Midea Drei Szenarien für den Kampf um Kuka

Übernahme-Krimi bei Kuka: Midea bekommt sogar mehr Kuka-Aktien als nötig. Doch im Markt herrscht noch ein Rest Unsicherheit. Könnte der Deal noch platzen? Drei Szenarien und die größten Hürden.

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Übernahme-Krimi bei Kuka. Quelle: dpa Picture-Alliance

Was ist los bei Kuka? Die Übernahme durch den chinesischen Konzern Midea ist nicht mehr aufzuhalten. Neusten Meldungen zufolge besitzen die Chinesen inzwischen mehr als 57 Prozent aller ausstehenden Kuka-Papiere; benötigt hatten sie eigentlich nur 30 Prozent. Stand heute, Donnerstag, haben ihnen sogar schon mehr als 70 Prozent der freien Aktionäre ihre Titel angedient- Die erste offizielle Frist zur Annahme des Angebots läuft zwar morgen, Freitag, aus. Doch weil es noch einmal eine zweiwöchige Nachspielzeit gibt, ist es alles andere als unwahrscheinlich, dass Midea am Ende sogar mehr als 75 oder gar 90 Prozent der Kuka-Anteile bekommt.

Dann wäre sogar eine Zwangsabfindung (Squeeze-Out) der verbleibenden freien Kuka-Aktionäre denkbar; Midea und Kuka haben zwar öffentlich verlautbart, an einem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag (möglich ist dieser ab 75 Prozent der Kuka Aktien bei Midea) kein Interesse zu haben, und schon gar nicht an einer Komplett-Übernahme. Auszuschließen ist das aber nicht, auch, wenn Midea vermutlich ein paar Monate oder gar Jahre ins Land ziehen lassen wird, ehe eine Komplettübernahme durchgezogen würde: Zu nervös reagierten wichtige Kuka-Kunden wie die deutsche Autoindustrie und auch die Politik, die Daten- und Know-how-Klau fürchten und lieber einen europäischen Käufer gehabt hätten.

Darum geht es: Der chinesische Hausgerätehersteller Midea bietet den Aktionären des Augsburger Maschinenbauers noch bis Freitag, den 15. Juli, 115 Euro pro Aktie in bar. „Danach wird es noch einmal eine zweiwöchige Nachfrist bis Anfang August geben für die Anleger, die zunächst unentschlossen waren und noch nicht an Midea verkauft haben“, sagt Kuka-Sprecherin Katrin Stuber-Koeppe.

Midea hatte sich bereits Anfang des Jahres rund 13 Prozent an Kuka gesichert und dann die Übernahmepläne bekannt gemacht. Die beiden Kuka-Großaktionäre, der Unternehmer Friedhelm Loh und der Maschinenbau-Konzern Voith, haben sich Anfang Juli entschieden, sich von ihren Anteilen von zusammen rund 35 Prozent zu trennen und das Midea-Angebot anzunehmen. Dadurch schnellten die Midea-Anteile von davor 17,7 auf 57,3 Prozent nach oben. Für den Kauf der im Rahmen des Übernahmeverfahrens angebotenen Aktien muss Midea jetzt mehr als zwei Milliarden Euro aufbringen. Inzwischen haben weitere Kuka-Aktionäre Midea ihre Papiere angedient.

Was Kuka-Aktionäre nun tun können

Dass der Kuka-Kurs fast zwei Monate nach Veröffentlichung des Midea-Übernahmeangebots am 18. Mai noch immer rund zehn Euro oder sechs Prozent unter den gebotenen 115 Euro liegt, zeigt, dass im Markt noch ein Rest Unsicherheit herrscht: Könnte die Übernahme doch noch platzen?

Was Roboter schon heute alles können
Im Geschäft persönlich vom Roboter begrüßt zu werden - auch das kann bald für mehr Menschen Realität sein. „Pepper“ hat Knopfaugen, und er ist in astreinem Deutsch recht schonungslos: „Meiner bescheidenen Meinung nach ist dieses Modell nicht besonders schmeichelhaft für Ihre Figur. Dürfte ich Ihnen ein paar neu eingetroffene Modelle zeigen, die mir für Sie besonders gut gefallen?“ Eigene Infos werden per QR-Code auf dem Smartphone gespeichert, den der Roboter im Geschäft dann scannt. In Japan ist Pepper (von SoftBank) bereits aktiv. Quelle: dpa
„iPal“ ist ein künstlicher Freund und Spielgefährte. Der Roboter ist so groß wie ein sechsjähriges Kind. Er kann singen und tanzen, Geschichten vorlesen und spielen. Durch Gesichtserkennung und automatisches Lernen wird „iPal“ mit der Zeit immer schlauer. Er erinnert sich an Vorlieben und Interessen des Kindes. „iPal“ ist keine gefühllose Maschine“, behauptet John Ostrem vom Hersteller AvatarMind. „Er kann Emotionen erspüren und fühlt, wenn das Kind traurig ist.“ Der Roboter, der in rosa oder hellblau angeboten wird, übernimmt auch gleich ein paar vielleicht leidige Erziehungspflichten: Der eingebaute Wecker holt das Kind aus dem Schlaf. Die Wetter-App sagt ihm, was es anziehen soll, und eine Gesundheits-App erinnert ans Händewaschen. „iPal“ wurde vor allem für den chinesischen Markt entwickelt. Ostrem erläutert: „Dort gibt es in den Ein-Kind-Familien viele einsame Kinder, deren Eltern wenig Zeit haben und die einfach niemanden zum Spielen haben.“ Anfang 2016 soll es „iPal“ dort für etwa 1000 US-Dollar (knapp 900 Euro) geben. Quelle: dpa
Wer auf Reisen die Zahnbürste vergessen hat, kann sie bald von einer freundlichen Maschine aufs Zimmer gebracht bekommen. „Relay“, der Service-Roboter, wird in einigen US-Hotels im Silicon Valley getestet. Die Rezeptionistin legt Zahnbürste, Cola oder Sandwich in eine Box im Roboter, dann gibt sie die Zimmernummer des Gastes ein. „Relay“ kann sich selbst den Fahrstuhl rufen – auch wenn er noch ziemlich lange braucht, um wirklich einzusteigen. Er scannt vorher sehr ausgiebig seine gesamte Umgebung, um ja niemanden umzufahren. Vor der Zimmertür angekommen, ruft der Roboter auf dem Zimmertelefon an. Wenn der Hotelgast öffnet, signalisiert ihm „Relay“ per Touchscreen: Klappe öffnen, Zahnbürste rausnehmen, Klappe wieder schließen. „Das Hotel ist für uns erst der Anfang“, sagt Adrian Canoso vom Hersteller Savioke. „Wir wollen „Relay“ auch in Krankenhäuser, Altenheime und Restaurants bringen, einfach überall dahin, wo Menschen essen oder schlafen.“ Quelle: PR
„Budgee“ trägt die Einkäufe und rollt hinterher. Per Funksender in der Hand oder am Gürtel gesteuert, kann er bis zu 22 Kilogramm schleppen, so der US-Hersteller. Er folgt Herrchen oder Frauchen mit mehr als 6 Kilometern pro Stunde. Die Batterie hält angeblich zehn Stunden. „Budgee“ lässt sich zusammenklappen und im Kofferraum verstauen. Die ersten Vorbestellungen werden ausgeliefert, Stückpreis rund 1400 US-Dollar. Quelle: PR
Roboter können nicht nur Einkäufe schleppen, sondern auch für viele Menschen unliebsame Arbeiten im Haushalt abnehmen – und damit sind nicht nur die Staubsaug-Roboter gemeint. Der „PR2“ des Institute for Artificial Intelligence (IAI) der Universität Bremen kann auch in der Küche zur Hand gehen, zumindest in der Laborküche. Quelle: dpa
Ja, heutige Roboter können bereits feinmotorische Aufgaben übernehmen und etwa zuprosten, ohne dass das Sektglas zu Bruch geht. Das ist aber nicht die Besonderheit an diesem Bild. Der Arm rechts gehört Jordi Artigas, Wissenschaftler am Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen bei München. Der Roboterarm wird von Sergei Wolkow gesteuert – und der war nicht in Oberpfaffenhofen, sondern auf der Internationalen Raumstation ISS, wie im Hintergrund auf dem Monitor schemenhaft zu erkennen ist. Der „Tele-Handshake“ war nach Angaben des DLR ein weltweit einzigartiges Experiment. Quelle: dpa
Solche Aufgaben, wie etwa dieses Zahnrad zu greifen und weiterzugeben, konnte der DLR-Roboter „Justin“ schon 2012. Dass er aus dem All gesteuert wird, ist jedoch neu und bislang einzigartig. Quelle: dpa


Denn dann würde die Aktie sicherlich ins Trudeln geraten. Schließlich lag das Midea-Angebot erheblich über dem Kurs der letzten Monate und trieb die Aktie der Augsburger in Bewertungs-Relationen, in die sie alleine nicht so ohne weiteres und wenn, dann nur in vielen Jahren hineinwachsen könnten.

Wie wahrscheinlich ist ein Scheitern der Übernahme noch? Drei Szenarien sind denkbar:

Szenario 1: Die Übernahme scheitert noch

Ein Scheitern ist unwahrscheinlich. Die erste Hürde auf dem Weg zur Übernahme der Aktienmehrheit durch Midea wäre, dass die Chinesen ihr im Kaufprospekt kommuniziertes Mindestziel von 30 Prozent der Kuka-Aktien verfehlen. Doch da sie bereits Anfang des Jahres 13 Prozent an Kuka besaßen und inzwischen die beiden Kuka-Großaktionäre, der Friedhelm Loh und Voith, ihre zusammen rund 35 Prozent an Kuka Midea angedient haben, kann man das nahezu ausschließen. Folgerichtig meldete Midea vergangene Woche, man habe bereits mehr als 51 Prozent der Kuka-Aktien angedient bekommen. Gestern waren es 57 Prozent. Gut möglich, dass es sogar mehr als 75 Prozent sein werden, wenn die Nachfrist Anfang August abläuft.

Eine weitere Hürde wären Bedenken der Kartellwächter. Aber auch das Kartellrecht dürfte Mideas Pläne nicht bremsen. Midea hat als Konsumgerätehersteller bisher keine Industrieroboter-Sparte, es gibt also kaum Überschneidungen und eine marktbeherrschende Position droht nicht: Industrieroboter sind weder eine komplett neue Erfindung, es gibt sie seit den 1970ern, noch beherrschen wenige Anbieter (Oligopol) den Markt. Neben Kuka bauen unter anderem Siemens, Adept (USA), Fanuc (Japan), ABB, GE und Yaskawa (Japan) Industrieroboter -- auch, wenn Kuka bei bestimmten Leichtbau-Modellen einige Alleinstellungsmerkmale hat.

Anders sähe das bei den von vielen Kunden aus der Autobranche und zuletzt auch von Bundes-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel herbeigesehnten europäische „Weiße Rittern“, aus: deutschen oder wenigsten europäischen Unternehmen, die ihrerseits für Kuka böten und so verhinderten, dass kritisches Know-how in die Hände der Chinesen gelangt. Die Kandidaten Siemens und ABB hätten sehr wohl kartellrechtliche Probleme, da sie eigene Industrieroboter bauen.

Ein möglicher Stolperstein ist eine US-Behörde: Kuka betreibt ein Werk im amerikanischen Toledo und hat unter anderem an Fertigungsstraßen für US-Flugzeugbauer mitgebaut, die auch Militärtechnik produzieren. Das Committee on Foreign Investment in the United States, kurz CFIUS, prüft bei Übernahmen und Fusionen, ob sie sicherheitsrelevante Technik in falsche Hände gelangen ließen. Sie ist alles andere als ein Papiertiger, hat in der Vergangenheit des Öfteren Übernahmen blockiert. Kuka und Midea könnten gezwungen sein, die aus Sicht der USA sensiblen Teile vom Erwerb auszunehmen, etwa durch eine Abspaltung des US-Geschäfts. Die gesamte Übernahme verhindern kann oder will CFIUS aber kaum – wohl aber verkomplizieren und den Prozess erheblich in die Länge ziehen. Für den Kurs der Kuka-Aktien wäre es kein schönes Szenario, wenn dadurch die Zweifel wieder Auftrieb gewännen.

Szenarien 2 und 3: Bieterwettkampf und reibungslose Übernahme

Szenario 2: Es kommt doch noch ein Bieterwettkampf in Gang, Midea bessert sein Angebot nach oder kauft zu einem späteren Zeitpunkt zu höheren Kursen weitere Kuka-Aktien auf

Noch höhere Kurse als die nun von Midea gebotenen 115 Euro dürfte es zunächst nicht geben. Wer jetzt andient, bekommt noch sichere 115 Euro. Denn in der Frist eingereichten die Kuka-Papiere muss Midea auch nehmen. Das Übernahmeangebot ist zwar freiwillig. „Freiwillig“ bedeutet aber nur, dass Midea noch keine 30 Prozent hatte, als es das Angebot abgab; damals war das Angebot freiwillig. Pflicht wäre ein Übernahmeangebot erst jenseits dieser Schwelle gewesen.

Trotz erheblicher Bemühungen einiger wichtiger Kuka-Kunden, allen voran der deutschen Autoindustrie – zuletzt hatte sogar Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel für eine „europäische Lösung“ geworben, fand sich kein Konkurrent bereit, mit Midea um Kuka wett zu bieten. In Frage kämen vor allem ABB aus der Schweiz und Siemens, aber auch ein Konsortium aus mehreren Maschinenbauern oder Autozulieferern wäre denkbar. Siemens winkte gleich offiziell ab, von den anderen möglichen Weißen Rittern ist ebenfalls kein Gebot mehr zu erwarten.


Kein Wunder: Bei Bekanntgabe des Midea-Angebots lag das bereits satte 47 Prozent über dem damaligen Kuka-Börsenkurs.

Die Chinesen haben mit dem Kuka Management nun eine Vertrag geschlossen, wonach zunächst bis 2023 alle Standorte und Mitarbeiter erhalten bleiben. In den nächsten sechseinhalb Jahren dürfte daher eher kein Höhenflug der Aktie über die nun gebotenen 115 Euro hinaus zu erwarten sein, da Midea die verbleibenden Aktien vorerst nicht kaufen darf. Danach ist das selbstverständlich denkbar.


Szenario 3: Die Übernahme geht wie geplant bis Anfang August über die Bühne, Kuka-Aktionäre bekommen im Laufe des Jahres 115 Euro je Aktie gut geschrieben

Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass die Mehrheit der Kuka-Aktien bei Midea bleibt und in den kommenden Tagen noch weitere dazukommen. Freie Kuka-Aktionäre sollten das Angebot bei 115 Euro annehmen. Sehr viel mehr bekommen sie nach menschlichem Ermessen in den kommenden Jahren nicht mehr für das Papier, und das Risiko eines Scheiterns der Übernahme ist zwar gering, aber auch nicht null.

Und es drohen herbe Kursverluste, sollte die Übernahme doch noch platzen: Denn Kuka wäre alleine auf dem aktuellen Kursniveau krass überbewertet. Die Roboter sind zwar technisch führend, aber mehr im Detail als grundsätzlich. Ein halbes Dutzend andere Hersteller kann Schweiß- und Montage-Roboter bauen, die wichtigsten sind Fanuc und Yaskawa aus Japan sowie ABB.

Das Kuka Aktie hat aktuell ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Grundlage der für 2016 geschätzten Gewinne von 36. Pro Euro-Kuka-Umsatz bieten die Chinesen rund 1,40 Euro. Konkurrent Fanuc kommt nur auf ein KGV von 21 (2016), Yaskawa von knapp 16-. ABB , allerdings kein reinrassiger Roboterhersteller, hat ein KGV von 18.

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