Matthias Zachert Dem neuen Lanxess-Chef droht ein böses Erwachen

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Finanziell aus dem Ruder

In seiner kurzen Zeit bei Lanxess hat Zachert nur Vorschusslorbeeren erhalten. Wenn einer den Konzern nach vorne bringen kann, dann er, heißt es in der Branche.

Für Zachert spricht, dass er in seinem Berufsleben schon viele Wechselbäder erlebt und Krisen gemeistert hat. 1994 heuerte der gelernte Industriekaufmann und studierte Betriebswirt beim einstigen Frankfurter Pharmaweltkonzern Hoechst an. Kurz darauf zerschlug dessen Vorstandschef Jürgen Dormann das Traditionsunternehmen. 2002 wechselte er zu Kamps, wenig später übernahm der italienische Nudelkonzern Barilla die Düsseldorfer Bäckereikette. 2004 kam er als Finanzvorstand erstmals zu Lanxess und musste helfen, etwa 1.000 Arbeitsplätze abzubauen, Sparten zu verkaufen und Anlagen stillzulegen. 2011, frisch bei Merck, brachte er für den jahrhundertealten Traditionskonzern ein Restrukturierungsprogramm mit auf die Spur.

Klumpenrisiko: Kautschuk Die wichtigste Lanxess-Sparte leidet unter Preisdruck und Überkapazitäten. Quelle: Presse

Noch aus seiner ersten Amtszeit kennt Zachert Lanxess bestens. Schnell gelangte er nun zu der Erkenntnis, dass die Kosten aus dem Ruder gelaufen seien, für Investitionen in Anlagen und für Forschung zu viel Geld ausgegeben werde. „Die Verschuldung ist nun doppelt so hoch wie vor drei Jahren. Zudem ist der gute Cash-Flow, für den Lanxess lange Jahre stand, verschwunden. Man muss diesen nun mit der Lupe suchen“, ätzte Zachert in der Mitarbeiterzeitung „XPress“ – eine Spitze nicht nur gegen Heitmann, sondern auch gegen den Finanzvorstand Bernhard Düttmann, der 2011 als Ersatz für Zachert vom Nivea-Hersteller Beiersdorf geholt wurde.

Ärger mit den Aktionären

Nur mit den Aktionären hat es Zachert sich etwas verscherzt. Als sein Abgang bei Merck publik wurde, war die Aktie dort noch um zwölf Prozent eingebrochen. Auf der Hauptversammlung im Mai dagegen machte sich Unmut über den neuen Lanxess-Chef breit. Denn kaum im Amt, hatte Zachert eine Kapitalerhöhung um zehn Prozent durchgedrückt.

430 Millionen Euro sammelte er auf diese Weise. Weil er das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen hatte, wurden deren Anteile verwässert. Ganz wohl sei es ihm dabei selbst nicht gewesen, erzählt er im kleinen Kreis. Zwei Wochen lang habe er die Entscheidung mit sich herumgetragen.

Beim Kampf gegen Überkapazitäten, Rohstoffknappheit und Kostennachteile kann Zachert freilich auf die Unterstützung der meisten Aktionäre zählen. „Die ungünstigen Bedingungen erschweren die Sanierung von Lanxess“, sagt etwa Christoph Ohme, Portfoliomanager bei der Deutsche Asset & Wealth Management, der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank, einem wichtigen Lanxess-Aktionär. Doch letztendlich vertraut der Portfoliomanager dem neuen Vorstandsvorsitzenden: „Die Probleme, insbesondere im synthetischen Kautschukbereich, lassen sich nicht wegdiskutieren, aber wir glauben, dass Lanxess unter der neuen Führung von Matthias Zachert die richtigen Schritte eingeleitet hat.“

Zachert ist Langstreckenläufer und weiß, dass er viel Atem mitbringen muss, um Lanxess zumindest auf Kurs zu bringen. Durchhalten kann er, wie er zuletzt beim Leverkusener Halbmarathon bewies, den er in einer Stunde und 49 Minuten absolvierte – schweißüberströmt und völlig verausgabt.

Beim großen Lanxess-Sanierungsmarathon hat Zachert gerade mal die ersten Kilometer geschafft.

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