Die gleiche Beobachtung hat auch Ellen Bendt gemacht: „Es gibt eine wachsende Klientel, die daran interessiert ist, nachhaltige Produkte zu bekommen, die in Deutschland produziert werden“, sagt die Professorin für Strick- und innovatives Produktdesign von der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. „Zielgruppe sind meist Menschen, die Wert legen auf einen nachhaltigen Lebensstil.“ Gleichzeitig sorgt die im Vergleich mit internationalen Wäscheriesen nur kleine Produktionskapazität auf der Alb dafür, dass Merz’ Hemden nicht zum Massenprodukt werden, sondern etwas Besonderes bleiben: „Der Peter will gar nicht groß werden. Lieber verkauft er seine Hemden nur bei ausgewählten Adressen“, lobt Müller. „So bleibt die Marke authentisch.“
Aufstieg zum Trendshirt
Tatsächlich hievt die zurückhaltende Strategie die Marke Merz in Sphären, die früher kaum denkbar waren – sie ist hip, ihre Kundschaft ist international: „Modebewusste Japaner stehen auf die Sachen“, erzählt Modehändler Müller.
Auch das stilprägende britische Monatsmagazin „Monocle“, dessen Verlag mehrere eigene Ladenlokale von London über Tokio bis Toronto unterhält, bietet seiner wählerischen Kundschaft die Hemden von der Schwäbischen Alb an.
Eine Kette glücklicher Zufälle brachte Plotnicki und die Marke Merz zusammen. Der gelernte Herrenschneider und studierte Modedesigner trägt eine Brille der New Yorker Traditionsmarke Moscot. Mit seiner kurzen, grauen Haartolle, dem ebenso grauen Dreitagebart und Hosenträgern gibt er den perfekten Werbeträger für seine Hemden ab. Zuerst entwarf er zusammen mit seiner Frau Kollektionen für Puma, Sport 2000, Master Smith oder FLY London. Parallel suchte der heute 51-Jährige nach Ideen für eine eigene Marke: „Etwas Ursprüngliches wie die Jeans, die als Arbeitshose in Amerika entstand, sollte es sein“, erinnert sich Plotnicki.
Auf einem Berliner Flohmarkt entdeckte der Vintage-Fan original Rundstrick-Knopfleisten-Hemden aus den Zwanzigerjahren und war von Schnitt, Material und Machart fasziniert. Von da an stand für ihn fest: „So etwas möchte ich auch herstellen lassen.“ Der Flohmarkthändler machte Plotnicki mit Rudolf Loder bekannt, der in Albstadt mit seinem Unternehmen Gota Wäsche produziert und alte Rundstrickmaschinen aus den Zwanziger-, Dreißiger- bis Sechzigerjahren sammelt. Loder ließ sich von Plotnickis Begeisterung anstecken. In Plotnickis Idee sah Loder die Chance, seine geliebten alten Sammlermaschinen wieder zu beschäftigen und damit eine Quelle für zusätzliche Umsätze zu erschließen. Heute produziert Loder auf seinen alten Maschinen exklusiv für Merz-Inhaber Plotnicki.