Leoni Betrüger erleichtern Zulieferer um Millionen

Kriminelle haben den Nürnberger Kabelhersteller Leoni um 40 Millionen Euro erleichtert. Der Trick, den die Betrüger bei dem Autozulieferer verwendeten, ist allerdings nicht gerade neu.

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Der Autozulieferer ist nach eigenen Angaben Opfer eines millionenschweren Betrugs geworden. Quelle: dpa

München Bis 14.56 Uhr dümpelte der Aktienkurs des Autozulieferers Leoni an diesem Dienstag so vor sich hin. Dann ging es schlagartig bergab. Massenhaft warfen die Anleger die Papiere auf den Markt, binnen weniger Minuten verlor der im MDax notierte Wert mehr als neun Prozent.

Der Auslöser des Kurssturzes: In einer Ad-hoc-Meldung berichtete der Vorstand von einem groß angelegten Betrug. Unter Verwendung gefälschter Dokumente und Identitäten sowie unter Nutzung elektronischer Kommunikationswege seien Gelder des Unternehmens auf Konten im Ausland überwiesen worden. Alles in allem hätten die Kriminellen 40 Millionen Euro geklaut.

Ein Sprecher des Nürnberger Kabelherstellers wollte sich auf Nachfrage wegen laufender Ermittlungen nicht zu weiteren Details äußern. In der Mitteilung hieß es, der Vorstand habe umgehend eine Untersuchung der Vorfälle eingeleitet und prüfe derzeit Schadenersatz- und Versicherungsansprüche. Ebenso sei Anzeige bei der Polizei erstattet worden.

Es kommt immer wieder vor, dass Firmen wie Leoni überrumpelt werden. Häufig geschieht dies über Mails, die fälschlicherweise Managern zugeschrieben werden. Darin werden Mitarbeiter auffordert, Überweisungen auf Konten vorzunehmen, die von Kriminellen kontrolliert werden.

So könnte es jetzt auch in Nürnberg passiert sein. Im Umfeld der Firma hieß es, jemand habe sich gegenüber Beschäftigten als Leoni-Mitarbeiter ausgegeben und behauptet, „besondere Befugnisse zu haben“. Die Täter informieren sich in solchen Fällen in aller Regel vorher gründlich im Netz, nutzen Informationen in Social Media und auf Karriereportalen, um individuelle Details wie etwa die Betriebszugehörigkeit ihrer möglichen Ansprechpartner herauszubekommen.


Der Firmenchef hat zu kämpfen

Dem FBI zufolge sind von Oktober 2013 bis Februar 2016 so mehr als 2,3 Milliarden Dollar verloren gegangen. Es seien mehr als 17 600 Firmen in mindestens 79 Ländern betroffen gewesen; darunter häufig Geschäfte, ie mit ausländischen Lieferanten zusammenarbeiteten oder regelmäßig Geldüberweisungen vornähmen.

Die Auswirkungen auf die Ergebnisprognose könne das Unternehmen derzeit noch nicht abschätzen, teilte Leoni mit. Die Liquiditätslage sei jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt. Für Vorstandschef Dieter Bellé ist das dennoch ein weiterer schwerer Schlag. Der Manager hat ohnehin zu kämpfen. Leoni steckt mitten in einer kräftezehrenden Sanierung, die dieses Jahr mit rund 30 Millionen Euro zu Buche schlägt. Im abgelaufenen zweiten Quartal ist der Gewinn um fast ein Drittel auf 24,3 Millionen Euro eingebrochen. Vor allem die Kosten für Produktionsverlagerungen und den Abbau von weltweit 1100 Stellen belasteten den Konzern.

Leoni hatte sich in der Bordnetzsparte, die rund 60 Prozent des Gesamtumsatzes einfährt, verhoben. Ein Werk in Rumänien konnte wegen hausgemachter Probleme die Auftragsflut nicht stemmen. Kurzfristig wurden Tausende neue Mitarbeiter gebraucht. Die Kostenexplosion lastete schwer auf der Rendite. Bellé will nun die Produktion vereinfachen und die Organisation straffen.

Der Umsatz wird der Prognose zufolge dieses Jahr leicht auf 4,4 Milliarden Euro sinken, der Betriebsgewinn zum Vorjahr um etwa ein Drittel auf 105 Millionen Euro absacken. Bellé versprach jüngst für das kommende Jahr ruhigere Zeiten, nachdem es zuletzt einige Personalrochaden gab. So kommt Anfang 2017 ein neuer Chef für die Bordnetze. „Ich hoffe, damit eine deutlich bessere Kontinuität der Vorstandsarbeit zu gewährleisten“, sagte der 60-Jährige. Wenn er sich da mal nicht getäuscht hat.

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