Bis dahin dürften Deisenhofer und sein Team immerhin ihre Entscheidung über die erste Fusion in der Branche, den Zusammenschluss von Dow und DuPont, gefällt haben. Spätestens am 20. Dezember müssen die Brüsseler entscheiden. Leichter wird es für Bayer danach in keinem Fall. Denn die Behörden müssen bei ihrer Prüfung vom Status quo im Markt ausgehen.
- Sollten die Prüfer die Fusion von Dow und DuPont absegnen, gelten für Bayer und Monsanto fortan schärfere Maßstäbe, weil der Markt dann ja schon stärker konzentriert ist als heute. „Die Prüfer werden dann von Bayer und Monsanto noch mehr Zugeständnisse verlangen“, sagt ein Anwalt.
- Eine Blockade wäre für Baumann noch schlechter. Wenn die Prüfer nicht mal die Fusion der US-Konzerne durchwinken, müssten sie Bayer erst recht stoppen.
„Ohne Auflagen wird der Deal in vielen Ländern vermutlich nicht durchgehen“, sagt Wettbewerbsökonom Haucap. Bayer und Monsanto werden sich von Geschäftsbereichen trennen müssen. Beim Saatgut für Baumwolle zum Beispiel kommen beide in den USA auf einen Marktanteil von rund 70 Prozent. In Kanada verkaufen sie zusammen rund 80 Prozent der Raps-Saat. Die kanadischen Kartellbehörden werden das kaum ignorieren können.
Auch das umstrittenste Produkt der Agrarallianz dürfte ins Visier geraten. Monsantos Anti-Unkraut-Bestseller „Roundup Ready“ basiert auf dem Wirkstoff Glyphosat und könnte Bayer dazu zwingen, das Geschäft mit seinem „LibertyLink“ zu reduzieren oder sogar aufzugeben. Das Bayer-Mittel setzen Bauern gerne komplementär zur Roundup-Keule ein, gegen die insbesondere in den USA immer mehr Pflanzen eine Resistenz entwickeln. Bayer bewirbt Liberty deshalb fleißig als Ersatzmittel. Das ist allerdings teurer. Ist das resistente Unkraut weg, wechseln die Bauern deshalb in der nächsten Saison meist wieder zu Glyphosat.
Die Rivalen stehen bereit
„Eine der schlechtesten Entscheidungen wäre es, Liberty und Roundup im selben Unternehmen zu verketten“, warnt der US-Kartellexperte Peter Carstensen. Vor allem in den USA, Kanada, Brasilien und Argentinien wird Bayer wohl nicht ohne Einschränkungen davonkommen. „Sie werden Roundup oder Liberty auch an Dritte auslizenzieren müssen“, sagt ein Branchenkenner. Insgesamt macht Bayer mit Liberty nach Angaben von Analysten über 1,2 Milliarden Euro Umsatz, Monsanto kommt mit Roundup auf schätzungsweise 1,3 Milliarden Euro.
Rivalen stehen bereits bereit, um jene Teile aufzusammeln, die vom Hochzeitstisch fallen. Wenn im Zuge der Fusionen Geschäft auf den Markt kommt, werde man sich das anschauen, sagt BASF-Vorstand Harald Schwager. „BASF dürfte etwa Interesse haben, beim Saatgut zuzukaufen“, sagt ein Branchenkenner. Geld genug ist vorhanden: Die Ludwigshafener könnten leicht zehn Milliarden Euro ausgeben, ohne ihre finanzielle Stabilität zu gefährden, meint Analyst Christian Faitz von Kepler Cheuvreux. BASF spielt erst mal auf Zeit. Ein Zukauf, sagt Vorstand Schwager, „muss strategisch und finanziell für uns Sinn ergeben“.