
Vor allem eines hat Wolfgang Büchele in den vergangenen Monaten stets betont: Aufzuräumen gebe es bei Linde nichts. In der Tat hat sein Vorgänger Wolfgang Reitzle dem neuen Linde-Chef im Mai vergangenen Jahres ein ordentlich bestelltes Haus übergeben. Konsequent hatte Reitzle die Aktivitäten des Konzerns mit einem Umsatz von zuletzt fast 17 Milliarden Euro und 64.000 Mitarbeitern zusammengestrichen.
Das Geschäft mit Gabelstaplern hatte der frühere Automanager verkauft und sich auf das renditestarke Geschäft mit Industriegasen und den Anlagenbau konzentriert. Mit der Milliardenakquisition des amerikanischen Unternehmens Lincare hatte Reitzle den Münchner Konzern 2012 ins Healthcare-Geschäft geführt. Lincare ist ein Anbieter medizinischer Gase für die Versorgung von Patienten zuhause und in Hospitälern.
Übernahmen dieser Größenordnung, so hat Büchele in der Vergangenheit bereits betont, plane er nicht; kleinere Akquisitionen will der frühere BASF-Manager indes nicht ausschließen.
In den Neunzigerjahren hat Büchele für den Ludwigshafener Chemieriesen in China gearbeitet. Vor allem eines, so erklärte er im vergangenen Jahr, habe er dort gelernt: die Fähigkeit, sich schnell auf veränderte Rahmenbedingungen einzustellen.





Diese Gabe kann er bei Linde brauchen. Das Geschäft des Münchner Konzerns hängt stark am Wechselkurs des Euro. Im Oktober musste Büchele für das dritte Quartal 2014 einen auf 244 Millionen Euro halbierten Vorsteuergewinn vermelden. Der Grund: der starke Euro und die schwächere Konjunktur. In den vergangenen Wochen dürfte Büchele angesichts des schwächeren Euros dagegen wieder etwas entspannter durchgeatmet haben.
Auch beim Blick auf die Jahreszahlen: Die Umbaukosten drückten zwar das Ergebnis und der Gewinn ging 2014 um 16,3 Prozent auf 1,102 Milliarden Euro zurück, wie der Konzern am Montag in München mitteilte. Die Dividende soll dennoch um fünf Prozent auf 3,15 Euro je Aktie erhöht werden, denn der Umsatz stieg leicht auf 17,047 Milliarden Euro.
An der einen oder anderen Stelle will Büchele in nächster Zeit Korrekturen am Reitzle-Kurs vornehmen. So will der Linde-Chef in Zukunft stärker auf die Kundendichte achten: Je mehr Abnehmer in der Nähe einer Anlage residieren, desto höher, sagt Büchele, sei die Profitabilität. Aus Märkten, in denen Linde unter einer kritischen Marke liegt will sich das Unternehmen zurückziehen.
Ein Selbstläufer werden die kommenden Jahre für Büchele sicherlich nicht. Angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten hatte er im Oktober bereits das Jahresziel für 2014 kassiert. Für das Jahr 2017 erwartet Büchele ein operatives Ergebnis von 4,5 bis 4,7 Milliarden Euro. Reitzle hatte für 2016 fünf Milliarden Euro geplant, aber schon damals auf den starken Euro verwiesen, der die Planung in Frage stellen könnte.