Mediziner besorgt Wirken Corona-Medikamente noch bei Omikron?

Im Kampf gegen das Coronavirus drängen immer mehr Präparate auf den Markt, die Corona-Infizierte vor schweren Verläufen schützen sollen. Quelle: imago images

Sollte sich die Coronavirus-Variante Omikron durchsetzen, hätte dies nicht nur Folgen für Impfstoffe. Auch Medikamente könnten einen Teil ihres Nutzens verlieren – und Omikron so die Pillen-Pläne der Pharmafirmen durchkreuzen.

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Die neue Virusvariante Omikron ist an rund 30 Stellen des Virusbauplans verändert – und macht nicht nur den Impfstoffentwicklern Sorgen. Auch für Mediziner in den Coronaabteilungen könnte sich der Instrumentenkasten bei der Behandlung von Covid-19-Patienten reduzieren. „Solche starken Veränderungen des Virus oder des Spike-Proteins könnten negative Folgen für die Wirksamkeit der Medikamente haben“, sagte Klinikdirektor Stefan Kluge vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) der WirtschaftsWoche.

Zwar ließe sich „heute noch nicht“ genau sagen, wie sich die neue Variante auf die Wirksamkeit der Medikamente auswirke, aber Kluge selbst mache „ein Fragezeichen“ dahinter, ob Medikamente wie Molnupiravir von Merck oder Ronapreve von Roche „genauso gut wirken würden“, da sie „in einem sehr frühen Stadium einer Krankheit zum Einsatz“ kämen und auf bestimmte Eigenschaften des Virus angepasst seien.

Sollte sich die Omikron-Variante weltweit durchsetzen, könnte dies die Spielregeln bei der Bekämpfung des Coronavirus verändern. Impfstoffhersteller wie der US-Konzern Moderna hatten bereits gesagt, dass ihr Vakzin weniger wirksam sein könnte. Biontech-Chef Ugur Sahin konterte. Es gebe keinen Grund zur Panik. „Wir halten es für wahrscheinlich, dass Geimpfte einen deutlichen Schutz gegen schwere Erkrankungen, die durch Omikron verursacht werden, haben werden.“

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von Julian Heißler, Anja Holtschneider, Jürgen Salz, Christian Schlesiger, Silke Wettach

Dennoch könnten auch Medikamente von einer geringeren Wirksamkeit betroffen sein. Der Schweizer Hersteller Roche bestätigt die Sorgen. Erste Schnellanalysen hätten angezeigt, dass es eine „reduzierte Neutralisierungsaktivität“ geben könnte, auch bei dem Roche-Produkt Ronapreve. Das Antikörper-Medikament des Schweizer Pharmakonzerns Roche und seines US-Partners Regeneron soll infizierten Patienten ab 12 Jahre helfen, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Das Mittel, das intravenös verabreicht wird, muss im frühen Stadium der Erkrankung eingesetzt werden. Im Oktober 2020 wurde der damalige US-Präsident Donald Trump damit behandelt.

Roche und Regeneron würden nun „so schnell wie möglich“ analysieren, wie sich das Medikament Ronapreve genau auf den Krankheitsverlauf der Patienten auswirken wird, wenn die Ursache die Omikron-Variante ist. Das Unternehmen erwarte valide Ergebnisse „innerhalb der nächsten 30 Tage“.

Auch bei anderen Herstellern gibt es erste Hinweise auf eine möglicherweise reduzierte Wirksamkeit. Das „Wall Street Journal“ hatte berichtet, dass auch ein Antikörper-Cocktail des US-Unternehmens Eli Lilly & Co. gegen Omikron weniger effektiv sein könnte. Der Hersteller selbst wies die Aussage als Spekulation zurück. Man sei dabei, die Folgen zu testen.

Zwischen den Herstellern der Impfstoffe und der Medikamente ist ein regelrechter Wettlauf um die beste Antwort auf das Coronavirus ausgebrochen. Eine Impfung halten Experten nach wie vor für den besten Weg. Dennoch drängen auch immer mehr Präparate auf den Markt, die Corona-Infizierte vor schweren Verläufen schützen sollen. Einige wie Ronapreve von Roche sind bereits zugelassen. Andere wie das Pfizer-Mittel Paxlovid befinden sich in Europa im Zulassungsprozess. Paxlovid hätte den Vorteil, dass das Medikament als Tablette geschluckt werden könnte. Der Bund befindet sich in Verhandlungen mit Pfizer über eine Großbestellung.



Die bereits zugelassenen Corona-Medikamente wie die monoklonalen Antikörper kommen „bislang noch nicht flächendeckend zum Einsatz“, sagte Intensivmediziner Kluge. „Ein Grund dafür ist auch die Logistik, sie müssen Risikopatienten im ambulanten Bereich intravenös gegeben werden. Die Medikamente selbst liegen in ausgewählten Krankenhausapotheken in ausreichender Menge vor.“ 

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