Monsanto kämpft um Soja-Markt Das Rennen um die Bohnen

Nach verlorener Leistungsfähigkeit und Herbizid-Skandal steht Monsanto unter Druck. Die Konkurrenz hat aufgerüstet, um auf dem milliardenschweren Soja-Markt anzugreifen. Aber auch die Mitbewerber haben Probleme.

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Monsanto bekommt auf dem Sojabohnen-Markt verstärkt Konkurrenz. Quelle: Reuters

Winnipeg/Chicago Das Bayer-Übernahmeziel Monsanto muss um seine Vorherrschaft im 40 Milliarden Dollar schweren Soja-Markt in den USA bangen. Die Wettbewerber BASF und Dow Dupont stehen mit ihrem Angebot gentechnisch veränderter Sojabohnen in den Startlöchern, um dem weltgrößten Saatguthersteller auf diesem Gebiet den Rang abzulaufen. Dabei steht nichts weniger auf dem Spiel als die Kontrolle über den Exportschlager Soja – die USA sind der weltgrößte Produzent.

Der Markt kam in Bewegung, als die Monsanto-Saatgutlinie Roundup Ready – die gentechnisch verändert wurde, um gegen den Unkrautvernichter Glyphosat resistent zu sein – an Leistungsfähigkeit verlor. Denn immer mehr Unkräuter sind inzwischen selbst gegen das Herbizid immun. Hinzu kam ein landesweiter Skandal um Ernteschäden, die mit dem Monsanto-Unkrautvernichter Dicamba in Verbindung gebracht wurden.

In der amerikanischen Agrarbranche hat das für Verunsicherung gesorgt, vor allem bei kleineren Saatgut-Händlern. Sie haben Berge von Saatgut von verschiedenen Herstellern angehäuft, obwohl das erhebliche Mehrkosten verursacht. Aber sie tappen im Dunklen, welches Produkt die Landwirte in dieser Saison kaufen werden. Der Saatguthändler Great Heart Seed aus Illinois beispielsweise hat sich mit fünf Varianten gentechnisch veränderter Sojabohnen bevorratet. „Unser Job ist es eigentlich, die Bedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen. Wir wissen aber nicht, was diese sein werden“, sagt Carl Peterson, Chef des Saatgutverkäufers Peterson Farms Seed im US-Bundesstaat North Dakota. „Ich glaube nicht, dass ich jemals so etwas gesehen habe.“

Wegen des Herbizids Dicamba, das zusammen mit der Soja-Saatgutlinie Roundup Ready 2 Xtend vermarktet wird, ist Monsanto in eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Dicamba hat nach Einschätzung von Landwirten und Experten zu erheblichen Schäden an der Ernte geführt, da der Unkrautvernichter mit dem Wind über die Felder getrieben sei und so auch Pflanzen erreicht habe, die nicht gegen Dicamba gewappnet waren. In mehreren US-Bundesstaaten wurde der Einsatz des Herbizids beschränkt. Für Monsanto geht es um viel: Im vergangenen Geschäftsjahr setzten die Amerikaner im Soja-Saatgutgeschäft fast 2,7 Milliarden Dollar um – rund ein Fünftel des Konzernumsatzes. Aber auch BASF und Dow DuPont haben noch Hürden zu überwinden.

BASF setzt auf ein älteres Produkt – das Soja-Saatgut LibertyLink, das gegen das Herbizid Glufosinat resistent ist. Es ist Teil des Saatgut-Geschäfts von Bayer, dass der Ludwigshafener Chemieriese für fast sechs Milliarden Euro kaufen will. Bayer muss sich davon trennen, um grünes Licht von den Kartellbehörden für die Übernahme von Monsanto zu erhalten. „Die Bayer-Saatgut-Geschäfte waren kein Schnäppchen, zumal es keinen großen Bieterwettbewerb gab. Aber der Zukauf verhindert das Risiko, als einziger der großen Anbieter im Agrar-Geschäft kein Saatgut anbieten zu können“, urteilt Fondsmanager Patrick Jahnke von Deka Investments.

Der Abschluss des Liberty-Link-Kaufs inmitten der Frühjahrspflanzsaison ist allerdings nicht ideal für BASF – bis dahin haben die Landwirte wohl ihr Saatgut schon gekauft. Bayer vertreibt Liberty Link seit 2009 in den USA und erwartet einen Marktanteil in diesem Jahr von 20 Prozent.

Dow Dupont wartet noch auf eine Importgenehmigung der Regulierer in China, dem weltgrößten Soja-Importeur, bevor der Konzern sein neues Soja-Saatgut Enlist E3 breit vermarkten und verkaufen kann. Es ist sowohl gegen Glyphosat, Glufosinat als auch gegen einen weiteren Unkrautvernichter resistent und eine der größten Investitionen des Unternehmens in dem Bereich. Die Zustimmung aus China, ein unsicherer Prozess, könnte Dow Dupont zwar enorme Gewinne einbringen. Das Unternehmen stehe dann aber immer noch vor der Herausforderung, den Vorsprung der Konkurrenz einzuholen, sagt Michael Underhill vom Investmentfonds Capital Innovations. „Um in diesen Markt einzutreten und dann auch noch zu spät im Spiel zu starten, muss man äußerst aggressiv sein.“

Bei den Landwirten hat diese Gemengelage eine beispiellose Unsicherheit ausgelöst, welches Saatgut sie in diesem Frühjahr auf geschätzten 36 Millionen Hektar Ackerland aussäen werden. Deshalb setzen sie auf mehrere Sorten. So will etwa Milas Mainord, Farmer in Missouri, mindestens drei verschiedene Soja-Varianten anbauen. Rund 30 Prozent seiner Anbaufläche für Soja hat er für das Monsanto-Saatgut Xtend vorgesehen, um sich vor möglichen Ernteausfällen zu wappnen, da seine Nachbarn Dicamba einsetzen.

Schäden an der Ernte hatte Landwirt Bobby Aycock 2016 zu beklagen, nachdem auf den Nachbarfeldern Dicamba versprüht wurde. Er klagte deshalb gegen Monsanto, säte im vergangenen Jahr aber zugleich selbst Xtend-Saatgut aus, um sich vor weiteren Ausfällen zu schützen. Das brachte ihm einen unerwarteten Vorteil: Den höchsten Ertrag in 33 Jahren Soja-Anbau. Trotz seiner Klage gegen Monsanto will Aycock in diesem Jahr deshalb wieder auf das Saatgut zurückgreifen: „Wenn etwas funktioniert, hasse ich es, es zu ändern.“

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