Monsanto-Übernahme "Worauf wartet Bayer noch?"

Die Monsanto-Übernahme durch Bayer zieht sich hin. Ein Verhandlungsexperte spricht über die Wahrscheinlichkeit, dass die Übernahme noch zustande kommt, die Fehler des Bayer-Chefs Baumann und die Strategie von Monsanto.

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Der Verwaltungsjurist, Verhandlungsexperte und -coach Matthias Schranner im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Presse

Herr Schranner, die geplante Übernahme von Monsanto durch Bayer zieht sich hin, die beiden Konzerne verhandeln seit über drei Monaten miteinander. Wird das noch was?
Matthias Schranner: Ich verstehe nicht, warum Bayer den Sack nicht zumacht. Eigentlich sind die Voraussetzungen günstig: Kartellrechtlich gibt es  wenige Probleme, die politischen  Bedenken sind  gering und auch von den Betriebsräten und Gewerkschaften ist wenig Widerstand zu spüren. Worauf warten die noch? Solange der Abschluss nicht klar ist, kann immer noch was passieren – etwa das Gegenangebot eines anderen Unternehmens.  

Zur Person

Sie haben uns bereits im Juni gesagt, dass Bayer innerhalb von Wochen zum Abschluss kommen muss, um erfolgreich zu sein. Ist der Zenit bereits überschritten?
Bayer hat Glück, dass die aktuelle Nachrichtenlage derzeit von anderen Themen beherrscht wird: Terror, Amokläufe, Flüchtlingskrise. Wenn stattdessen die großen Publikumsmedien wie Bild, Stern oder Spiegel die geplante Monsanto-Übernahme stärker aufgreifen würden oder wenn etwa Greenpeace eine große Kampagne dazu fahren würde, wäre der Druck auf Bayer viel, viel größer. Schließlich gilt Monsanto ja als böses Unternehmen, dass Bauern drangsaliert und ohne Rücksicht auf Verbraucher Gentechnik im Essen durchsetzt.

Nun erwägt Bayer womöglich, in einigen Wochen einen feindlichen Übernahmeversuch zu starten. Ein kluges Manöver?
Damit steigen die Risiken. Die Hedgefonds würden noch stärker einsteigen und die Preise hochtreiben. Womöglich würde die geplante Übernahme dann auch noch ein Thema im US-Präsidentschaftswahlkampf. Was ist, wenn Trump zur Verteidigung eines US-Konzerns aufruft? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bayer einen solchen Schritt macht. Die Preisvorstellungen sind ja gar nicht so weit voneinander entfernt.

Angeblich erhält Bayer jetzt begrenzten Zugang zu vertraulichen Monsanto-Daten, um sich ein besseres Bild machen zu können. Wie bewerten Sie das?
Das hat mich schon sehr verwundert. Es ist absolut unüblich, dass ein Unternehmen zu einem so späten Zeitpunkt Zugang zu vertraulichen Informationen erhält. Das passiert normalerweise viel früher. Irgendetwas stimmt da nicht. Bayer hat ja schon vor Wochen, nachdem Monsanto schlechte Quartalszahlen geliefert hatte, sein Angebot erhöht – von 122 Dollar je Aktie auf 125 Dollar. Und das, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen, also den Zugang zu vertraulichen Daten. Dieses Angebot hätte Bayer so nicht abgeben dürfen. Das ist dann letztendlich wie bei einer Wohnungsbesichtigung. Erst wenn ich weiß, ob das Bad in Ordnung ist, welche Reparaturen anstehen und so weiter, gebe ich mein Angebot ab.

Wer bei Bayer für Gewinn sorgt

Und wie soll Bayer nun weiter vorgehen?
Der nächste Schritt muss immer kleiner sein als der vorherige. Als nächstes darf Bayer sein Angebot dann nur noch um zwei Dollar erhöhen, also auf 127 Dollar je Aktie, und dann vielleicht nochmal um einen Dollar. Verhandlungen sollen ja immer ablaufen wie ein Trichter. Monsanto wird erst dann unterschreiben, wenn sie das Gefühl haben, dass da nicht mehr herauszuholen ist.

 

"Monsanto hält Bayer sehr gut hin"

Dann kommt am Ende ein Preis von 128 Dollar je Aktie heraus. Monsanto will aber wohl deutlich mehr, zwischen 130 und 135 Dollar.
Es gibt ja auch den Unterschied zwischen einem echten und einem taktischen Preis. Möglicherweise lässt Monsanto ja in der Öffentlichkeit einen höheren Preis durchblicken, um das Maximale herauszuholen. Vielleicht sind sie am Ende dann auch mit etwas weniger zufrieden.

Die größten Deals deutscher Firmen im Ausland
Bayer will Monsanto kaufen Quelle: AP
Bayer AG und Merck & Co Consumer Care Business Quelle: dpa
Eon Quelle: dpa
Eon Quelle: dpa
Linde und BOC Group Quelle: AP
Merck und Sigma-Aldrich Quelle: dpa
Heidelberg Cement Quelle: dapd

Bayer-Chef Werner Baumann hat ganz klar gesagt: „Bayer hat die feste Absicht, diese Transaktion abzuschließen.“ War das ein Fehler, sich so klar zu positionieren und unter Druck zu setzen?
Baumann ist da zwischen zwei Extremen gefangen: Einerseits muss er bei seinen Aktionären Zuversicht zeigen, und klarmachen, dass er den Deal hinkriegt. Gegenüber dem Verhandlungspartner Monsanto ist es andererseits besser, sich alle Optionen offen zu halten. Aber Baumann hat einen anderen Fehler gemacht: Er hätte die geplante Übernahme nicht so sehr mit seiner Person verknüpfen dürfen.

Warum?
Inzwischen ist ja klar, dass Baumann den Deal unbedingt will, während sich sein Vorgänger Marijn Dekkers skeptisch bis abwartend verhielt. Damit ist die geplante Übernahme sehr stark mit Baumann verknüpft. Falls die Übernahme platzt, müsste er möglicherweise Konsequenzen ziehen und zurücktreten.  Besser wäre es gewesen, wenn Baumann sich stärker im Hintergrund gehalten und  betont hätte, dass es ein Verhandlungsteam  gibt.  Dann wäre auch ein Scheitern für ihn besser zu verkraften. 

Die größten Chemiekonzerne der Welt
Platz 10 - PPG Industries (USA) Quelle: AP
Linde Quelle: dpa
Platz 8: Air Liquide (Frankreich) Die Erfindung von flüssiger Luft legte den Grundstein für einen Weltkonzern. Im vergangenen Jahr kam der französische Chemieriese auf einen Umsatz von 19,08 Milliarden Dollar. Quelle: obs
Platz 7: Henkel (Deutschland)Weltweit ist der Düsseldorfer Konzern bekannt für seine Marken Persil, Pril oder Pritt. Mit einem Umsatz von 19,69 Milliarden Dollar spielt der Dax-Konzern auch unter den internationalen Chemieriesen vorne mit. Quelle: dpa
Platz 6: Dupont (USA)Der komplette Name des amerikanischen Chemieriesens lautet „E I Du Pont de Nemours“. Das geht zurück auf die französischen Gründer, die in die USA emigriert waren und dort 1802 begannen, Sprengstoffe zu produzieren. Heute macht das Unternehmen in über 80 Ländern weltweit einen Umsatz von insgesamt 24,6 Milliarden Dollar. 2017 erfolgte die Fusion mit dem Rivalen Dow Chemical zum größten Chemiekonzern der Welt. Quelle: dpa
LyondellBasell Industries (Niederlande) Quelle: REUTERS
Platz 4 - Saudi Basic Industries (Saudi-Arabien) Quelle: SABIC

Noch vor seinem Amtsantritt im Mai hat Baumann den Eindruck erweckt, als würde sich unter seiner Führung bei Bayer nicht viel ändern. Nehmen es ihm seine Investoren übel, wenn sie das Gefühl haben, hinters Licht geführt zu werden?
Nein, das glaube ich nicht. Die ticken da anders. Die wollen einen guten Deal machen. Allerdings möchten die Aktionäre irgendwann mal ein Ergebnis sehen.

Wie beurteilen Sie die Strategie von Monsanto? Unternehmenschef Hugh Grant hat gerade seine wichtigsten Aktionäre versammelt, um ihnen klar zu machen, dass der Bayer-Preis viel zu niedrig ist.
Monsanto hält Bayer sehr gut hin. Die haben schon ein paar Milliarden mehr bekommen, ohne irgendwas dafür tun zu müssen. Monsanto hat das Gefühl, dass sie warten können und dass die Zeit auf ihrer Seite ist. Beide Parteien glauben offensichtlich noch, dass es für sie noch besser werden kann. Einer von beiden wird sich täuschen.   

Wer von beiden fährt denn die bessere Verhandlungsstrategie – Bayer oder Monsanto?
Das kann man so nicht sagen. Beide haben noch Optionen. Beide haben aber auch noch nichts erreicht.

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