Mehr Geld für „Model 3“-Produktion Tesla kündigt riesige Kapitalerhöhung an

Mindestens 1,4 Milliarden Dollar soll eine Kapitalerhöhung dem Elektroauto-Pionier Tesla in die Kassen spülen. Auch verkauft Gründer Elon Musk einen Anteil seiner Aktien. Mit dem Geld soll das „Model 3“ gefördert werden.

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Ein Tesla-Logo: Der Elektroauto-Pionier will seine „Model 3“-Produktion fördern. Quelle: Reuters

San Francisco Erst setzte Goldman Sachs das Kursziel für die Tesla-Aktie herauf, dann sprach das Geldhaus eine „Kaufen“-Empfehlung aus, was die Aktie des Elektroauto-Pioniers am Mittwoch kräftig nach oben beförderte. Später, nach Börsenschluss, kündigte das kalifornische Unternehmen eine riesige Kapitalerhöhung an, die mindestens 1,4 Milliarden Dollar in die Kassen spülen soll. Eine der Leitbanken des Verkaufs: Goldman Sachs.

Gleichzeitig wird Elon Musk 2,8 Millionen Stück seiner Aktien verkaufen. Der Ertrag werde benutzt, um Steuern zu bezahlen, betont Tesla. Musk bekomme kein Bargeld aus der Transaktion. Aber er bekommt 5,5 Millionen Aktien aus alten Aktienoptionen, eingesammelt für eine Handvoll Dollar, die nach aktuellen Kursen rund 1,1 Milliarden Dollar wert sind.

Die Wall Street bekam zur Wochenmitte mal wieder eine Prise der wilden alten Zeiten serviert. Ein Unternehmen mit einer „Historie von Verlusten“, wie es selbst im Prospekt als Risikofaktor eingeräumt wird, holt sich alles in allem bis zu 1,7 Milliarden Dollar von den Anlegern, wenn alle Mehrzuteilungsoptionen ausgeübt werden. Der Mitgründer und größte Anteilseigner verkauft 2,8 Millionen Stück aus Optionen, die er vor dem Börsengang erhalten hatte. Eine der führenden Investmentbanken des Deals bringt am gleichen Tag eine positive Aktienstudie heraus.

Auf die zeitliche Abfolge von Kaufempfehlung und Kapitalmaßnahme mit Beteiligung der Bank angesprochen, erklärte Goldman-Sprecherin Leslie Shribman gegenüber Bloomberg: „Unser Research ist unabhängig. Wir haben alle unsere Standardprozeduren eingehalten, was die Veröffentlichung heute anbetrifft.“
Auf Twitter machte sich jedoch bei den Nutzern schnell eine Mischung aus Sarkasmus und Galgenhumor breit: Herb Greenberg von Pacific Square Research etwa schrieb: „GS setzt Tesla am Morgen rauf und ist Teil des Deals am Nachmittag. Welches Jahr schreiben wir gerade?“

Ein anderer empfahl Musk sarkastisch, doch einfach ein „Model 4“ anzukündigen. Mit den Anzahlungen könnte er dann „Model 3“ finanzieren.

Trotzdem: Die Wall Street reagierte verunsichert, aber zunächst eher zurückhaltend. Nachbörslich gab der Kurs zuerst stärker nach, fing sich jedoch dann. Die Aktie pendelte sich um 210 Dollar gut 0,5 Prozent niedriger ein. Als Tesla 2015 zuletzt Geld einsammelte, notierte die Aktie um 245 Dollar.
Die Kapitalerhöhung kommt nicht ganz unerwartet, nur der Zeitpunkt überraschte. Mitgründer und Chef Elon Musk hatte sie beim jüngsten Analystengespräch bereits vorsichtig angekündigt. Angesichts der enormen Bestellungen für das kommende Elektroauto „Model 3“, das rund 35.000 Dollar vor Subventionen kosten und Ende 2017 erscheinen soll, müssten die Kapazitäten massiv aufgestockt werden.
Außerdem will Musk das selbst gesteckte Ziel von 500.000 Autos pro Jahr bereits Ende 2018 erreichen, nicht 2020, wie zuvor geplant. Satte 373.000 Bestellungen für das „Model 3“ liegen vor, wie es aus dem Prospekt für die Börsenaufsicht SEC zu erfahren ist.

12.200 wurden mittlerweile gelöscht, 8000 von Kunden, der Rest von Tesla, weil man sie für Aufträge von Spekulanten hielt, die nur die Option oder den Neuwagen verkaufen wollten. Die Verzehnfachung der Verkaufszahlen gegenüber dem Absatz in 2015 in nur noch gut zweieinhalb Jahren hatten Wertpapieranalysten unisono als „sehr ambitioniert“ bezeichnet. Aber trotzdem ist das überwältigende Interesse am „Model 3“ ein Faktor, der Börsen und Investoren elektrisiert und die Konkurrenten frustriert.
Angesichts der Vorbetellungen also alles nur ein reines Luxusproblem? Tesla und Gründer Elon Musk sind um große Visionen nie verlegen, aber im zermürbenden Tagesgeschäft steckt der Teufel im Detail.
So steigen die Verluste derzeit wieder, auf den Bankkonten befinden sich 1,4 Milliarden Dollar, die Investitionen werden jedoch zum Jahresende mit 2,25 Milliarden Dollar geschätzte 50 Prozent höher liegen als bislang geplant. Diese Aussagen anlässlich der Quartalszahlen kamen zusammen mit dem Eingeständnis, man habe weniger Autos produziert als geplant.

Der Chef der Produktion musste gehen und wurde durch einen erfahrenen Audi-Manager ersetzt, der jetzt das Schiff auf Vordermann bringen soll. Im Prospekt räumt Tesla ein, man werde „signifikante Kosteneinsparungen erzielen müssen, um eine langfristige Profitabilität und einen wirtschaftlichen Erfolg“ zu erzielen. Im abgelaufenen Quartal lag der Nettoverlust bei 282,3 Millionen Dollar.
Im Gespräch mit den Analysten hatte Elon Musk gerade erst zugegeben, er habe seinen Schreibtisch am Ende der Fertigungslinien aufgebaut und einen Schlafsack in einem Konferenzraum, den er auch fleißig nutze. Das dürfte sich in den kommenden Monaten wohl auch nicht so schnell ändern.

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