Luftfahrtmesse Farnborough Boeing und Airbus brauchen mehr Drama

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Raus aus der Wagenburg!

Zwar haben Boeing und Airbus zuletzt immer weiter an ihrer Fertigung gefeilt. Dabei hat etwa Airbus kürzlich ein neues Fabrikkonzept vorgestellt, wo der Bau der Flugzeuge bis zu 20 Prozent weniger kosten soll als bisher. Doch das ist etwas wenig. Angesichts der wachsenden Umweltdiskussion rechnen viele Fluglinien mit stärkeren Auflagen und hohen Extrakosten für die heutigen vergleichsweise durstigen Jets, besonders wenn der Emissionshandel für die Flugbranche kommt.

Gerade in Sachen Neuerungen beim Produkt hat sich die Branche zuletzt zurückgehalten und setzte weniger auf offensive Innovation. Statt komplett neue Maschinen zu entwickeln, hat sie zuletzt fast ausschließlich sparsamere Motoren an ihre alten Jets gehängt – oder bestehende Modelle anderer Hersteller übernommen. So ließ sich Airbus vom kanadischen Hersteller Bombardier dessen notleidende C-Series schenken und ergänzte mit der in A220 umbenannten sparsamen Neuentwicklung seine A320 genannten Kurz- und Mittelstreckenjets. Boeing verhandelt gerade mit Embraer aus Brasilien über den Kauf des Passagierfluggeschäfts rund um dessen 120-sitzigen E-Jet.

Diese Wagenburg-Mentalität ist verständlich. Denn so aggressiv sich die beiden Widersacher in ihren Verkaufskampagnen auch geben: Die Erfahrung zeigt, dass es für echten Wettbewerb in einer Branche mindestens drei Kontrahenten braucht. Ein ernstzunehmender Dritter im Bunde ist derzeit jedoch nicht in Sicht. Zwar versuchen sich Suchoi aus Russland und Comac aus China mit eigenen Mittelstrecken-Maschinen. „Doch spüren werden Airbus und Boeing wohl nur die 150-sitzige C919 aus der Volksrepublik und das vorläufig wohl fast nur im chinesischen Markt“, glaubt Luftfahrtexperte Großbongardt.

Die Hersteller hätten genug Möglichkeiten, aktiver zu werden. Sie könnten den Einsatz neuer Technologien wie einer Art 3D-Druck für Kabel im Flugzeug ebenso fördern wie die Arbeit an neuen Flugzeugformen. Denn am Ende sehen selbst die neuesten Modelle wie der Airbus A350 mit ihrem Design von Flügel und Rumpf fast genauso aus wie die 60 Jahre alte Boeing 707.

Experten wie die Beratung Alix Partners raten in ihrer gerade erschienen Branchenstudie „Aerospace Study 2018“, nicht nur auf Zukäufe zusetzen. Aus ihrer Sicht gilt es, in neue Felder zu investieren, wie Dienstleistungen vor allem rund um das Wartungsgeschäft. Ebenso wichtig sei es, durch einen digitalen Umbau ihrer Logistik und der Produktentwicklung effizienter zu werden. „Damit könnten die meisten Unternehmen der Branche ihre Kostenbasis in nur zwei bis drei Jahren um bis zu 20 Prozent verbessern“, prognostiziert Studienautor Stefan Ohl, Managing Director bei Alix Partners.

Das könnte die Branche gut gebrauchen. Denn bald schon könnten trotz der dicken Polster am Ende doch die Flugzeugpreise schwächeln, weil bei den Airlines das Geld knapper wird. Angesichts der wachsenden Spritpreise erwartet Daniel Roeska, Analyst des New Yorker Brokerhauses Bernstein, dass viele Airlines die Ticketpreise anheben und dann zuerst ihren Wachstumskurs überdenken und später auch manche Jetanschaffung. Das Alix-Team sieht das ähnlich. Selbst wenn die Fluglinien viele alte Jets aus dem Verkehr zögen, erwarten die Experten anhand der Bestellungen ein Flottenwachstum, während die Nachfrage nur um rund 60 Prozent zulegt.

Also Airbus und Boeing: Raus aus der Wagenburg.

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