Matthias Zachert So tickt der neue Lanxess-Chef

Merck-Finanzvorstand Matthias Zachert wechselt am 1. April auf den Chefposten des Chemiekonzerns Lanxess - vorläufige Krönung einer Turbokarriere.

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Designierter Lanxess-Chef Matthias Zachert. Quelle: dpa

Zum ersten April bezieht Matthias Zachert sein neues Chefbüro im 19. Stock der Lanxess-Zentrale in Köln-Deutz – mit Blick auf Dom, Altstadt und Rhein. Der 46-Jährige ist dann der jüngste unter Deutschlands Dax-Konzernchefs – der gebürtige Bonner hat eine erstaunliche Karriere hingelegt. Nach der Ausbildung als Industriekaufmann bei Daimler und BWL-Studium mit Schwerpunkt Finanzen durchlief Zachert schon etliche Stationen: zunächst bei Hoechst, dann beim Pharmakonzern Aventis, der Bäckereikette Kamps und bei Lanxess, einer Ausgliederung wenig zukunftsträchtiger Chemiegeschäfte des Bayer-Konzerns. Immer leitete Zachert das Finanzressort, stets ging es um Restrukturierung. Auch beim Pharma- und Chemiekonzern Merck, wohin er 2011 wechselte, gab es genug aufzuräumen. Nun löst er bei Lanxess seinen Ex-Chef Axel Heitmann ab, dem es nicht gelang, den Chemiekonzern von der kriselnden Auto- und Reifenindustrie unabhängiger zu machen. Das Angebot kam kurz vor Weihnachten 2013. Wochenlang rang Zachert mit sich: „Ich war Lanxess immer mit dem Herzen verbunden.“

Die größten Chemiekonzerne der Welt
Das Mitsubishi Chemical-Werk in Yokohama Quelle: Pressebild
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Vorbilder

Strenge, Disziplin und Konsequenz hat Zachert von seinem Vater geerbt, dem ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Hans-Ludwig Zachert. Früh bekam der Sohn auch mit, was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen: In der Folge des missglückten GSG-9-Einsatzes gegen Terroristen in Bad Kleinen trat Zachert senior als BKA-Präsident zurück. Mutter Christel, die als Finanzberaterin arbeitete, dürfte das Gespür des Sohnes für Zahlen geprägt haben. Bekannt wurde Christel Zachert durch das Buch „Wir treffen uns wieder in meinem Paradies“, das sie 1993 über die Krebserkrankung und den Tod ihrer Tochter Isabell im Jahr 1982 schrieb. Der jüngere Bruder Matthias, damals 15 Jahre alt, engagiert sich heute im Stillen. Im Zuge des Darmstädter Halbmarathons spendet Merck eine größere Summe an die Heidelberger Waldpiraten – eine Einrichtung, die acht- bis zehntägige Camps für krebskranke Kinder und deren Geschwister im Stadtwald veranstaltet.

Vorlieben

Mit einer Zeit von einer Stunde, 43 Minuten und 19 Sekunden hat Zachert beim Darmstädter Halbmarathon im vergangenen September eine neue persönliche Bestmarke geschafft. Der Finanzvorstand setzt sich auch beim Sport klare Ziele. Schon zu Lanxess-Zeiten hatte Zachert etliche Mitläufer um sich geschart. Bei Merck überzeugte er – mit nicht immer nur sanftem Druck – mehr als 300 Mitarbeiter, sich für die Strecke anzumelden. Nach dem Lauf sitzt die Truppe – von der Auszubildenden bis zu laufbegeisterten Eigentümern – bei Pasta und isotonischen Getränken auf Bierbänken vor dem großen Merck-Zelt zusammen. Zachert mag solche Gemeinschaftserlebnisse. Ansonsten redet er wenig über Privates. Der verheiratete Vater von drei Kindern gilt als ausgesprochener Familienmensch.

Freunde und Gegner

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Frühe Förderer und Wegbegleiter von Zachert waren der ehemalige Hoechst-Vorstand Klaus-Jürgen Schmieder und Aventis-Finanzchef Daniel Camus. Inzwischen darf auch Karl-Ludwig Kley, Vorsitzender der Geschäftsleitung bei Merck, zu den Zachert-Fans gerechnet werden: Kley lobte seinen scheidenden Finanzvorstand vor wenigen Tagen in höchsten Tönen. Zachert habe als Finanzchef neue Standards gesetzt, die Kommunikation mit den Aktionären verbessert und die Restrukturierung vorangetrieben. Eine Rückkehr nach Darmstadt stehe Zachert jederzeit offen.

Weniger harmonisch gestaltete sich Zacherts Verhältnis zu seinem Ex-Chef Axel Heitmann, den er nun an der Lanxess-Spitze ablöst. Während ihrer gemeinsamen Zeit seien die beiden oft aneinandergeraten, heißt es bei Lanxess. Weil das Unternehmen nun eher einen Finanzexperten als einen begeisterten Chemiker wie Heitmann braucht, hat Zachert das Rennen gemacht.

Stärken und Schwächen

Mit kryptischen Andeutungen verwirrte Merck-Finanzvorstand Michael Becker bis 2011 regelmäßig die Börsianer. Unter Nachfolger Zachert wurde alles besser: Analysten schätzen den Merck-Finanzvorstand für seine klare Kommunikation. Zachert kann eloquent erklären und liefert, was er verspricht. Als vor wenigen Tagen der Wechsel bekannt wurde, stieg denn auch die Lanxess-Aktie um acht Prozent; Merck verlor um die zehn Prozent. Intern gilt Zachert als umgänglich, gradlinig, kommunikativ und gründlich. In die Bewunderung mischt sich allerdings auch Kritik: In Diskussionen wirke er schon mal rüde, heißt es aus dem Merck-Finanzressort. Auch einen Hang zum Kontrollfreak wollen dort manche Mitarbeiter ausgemacht haben.

Ziele und Visionen

Der Auftrag von Lanxess-Aufsichtsratschef Rolf Stomberg ist klar: Zachert soll den Kölner Chemiekonzern mit einem Jahresumsatz von etwa neun Milliarden Euro wieder auf Kurs bringen, ihm zu Wachstum verhelfen und die Abhängigkeit von der kriselnden Auto- und Reifenindustrie verringern. Er will Lanxess „neu ausrichten“, sagt Zachert. Eine Einarbeitungszeit braucht der Rückkehrer kaum; im Unternehmen ist er noch gut verdrahtet.

Bei Merck hat Zachert bereits bewiesen, dass er Schulden abbauen, ein groß angelegtes Sparprogramm durchziehen und Akquisitionen stemmen kann. 1000 der weltweit 17 500 Stellen bei Lanxess sollen bis Ende 2015 wegfallen. Nicht auszuschließen ist, dass sich das Sparprogramm unter Zachert noch einmal verschärft. Die Vorschusslorbeeren sind gewaltig. Wenn er scheitert, könnte über kurz oder lang auch die Dax-Mitgliedschaft in Gefahr sein. Doch Zachert ist optimistisch: „Bei Lanxess wird es auch wieder zu Wachstumsphasen kommen.“

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