Merz b. Schwanen Hippe Hemden aus Großvaters Zeiten

Der Berliner Designer Peter Plotnicki entdeckt uralte Textil-Maschinen neu und setzt auf Biohemden made in Germany.

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Herr der Hemden - Designer Plotnicki in der Albstädter Produktionshalle Quelle: Hardy Müller für WirtschaftsWoche

Die alten Holzdielen knarren. Rundstrickmaschinen rattern. Spindeln versorgen sie mit Garn, während der fertige Stoff in Schlauchform ausgespuckt wird. Der türmt sich auf dem Boden wie ein immer höher werdender Sahneberg. Säckeweise lagern die zusammengeknoteten Stoffbündel am Eingang der Wirkerei, wie der museumsreife Produktionsraum in der historischen Textilhochburg Albstadt auf der Schwäbischen Alb genannt wird. Die 32 museumsreifen Maschinen hat der Berliner Designer Peter Plotnicki zu neuem Leben erweckt, fasziniert von der uralten Produktionsweise.

Mit seiner fast originalgetreuen Produktion alter Arbeiterhemden aus den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts hat er die beiden Zeitgeistkonzepte „bio“ und „regional“ erfolgreich auf die Modewelt übertragen. Merz b. Schwanen heißt sein Label – in Anlehnung an den Hemdenhersteller Merz, der früher in Albstadt die Gaststätte „Beim Schwanen“ betrieb und so seine Textilfabrik getauft hatte.

Albstadt ist ein Muster für den Niedergang der deutschen Textilindustrie. Seit die Konkurrenz aus Billiglohnländern lockt, haben viele Textilhersteller ihre Produktion nach China oder Bangladesch verlagert. War Ende der Sechzigerjahre noch knapp eine Million Mitarbeiter in rund 10.000 Betrieben in Deutschland beschäftigt, waren es 40 Jahre später nur noch rund 120.000 Beschäftige in 1.200 Betrieben.

Die extravagantesten Designer der Welt
In Mailand ist der Modezirkus eingetroffen: Der Startschuss zur Milano Moda Donna fällt am 18. September (Mittwoch). Mehr als 70 große Shows stehen bis zum Montag auf dem offiziellen Programm, dazu kommen noch einmal etwa ebenso viele kleinere Präsentationen. Die Laufstege werden in prachtvollen Palazzi der Innenstadt, nüchternen Industriebauten oder großen Zelten aufgebaut. Den ersten Höhepunkt der Mailänder Modewoche bildet am Mittwochnachmittag die Vorführung von Gucci. In den Folgetagen präsentiert sich unter anderem mit Prada, Versace und Armani die Elite der italienischen Mode. Auch einige der extravagantesten Designer werden dabei sein... Quelle: REUTERS
Jean Paul Gaultier mit Beth Dito Quelle: dpa
Viktor & Rolf Quelle: dpa
Philip Treacy Quelle: dpa
Platz 7: Jean-Charles de CastelbajacKermit der Frosch-Puppen, bunte Legosteine und Superman auf Paillettenminis: Die Kollektionen von Jean-Charles de Castelbajac sind jedes Jahr aufs Neue ein Hingucker. Der 63-jährige Nachfahre eines Adelsgeschlecht aus Casablanca ist sich dabei für nichts zu Schade. Mit großflächigen Prints im Tierlook, Cartoon-Zitaten und Comic-Designs begeistert er schon lange Stars wie Katy Perry, Lady Gaga oder Beyoncé. Neben Pop-Art, ist der Alltag seine größte Inspirationsquelle. So kann es schon mal vorkommen, dass er sich ein Klebeband schnappt und daraus Mode kreiert. Dabei immer an erster Stelle steht für den Designer konzeptionelles Denken – er bedient sich der Mode, um Geschichten zu erzählen. Quelle: dpa
Platz 6: Yohji YamamotoAn Yamamotos Stil scheiden sich die Geister. Seine Kollektionen sind durchweg schwarz, provozieren und verhüllen den Träger mehr, als dass sie ihn betonen. „Frauen sollten sich auch wie Männer anziehen dürfen. Es geht mir mehr darum, Frauen zu helfen, weniger zu leiden, mehr Unabhängigkeit und Freiheit zu erlangen“, so Yamamoto. Die Designs seines Labels „Y’s“ gleichen daher auch meistens Männerkollektionen, gemacht für Frauen. Trotz unkonventioneller Looks schafft es der japanische Designer immer wieder, seine Kunden von sich zu begeistern: Tilda Swinton, Johnny Depp, Sting, oder Juliette Binoche lieben seine Kollektionen. Trends geht Yamamoto, übrigens Träger des schwarzen Gürtels, dabei bewusst aus dem Weg. Sein Stil steht für an zeitloser Eleganz. Quelle: dpa
Platz 5: Alexander McQueenDer britische Modeschöpfer war Meister der Gegensätze: Mit seiner Mode setzte er politische Statements, er jonglierte zwischen dem Hässlichem und dem Schönen und entwarf nebenbei wundersam poetische Kleider, die mit jedem Design eine andere Geschichte erzählten. Durch seine radikalen Ideen löste er oft Kontroverse aus, die aber nicht über seine Fähigkeiten als Designer hinwegtäuschen konnten: Dramatische Roben, kreative Drapierungen und extravagante Kopfbedeckungen waren seine Welt. Abseits des Laufstegs führte der Designer mit dem Bad-Boy-Image allerdings ein einsames Leben: Er galt als scheu und zurückhaltend, hatte kaum Freunde. Nachdem sich Isabelle Blow, McQueens Muse, 2007 das Leben nahm, beging auch McQueen 2010 Selbstmord – ein Tag vor der Beerdigung seiner Mutter. Die Autopsie ergab, dass sich der Designer unter Drogeneinfluss erhängt hatte. Trotz seines tragischen Todes wird die Marke weiterhin fortgeführt. Quelle: REUTERS

Wieder belebt

Doch Designer Plotnicki zeigt, wie eine Textilproduktion in der Nische hierzulande überleben und aussehen kann. Er fertigt komplett in Deutschland, verarbeitet Biobaumwolle von heimischen Feldern und aus Griechenland. Die Hemden mit Dreiviertelarm und Knopfleiste dienten den Arbeitern früher als Unterwäsche, sie waren rundgestrickt, damit an den Seiten keine Naht scheuern konnte.

Für rund 30 Euro verkauft Plotnicki seine Hemden an den Handel (zum Vergrößern bitte Bild anklicken) Quelle: Presse

Heute werden Plotnickis Vintage-Hemden meist als T-Shirts getragen. Sie kommen an und verhelfen dem Designer zu internationalem Erfolg. 70 Läden weltweit vertreiben inzwischen seine Hemden – zu Preisen jenseits von 70 Euro. Auch Modeunternehmer Karl-Heinz Müller, der die diese Woche startende Messe Bread & Butter von Köln nach Berlin brachte, führt die Merz-Hemden in seinem Laden „14 oz.“ in Mitte und seit Kurzem auch in einem neuen Geschäft auf dem Ku’damm: „Wir verkaufen Merz hervorragend“, freut sich Müller, „es gibt echte Fans, die kaufen immer gleich mehrere Teile.“

Merz punktet bei anspruchsvollen Kunden gleich mehrfach. Zum einen mit seiner authentischen Geschichte: „Viele Verbraucher schauen sehr viel genauer hin als noch vor einigen Jahren, wo ihre Kleidung herkommt, wer sie hergestellt hat und unter welchen Bedingungen“, sagt Müller, „die Leute sehen sich das Etikett an.“

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