Medikamente Gefährlicher als gedacht – Bayer schränkt Iberogast ein

Jemand nimmt eine Packung Iberogast aus einem Regal mit vielen Iberogast-Packungen Quelle: imago images

Nach einem Todesfall und nach Aufforderung durch die zuständige Zulassungsbehörde ändert Bayer nun den Beipackzettel für sein Magenmittel Iberogast. Das Mittel darf nicht mehr von Schwangeren und Stillenden eingenommen werden. Das pflanzliche Präparat steht im Zusammenhang mit Leberschäden.

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Als „zuverlässige Hilfe bei Magen- und Darmbeschwerden“ und als „natürlich wirksam“ bewirbt Bayer sein Magenmittel Iberogast. Nun erweist sich jedoch, dass das pflanzliche Präparat, ein wichtiger Umsatzbringer im Portfolio der rezeptfreien Medikamente (OTC), gefährlicher ist als gedacht. Der deutschen Zulassungsbehörde, dem Bonner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), liegen neue Nebenwirkungsmeldungen von Leberschädigungen im Zusammenhang mit der Einnahme von Iberogast vor. „Darunter befindet sich nun ein im Juli 2018 bekannt gewordener zweiter Fall eines Leberversagens mit Lebertransplantation, der jedoch letztendlich tödlich endete“, teilt das BfArM mit.

Nach Aufforderung durch die Behörde ergänzt Bayer nun den Beipackzettel von Iberogast durch einige Formulierungen, die nicht gerade absatzfördernd wirken dürften. „Iberogast darf von Schwangeren und Stillenden nicht eingenommen werden“, ist da etwa künftig zu lesen. Oder an anderer Stelle: „Iberogast darf nicht eingenommen werden, wenn Sie an Lebererkrankungen leiden oder in der Vorgeschichte litten oder wenn Sie gleichzeitig Arzneimittel mit leberschädigenden Eigenschaften anwenden.“

Das BfArM hatte mit einem Sofortvollzug gedroht, die Beipackzettel ändern zu lassen. Dem kam der Leverkusener Konzern  nun zuvor. Bayer will die geforderten Änderungen im Beipackzettel nun innerhalb von vier Wochen umsetzen.

Der Streit um die Gefährlichkeit von Iberogast existiert seit zehn Jahren. Damals gehörte das Präparat noch zum Hersteller Steigerwald, der 2013 von Bayer übernommen wurde. Dabei ging es vor allem um das Schöllkraut – ein Mohngewächs, das zu den Heilpflanzen zählt, die in Iberogast enthalten sind. Für das BfArM ist dessen Nutzen nicht belegt. Schöllkraut sei sogar gesundheitsschädlich, hieß es von Seiten der Behörde. Das BfArM drängte schon länger auf eine Änderung des Beipackzettels, mittlerweile stehen sich Bayer und BfArM in einem Klageverfahren gegenüber.

Noch im Februar hatte Bayer erklärt, die Patienteninformation nicht ändern zu wollen. Durch die neuen Nebenwirkungs-Meldungen hat sich die Einschätzung nun offensichtlich geändert.

„Die Vorgänge werfen ein verheerend schlechtes Bild auf den Pharmakonzern Bayer“, sagt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik: „Über zehn Jahre hinweg weigerte sich Bayer, Warnhinweise vor möglichen Leberschädigungen seines sich sehr gut verkaufenden pflanzlichen und nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittels Iberogast in die Packungsbeilage aufzunehmen. Nachdem nun ein Todesfall bekannt wurde, der laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Zusammenhang mit dem Medikament stehen könnte, lenkt Bayer ein. Zu spät jedoch für den Verstorbenen.“

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Iberogast würde bei 7000 erwachsenen Teilnehmern in klinischen Studien nachgewiesen und bei der Behandlung von 82 Millionen Patienten seit der Markteinführung bestätigt, erklärt Bayer: „Dies macht Iberogast zu einem der am besten untersuchten pflanzlichen OTC-Medikamente weltweit.“ Das Mittel ist in über 40 Ländern zugelassen. Bayer ist nach wie vor vom positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis von Iberogast überzeugt.

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