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden, trifft dies auch deren Lieferanten von Kunststoffen und Chemikalien.

Wohl auch mit Blick auf die Unwägbarkeiten gab sich Zachert für 2017 vorsichtig. Er verspricht eine leichte Steigerung des Gewinns. Es ist aber absehbar, dass Lanxess diese Prognose in den kommenden Monaten deutlich anheben wird. Dafür wird allein schon die Übernahme des US-Chemiekonzerns Chemtura sorgen.

Noch ist unklar, von welchem Zeitpunkt an die Gewinne des Spezialisten für Flammschutz- und Schmierstoff-Additive in die Lanxess-Zahlen einfließen werden. Die kartellrechtliche Zustimmung in Europa und China steht noch aus. Probleme dabei werden nicht erwartet. Zachert geht weiter davon aus, dass der Deal Mitte 2017 abgeschlossen wird.

Dazu kommt die unsichere Chemiekonjunktur insgesamt. Seit November hat die Nachfrage in der Branche wieder zugelegt, was sich auch bei Lanxess zeigt. Das erste Quartal 2017 sei stark verlaufen. Der Konzern erwartet für diesen Zeitraum einen Zuwachs beim bereinigten Betriebsgewinn rund 20 Prozent.

Teils sei die Nachfrage abnormal hoch, sagte Zachert. Er führt dies darauf zurück, dass sich viele Kunden derzeit in Erwartung weiter steigender Preise mit Chemieprodukten eindeckten. Dies sei etwa in China zu beobachten. Im Laufe des Jahres werde das Wachstum wieder moderat werden.

Stärken will Lanxess in den nächsten drei Jahren vor allem die deutschen Standorte. In diesem Zeitraum planen die Kölner Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro, der Großteil davon geht an die Werke in Leverkusen und Krefeld-Uerdingen.

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