




Das Geld ist billig, die Kaufobjekte mehr oder weniger attraktiv. In den vergangenen Monaten machten deutsche Chemiekonzerne durch zahlreiche Akquisitionen in den USA Schlagzeilen: Der Darmstädter Merck-Konzern übernahm den Laborzulieferer Sigma-Aldrich, die Essener Evonik den Chemie-Spezialisten Air Products und Bayer will sich den umstrittenen Saatgut-Konzern Monsanto einverleiben.
Der letzte Deal überzeugt die Aktionäre bislang allerdings noch nicht: Die Aktien von Bayer und Monsanto kommen kaum vom Fleck. Ganz anders bei Lanxess, dem einst ausgegliederten Chemiegeschäft von Bayer. An diesem Montag verkündete Lanxess-Vorstandschef Matthias Zachert die Übernahme des US-Unternehmens Chemtura, eines Spezialisten für Zusatzstoffe in Schmierstoffen und Flammschutzmitteln. Am Montagvormittag stieg die Lanxess-Aktie daraufhin um zehn Prozent.
Warum der Lanxess-Deal bei den Anlegern gut ankommt
Der Preis von 2,4 Milliarden Euro inklusive Schulden ist nicht überteuert. Er entspricht dem etwa Zehnfachen des Betriebsgewinns (Ebitda) – bei anderen Übernahmen lag die Bewertung deutlich höher. Lanxess kauft ein hochmargiges Geschäft, die Gewinnmarge von Chemtura liegt bei zwanzig Prozent. Die Finanzierung steht, die Zahl der Wettbewerber ist überschaubar. Zachert rechnet im Geschäft mit den Zusatzstoffen mit einer jährlichen Wachstumsrate von drei bis vier Prozent. Es sei ein „großer Tag“ für Lanxess, frohlockte der Chef. Fünf Monate hat er intensiv mit Chemtura verhandelt.
Vor allem macht sich Lanxess durch die Übernahme noch unabhängiger vom Kautschukgeschäft, das wegen weltweiter Überkapazitäten und entsprechend niedriger Preise seit Jahren die Bilanz belastet. Zacherts Vorgänger Axel Heitmann musste vor drei Jahren gehen, nachdem Lanxess aufgrund des maladen Kautschukgeschäfts rote Zahlen schrieb. Zachert baute Stellen ab, schloss Produktionsanlagen und fand schließlich mit der saudi-arabischen Saudi Aramco einen Partner für das Kautschukgeschäft. Der Kölner Chemiekonzern ist inzwischen wieder in den schwarzen Zahlen angekommen. 2015 lag der Betriebsgewinn bei über 800 Millionen Euro – bei einem Umsatz von acht Milliarden Euro.
Die Lanxess-Krise
2004 bringt Bayer Teile seines Chemie- und Kunststoffgeschäfts unter dem Namen Lanxess an die Börse.
2012 steigt der Konzern in den Dax auf.
2014 wird Matthias Zachert Vorstandschef. Vorgänger Axel Heitmann hatte trotz rückläufiger Nachfrage sogar noch ins Hauptprodukt Kautschuk investiert.
Im September 2015 könnte Lanxess aus dem Dax fallen – die Marktkapitalisierung ist mit vier Milliarden Euro gering. Der Umsatz (2014) liegt bei acht Milliarden Euro.
Mit der Übernahme von Chemtura katapultiert sich Lanxess nun aus dem Krisenmodus heraus - nun will der Konzern nicht mehr nur sparen und optimieren, sondern wieder angreifen. „Lanxess ist zurück auf Wachstumskurs, schneller als geplant“, sagte Zachert Mitte September. Mit der Übernahme von Chemtours, einem Anbieter von Desinfektionsmitteln für Schweineställe, hatten die Kölner kürzlich bereits eine kleinere Übernahme gestemmt.
Noch ist freilich die aktuelle Übernahme von Chemtura nicht in trockenen Tüchern. Die Aktionäre des US-Unternehmen müssen noch zustimmen, in zwei bis drei Monaten soll eine Hauptversammlung stattfinden. Unter den Aktionären von Chemtura finden sich aktivistische Investoren, die noch für Ärger sorgen könnten. Nicht völlig auszuschließen ist auch, dass ein Konkurrent noch ein Gegenangebot abgibt.
Zachert gibt sich da jedoch optimistisch: „Wir haben Synergien, die andere nicht haben.“ Deswegen, so die unausgesprochene Schlussfolgerung, dürfte sich ein Gegenangebot für Wettbewerber kaum lohnen. Ebenso prüfen die Kartellbehörden noch; nach Angaben von Lanxess soll die Übernahme bis Mitte 2017 besiegelt sein.