Ausgerechnet Zucker. Die Kammer, in der Matthias Kramer und Marc Schlegel ihr Chefbüro eingerichtet haben, war früher mal das Lager für den weißen Stoff. Der Raum gehörte einer Bäckerei, die hier die wichtigste Zutat für süße Teilchen lagerte.
Zucker aber ist für die Unternehmer Schlegel und Kramer in etwa so naheliegend wie für den Teufel ein Bad im Weihwasser. Die beiden Gründer von Lizza verkaufen Teigwaren, die, wie sie es formulieren, „absolut clean“ sind. Der Bestseller ist der Pizzateig: ohne Kohlenhydrate, ohne Gluten, ohne Tierbestandteile. Rund 10.000 Stück produzieren sie jeden Tag davon.
Der 32-jährige Kramer hat die vergangenen zwölf Monate „extrem low carb“ gelebt, das heißt keine Kartoffeln, keine Nudeln, kein Brot und, genau, keinen Zucker. Nun hat er vor einigen Wochen die Ernährung noch mal umgestellt. Er lebt nun vegan, ohne Tierprodukte. „Ich finde, es gibt wenig Intimeres als Essen. Was wir zu uns nehmen, entscheidet letztlich darüber, wie gut unser Leben ist“, sagt der Jungunternehmer. Er ist ein sportlicher Typ mit breiten Schultern und routiniertem Lächeln.
Acht Superfoods - und was sie können
Das ist es: Die Quinoa-Pflanze gedeiht im Hochland der Anden. Dort sind die Körner des Fuchsschwanzgewäches eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Menschen. Der Gehalt an Eiweiß und einigen Mineralien übertrifft den gängiger Getreidearten. Dafür enthalten Quinoa-Körner kein Vitamin A oder C.
Superfood-Faktor: Das gerne als "Reis der Inkas" bezeichnete Pseudogetreide ist vielfältig. Die mineralstoffreichen Blätter kommen in den Anden als Gemüse oder Salat auf den Tisch, die senfkorngroßen Nussfrüchte werden gekocht. Besonders wertvoll sind das hochwertige Eiweiß und die ungesättigten Fettsäuren. Quinoa ist vor allem für Menschen mit Glutenunverträglichkeit eine gute Alternative zu anderen Getreidesorten.
Quellen: aid infodienst e.V., eigene Recherchen
Das ist es: Weizengras ist nichts anderes als die jungen Weizensprossen, die einige Tage nach der Aussaat geerntet werden. Es enthält vor allem Vitamin C, E, K, einige Mineralstoffe und ist reich an Eiweiß und Chlorophyll. Weizengras wird meistens als Pulver verkauft und dann mit Wasser vermischt. Es schmeckt: speziell.
Superfood-Faktor: Oft ist über Weizengras zu lesen, dass es 60-mal mehr Vitamin C als Orangen, 50-mal mehr Vitamin E als Spinat und 30-mal mehr Vitamin B1 als Kuhmilch enthalte. Das ist nicht falsch, aber vor allem ein cleverer Werbetrick. Denn die Angaben beziehen sich auf 100 Gramm Weizengras - von dem ausgepresst nur ein Bruchteil als Saft übrig bleibt. Um die Nährwerte zu erreichen müsste man also 100 Gramm Saft trinken. Doch wer den einmal pur probiert hat, weiß: 100 Gramm bekommt keiner herunter.
Das ist es: Açai-Beeren sind die Früchte der Kohlpalme aus dem Amazonasgebiet. In voller Reife sind die blaubeergroßen Beeren tiefschwarz. Sie sind reich an pflanzlichen Proteinen, Antioxidantien, Kalzium und Vitaminen.
Superfood-Faktor: Die Açai-Beere ist ein hochwertiges Lebensmittel. Ihre verjüngende und entschlackende Wirkung dagegen ist ein Gerücht - hierfür fehlt der wissenschaftliche Beweis. Wer im Sommer in den Garten geht und Heidelbeeren, Sauerkirschen oder schwarze Johannisbeeren nascht, verspeist die gleichen Inhaltsstoffe.
Das ist es: Chia-Samen sind schwarze oder graue Körner der Salbeipflanze. Sie machten angeblich schon die Inka satt. Die Samen enthalten fünfmal so viel Kalzium wie Milch, liefern Antioxidantien, Omega-3-Fettsäuren und reichlich pflanzliche Proteine.
Superfood-Faktor: Oft wird behauptet, die mittelamerikanischen Samen machten schlank. Der wissenschaftliche Beweis dafür aber fehlt. Trotzdem sind die Inhaltsstoffe interessant. Wegen des hohen Gehalts an Ballaststoffen gelten die Samen als Sattmacher. Heimische Leinsamen haben dieselbe Wirkung, sind aber deutlich günstiger.
Das ist es: Chlorella ist die Bezeichnung für Mikroalgen, die auch in Süßwasser wachsen. Sie liefern Vitamin B12, mehrere Mineralstoffe und viel Eiweiß.
Superfood-Faktor: Für Veganer können die Algen ein wichtiger Vitamin B12-Lieferant sein. Der Gehalt der Mikronährstoffe hängt allerdings stark von der Wasserqualität ab, in dem die Algen gezüchtet werden. Zudem gibt es Chlorella fast ausschließlich in Tabletten- oder Pulverform zu kaufen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung stuft als bedenklich ein, dass die Algen unerwünschte Stoffe wie Pestizide, Fungizide und Schwermetalle im Körper an sich binden.
Das ist es: Als Kakao-Nibs werden die getrockneten Stücke der Kakaobohne verkauft. Sie enthalten 54 Prozent Fett, Eiweiß, Mineralstoffe und 300 weitere Inhaltsstoffe. Dazu jede Menge aromagebende Substanzen.
Superfood-Faktor: Kakao liefert viel Polyphenole, die unter anderem Entzündungen und Krebs vorbeugen. Ein anderes Verkaufsargument ist, dass der Kalziumgehalt der Bohnen höher sei als der von Milch. Das stimmt. Allerdings ist ein Glas Milch schneller getrunken als ein Haufen Kakaobohnen gegessen. Auch eine Banane hätte einen ähnlichen Effekt.
Das ist es: Goji Beeren sind nichts anderes als die Früchte des Gemeinen Bocksdorns. Den gibt es schon ziemlich lange - aber Goji-Beeren klingt eben spannender. Die Früchte enthalten einige Vitamine, vor allem Vitamin C. Sie werden frisch, als Saft oder Trockenfrucht angeboten.
Superfood-Faktor: Getrocknete Goji-Beeren werden oft als Anti-Aging-Sensation verkauft. Laut der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA gibt es dafür aber kaum Belege. Auch der vermeintlich hohe Vitamin C-Gehalt relativiert sich bei näherer Hinsicht: Schwarze Johannisbeeren oder ein Apfel sind genauso gesund.
Das ist es: Vor allem im Norden Deutschlands ist Grünkohl beliebt. Er ist kalorienarm und liefert viele Vitamine und Mineralstoffe. Schon mit einer Portion lässt sich etwa der Tagesbedarf an Vitamin C decken. Auch Folsäure, Calcium, Kalium und Magnesium liefert Grünkohl reichlich.
Superfood-Faktor: Der Grünkohl ist, wie jeder andere Kohl auch, ein wahres Supergemüse. Neben den genannten Inhaltsstoffen liefert er sekundäre Pflanzenstoffe. Die entzündungshemmenden und krebsrisikosenkenden Effekte des Grünkohls sind wissenschaftlich belegt.
320 Kilometer weiter südlich, in Landsberg am Lech, steht ein junger Mann in einem grauen Anzug hinter einer McDonald’s-Theke: der 28-jährige Jan Kielhorn. Wie sein Alterskollege Kramer wirkt er fit und sportlich. Das ist in diesem Fall bemerkenswert, denn Kielhorn isst angeblich jeden Tag Fast Food. An diesem Tag etwa gab es einen Cheeseburger. Kielhorn gehört zur gleichen Generation wie Kramer und Schlegel, nur dass er sechs Restaurants der Fast-Food-Kette westlich von München leitet, demnächst wird er vier weitere von seinem Vater übernehmen. Die meisten seiner Gäste sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, die stärkste Kundengruppe des Konzerns.
„Ernährung hat einen höheren Stellenwert als früher“
Die gleiche Generation, die die Bezeichnung des „clean eating“ erfunden hat, treibt also bei Kielhorn die Geschäfte. Das muss kein Widerspruch sein. Denn Kielhorn ist im Franchise-Reich des McDonald’s-Konzerns ein Musterunternehmer. Er kann und will zwar nicht mit gluten- und fettfrei werben, aber auch er kommt den neuen Bedürfnissen der jungen Generation entgegen.
Mit jeder Mahlzeit bekommen Gäste einen Beipackzettel auf dem Tablett, der einer Excel-Tabelle gleicht. Knapp 80 Zeilen und neun Spalten listen akribisch auf: Fettgehalt, Kalorien, Salzanteil jedes Produkts. „Das Thema Ernährung hat einen höheren Stellenwert als früher. Wir versuchen, dem mit detaillierten Informationen zu begegnen: Wir machen alles transparent“, sagt Kielhorn. Er holt eine Broschüre hinter der Theke hervor. „Die Wahrheit über McDonald’s“ heißt sie. Damit sollen Vorurteile abgebaut werden: dass Fast Food dick mache zum Beispiel. „Ein Big Mac Menü mit Salat und Wasser hat beispielsweise nur halb so viele Kalorien wie ein Big Mac mit Pommes und Cola“, steht da.





Und spätestens an diesem Punkt ist klar: Die Sache mit dem Essen ist kompliziert geworden in Deutschland. Mit den Millennials, die nun in ihr drittes Lebensjahrzehnt gehen, ist eine Generation zu Kaufkraft gelangt, die in der Nahrung nicht mehr nur einen Energielieferanten sieht. Sie soll gut für Haare und schlecht für Cholesterin sein, sie soll Muskeln größer, das Gewicht kleiner und gleichzeitig schlau, gesund und schön machen. Für sie ist Ernährung der zentrale Baustein im Dauerprojekt der Selbstoptimierung.
Für die Kunden des McDonald’s-Unternehmers Kielhorn ist Essen auch Ausdruck der eigenen Identität, nur eben einer gänzlich anderen: weniger grübeln, mehr gönnen oder schlichtweg: Yolo (Abkürzung für „you only live once“ und Jugendwort des Jahres 2012).
Die Anfangsjahre von McDonald´s im Überblick
Die Brüder Dick und Mac McDonald eröffnen das „McDonald's Bar-B-Q Restaurant“ in San Bernardino im US-Bundesstaat Kalifornien.
Das Geschäft wird als Selbstbedienungsladen mit verkleinertem Menu neu eröffnet. Die Idee des „Fast Food“ ist geboren.
Milchshake-Maschinen-Vertreter Ray Kroc steigt als Franchise-Agent bei den McDonald's-Brüdern ein.
Kroc eröffnet in Des Plaines, Illinois, die erste Filiale des McDonald's-Konzerns.
McDonald's eröffnet das 100. Schnellrestaurant in Fond Du Lac, Wisconsin.
Kroc kauft den McDonald's-Brüdern das Geschäft für 2,7 Millionen US-Dollar ab.
McDonald's geht an die Börse. Die Aktien wurden zum Ausgabekurs von 22,50 Dollar angeboten.
Der Konzern wird international - die ersten Filialen in Kanada und Puerto Rico eröffnen.
Der Big Mac, bis heute ein Verkaufsschlager, erscheint erstmals auf der landesweiten Speisekarte.
Während sich Vorgängergenerationen über Musik, lange Haare oder Tattoos abgrenzten, steht für die in den Achtzigern Geborenen das Essen im Mittelpunkt. Sie definieren sich über das, was sie auf ihren Tellern zulassen. Oder besser gesagt: was sie nicht zulassen. Sieben Prozent der unter 30-Jährigen essen kein Fleisch, zwei Prozent leben vegan, sieben Prozent bezeichnen sich als Flexitarier, und vier Prozent jener Millennials verlangen „sonstige“ Sonderwünsche. Und alles soll sich bitte gut in den sozialen Medien inszenieren lassen.