Lithium-Abbau „China will oft nur schnelles Geld“

Salar de Uyuni Quelle: dpa

Wolfgang Schmutz, Chef des mittelständischen Auto-Zulieferes ACI, soll mit seiner Firma das größte Lithium-Vorkommen der Welt in Bolivien ausbeuten. Viele Experten halten das für ein aussichtsloses Unterfangen. Im WiWo-Interview verteidigt Schmutz sein Abenteuer – und erläutert seine großen Pläne für die deutsche Verkehrswende.

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WirtschaftsWoche: Herr Prof. Schmutz, bisher ist Ihre Firma ACI vor allem aus dem Photovoltaik-Bereich und Auto-Experten bekannt, als Zulieferer im Bereich Maschinen- und Anlagenbau. Nun beuten Sie das größte Lithium-Vorkommen der Welt in Bolivien aus. Ist das nicht etwas ungewöhnlich?
Wolfgang Schmutz: Zunächst einmal beuten wir das Vorkommen nicht aus, wir nutzen die Restsole aus der vorhandenen Kaliumchloridanlage. Daraus gewinnen wir ab 2022 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid im Jahr. Aber Sie haben schon recht: wir sind neu in dem Geschäft. Eigentlich wollten wir in Bolivien Solarindustrie aufbauen, hatten mit der Regierung bereits Pläne für eine Fabrik für Solarmodule. Das war einst unser eigentliches Geschäft. Wir hatten das über Jahre geplant und aufgesetzt. Die Fabrik kam dann doch nicht in Bolivien zustande.

Aber die Bolivianer baten uns, uns an einer Ausschreibung für die Lithium-Gewinnung am Salar de Uyuni in den Anden teilzunehmen. Ausschlaggebend dafür war offenbar unsere systematische Art, mit der wir das Photovoltaik-Projekt angegangen waren. Wir hatten natürlich davon keine Ahnung. Aber ich habe gelernt: vor Problemen läuft man nicht weg, die zerlegt man, sucht Teillösungen, sucht sich die richtigen Leute. Und dann macht man vernünftiges Projektmanagement. Also haben wir uns schließlich beteiligt.

Und 2018 den Zuschlag bekommen, gegen sieben große Konsortien aus Japan, China, Russland und den USA. Das hat doch viele Beobachter überrascht.
Wir hatten das gut vorbereitet, hatten die Projektverantwortlichen aus Bolivien nach Deutschland eingeladen, sind hier eine Woche lang rumgereist: Wir waren bei unseren Partnern aus der Industrie, bei der Politik, bei den Banken, bei den Verbänden, bei den Forschungseinrichtungen. Da haben alle an einem Strang gezogen, nicht zuletzt auch die Bundesregierung, die sich aufgrund der Bedeutung von Lithium für die deutsche Industrie sehr für das Projekt eingesetzt hat. Das war wirklich außergewöhnlich. So haben wir den Bolivianern gezeigt, dass wir sehr zuverlässig und gut arbeiten.

Vor allem aber konnten wir, glaube ich, durch unseren ganzheitlichen Ansatz überzeugen: Wir wollen das Projekt fair und ökologisch machen, werden ein Drittel des Strombedarfs aus Solarenergie gewinnen, brauchen kaum frisches Wasser für unseren Lithium-Gewinnungs-Prozess. Wir investieren gemeinsam mit dem bolivianischen Staatsunternehmen YLB 300 Millionen Euro, 80 davon gehen als Aufträge an die Bauindustrie vor Ort. Wir werden junge Leute aus Bolivien ausbilden und 15 Prozent des Lithiums der bolivianischen Wirtschaft zur Verfügung stellen. Wir kommen da nicht rein, nehmen uns den Rohstoff und gehen wieder. Wir sind viel, viel nachhaltiger. Das hat offenbar überzeugt.

Nachhaltigkeit ist auch das Kern-Argument der neuen Rohstoffstrategie der Bundesregierung, die im Sommer vorgestellt werden soll. Glauben Sie, dass man damit im Wettbewerb um Zukunftsressourcen gegen China bestehen kann?
China will oft nur schnelles Geld gegen Rohstoffe tauschen. Das ist nicht nachhaltig. Und dass das kein gutes Geschäft ist, wissen inzwischen eigentlich alle. Der deutsche Ansatz ist da anders – und ich glaube, dass er auch in anderen Ländern funktionieren kann. Das Rennen ist noch nicht gelaufen. Deutschland und Europa haben immer noch Hochtechnologie, gerade beim Anlagen- und Maschinenbau. Afrika und Südamerika brauchen beispielsweise Solarkraftwerke, Wasserpumpen, IT in der Landwirtschaft. Das alles können wir anbieten – im Gegenzug für Rohstoffe, die unsere Industrie dringend für die Energie- und Verkehrswende benötigt. China ist in Afrika inzwischen schon sehr aktiv in der Rohstoffexploitation. Deshalb müssen wir aufpassen und uns dort Partner suchen, mit denen wir auf Augenhöhe etwas machen können. Unser Vertrag mit den Bolivianern etwa hat eine Laufzeit von 70 Jahren. Das ist für beide Seiten gut: wir haben Versorgungssicherheit, sie können mit uns und unseren Investitionen planen. Ich werde das umsetzen, solange ich lebe. Dafür stehe ich gerade.

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