
Es ist schwer vorstellbar, dass ein Vorstandschef seine Jahresergebnisse mit mehr Zufriedenheit vortragen kann als heute Boeing-Chef Jim McNerney in der Firmenzentrale am Westufer des zentralen Flusses in der US-Metropole Chicago. Mit fast 87 Milliarden Dollar lag der Umsatz mehr als zehn Prozent über dem bisherigen Rekordjahr 2012. Gewinn und Cashflow waren mit 4,6 und 8,2 Milliarden Dollar ebenso beeindruckend.
Denn die Zahlen sind nicht einfach nur gut. Sie sind es trotz der vielen Probleme im vergangenen Jahr und der Pannenserie um die Batteriebrände beim neuen Wunderflugzeugs 787, besser bekannt als Dreamliner. Und nicht zuletzt sind sie besser als die, über denen die Finanzer bei der Airbus Group - ehemals EADS - in München und dem neuen Hauptsitz Toulouse gerade brüten.
Für den Unterschied sorgt weniger das Hauptgeschäft mit den Verkehrsflugzeugen. Hier schlagen sich beide gut. Zwar steht Boeing bei den größeren Fliegern für die Langstrecken etwas besser da als Airbus, die hier nur schon etwas betagte Produkte anbieten, aber das machen die Europäer mit ihren Mittelstrecken-Maschinen der A320-Familie wieder wett.
Entscheidend ist die Rüstungsproduktion der beiden Kontrahenten. Hier sind die Unterschiede am Ende so groß, dass es manchmal wirkt als seien beide in verschiedenen Branchen. Während Boeing im Umsatz gleich und profitabel bleibt, steht das aus den ehemaligen Töchtern Cassidian (Rüstung) und Astrium (Raumfahrt) genannte Feld von Airbus vor einem grundlegenden Umbau, bei dem rund 5800 Jobs auf der Strecke bleiben sollen.
Das liegt zum einen am politischen Umfeld. Boeing profitiert davon, dass sein Heimatland USA trotz aller Abstriche der weltgrößte Rüstungsmarkt ist und die Regierung unter Präsident Obama weiterhin in neues Gerät investiert. Dazu kann Boeing bei Aufträgen aus dem Ausland in der Regel mit stärkerer Schützenhilfe der US-Diplomaten rechnen.
Airbus und das Boeing-Zivilgeschäft im Vergleich
Umsatz (in Millionen Euro):
Airbus: 33.103
Boeing: 27.931
Gewinn (Ebit, in Millionen Euro):
Airbus: 584
Boeing: 2.699
Beschäftigte:
Airbus: 55.000
Boeing: 80.000
Angaben für 2011
Flugzeuge:
Airbus: 4.437
Boeing: 3.371
Wert (in Millionen Euro, Listenpreis):
Airbus: 495.513
Boeing: 226.487
Angaben für 2011
Bestellungen 2011:
Airbus: 1.419
Boeing: 805
Bestellungen 2012 (Stand: 31. August):
Airbus: 384
Boeing: 666
Auslieferungen 2011:
Airbus: 534
Boeing: 477
Airbus hingegen leidet nicht nur unter den mit der Eurokrise vor allem außerhalb Deutschlands sinkenden Rüstungsetats. Der Gruppe fehlt auch die öffentliche Schützenhilfe. Etwa weil mit Frankreich und Großbritannien gleich zwei europäische Länder weitere Rüstungsbetriebe haben und die im Zweifel eher fördern als die paneuropäische Ex-EADS, zumal deren Waffenproduktion vor allem in Deutschland liegt, das sich mit der Produktion und erst recht dem Export von Waffen vor der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs schwer tut. Und das gilt nicht nur für klassisches Schießzeug, sondern auch für wenig bis gar nicht tödliches Gut wie Getriebe für Lastwagen oder Systeme zur Grenzüberwachung.
Doch das Klagelied greift zu kurz. Denn ein Teil der Probleme mit Rüstung und Raumfahrt der Airbus-Gruppe ist hausgemacht.