Magnetschwebebahn Deutscher Mittelständler will den Transrapid wiederbeleben

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In China wird eine Teststrecke gebaut

Experten sehen für die neue Technik von Bögl durchaus Chancen. Allerdings nicht Deutschland, sondern im Ausland. Geschwindigkeiten von 200 Kilometer pro Stunde könne man auch „mit einem herkömmlichen Schnellzug erreichen“, sagt Markus Hecht, Professor für Schienenfahrzeuge an der Technischen Universität Berlin. So spare man vor allem die hohen Kosten, die durch den Bau einer neuen Infrastruktur, die eine Magnetbahn erfordern würde, entstehen. Für Deutschland sei das Comeback der Magnetbahn daher „undenkbar“. Die Magnetbahn sei „ein wunderbares technisches Spielzeug, wenn Geld keine Rolle spielt“, sagt Hecht. „Gerade in autokratisch regierten Ländern können solche Projekte durchgesetzt werden.“

Kein Wunder, dass sich Bauunternehmen Bögl die besten Marktchancen außerhalb von Europa verspricht. Ein Kooperationsvertrag mit der Baufirma Chengdu Xinzhu ist bereits unterschrieben. In Chengdu, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan, wird eine mindestens 3,5 Kilometer lange Teststrecke gebaut, um das System fit für den chinesischen Markt zu machen. Dort soll die Bahn sogar etwas schneller fahren und Geschwindigkeiten von 160 bis 200 Kilometer die Stunde erreichen. Die Magnetbahn-Trasse des TSB sei im Vergleich zum Transrapid viel leichter und könne sich einfacher in die bestehende Infrastruktur einer Stadt integrieren, heißt es im Unternehmensumfeld.

Dennoch könnte die Infrastruktur die entscheidende Rolle spielen, ob die Technik wirklich das Zeug zu einem Exportschlager hat. Die Antriebstechnik brauche „einen komplett abgesperrten Gleiskörper, weil jeder Gegenstand eine Störung verursachen kann“, sagt Verkehrsplaner und Ingenieur Hans-Rainer Runge. Deswegen müsse die Fahrtrasse rundum mehrere Meter frei bleiben. Das bedeutet viel Platz, der gerade in Großstädten rar ist. „Wenn sie eine neue Stadt bauen würden, können sie das System natürlich nutzen“, sagt er. Doch die Magnetbahn in eine bestehende Infrastruktur einzubauen sei problematisch.

Bislang hat sich die Magnetschwebebahn auch deshalb noch nicht richtig durchsetzen können. Kommerziell kam die Technik bisher nur in Shanghai zum Einsatz. Seit 2002 verbindet der Transrapid den Flughafen Pudong mit der Metrostation Longyuan Road. Bögl hat zusammen mit Siemens und Thyssenkrupp an diesem Projekt mitgewirkt. Sie lieferten die Fahrwegtrasse. Auch beim geplanten Transrapid in Deutschland sollten sie den Fahrweg liefern.
Dabei ist auch die Idee entstanden, dass bisher erarbeitete Know-how auszuweiten. „Wir haben im Laufe der Zeit ein komplettes Team eingestellt, das sich nur darum kümmert“, sagt Unternehmenssprecher Kotzbauer. Bis dato gehörte Fahrzeugtechnik nicht zu den klassischen Geschäftsfeldern.

Damit hält das familiengeführte Unternehmen auch eine Idee am Leben, die der deutsche Ingenieur Hermann Kemper 1934 zum ersten Mal beim Reichspatentamt einreichte. Mit dem stärker werdenden Bewusstsein für Umweltschutz und steigendem Verkehrsaufkommen in Städten wird sie 100 Jahre später noch Alltag – davon ist Stefan Bögl überzeugt.

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