Einer der größten Bewunderer der Feuerstühle mit der markanten Farbe steht seit Kurzem an der Spitze der thailändischen Regierung. „Ich liebe die roten Motorräder“, bekannte General Prayuth Chan-ocha kürzlich mit Hinweis auf den Edelhersteller Ducati. Prayuth führt die Militärjunta, die am 22. Mai mit einem Putsch die Macht in Thailand übernommen hat. Seit Ende August ist er zugleich Premierminister des Landes.
Der thailändische General ist nicht der einzige Ducati-Liebhaber in dem Königreich. Seit der Hersteller aus Bologna, der seit zwei Jahren zum VW-Konzern gehört, 2011 sein Montagewerk in der Nähe von Bangkok eröffnete, kommen die Mechaniker kaum nach. 2013 rollten fast 10.000 Motorräder von den thailändischen Ducati-Bändern. 2015 werden es 11.000 sein, 2020 schon etwa 20.000. Auf ähnliche Zuwächse im Asiengeschäft kommt auch der Münchner Konkurrent BMW. Die wichtigsten Märkte sind Thailand, Malaysia und China. „Die Möglichkeiten in der Region hier sind gigantisch“, schwärmt Francesco Milicia, Chef bei Ducati in Thailand.
Diese Entwicklung steht in krassem Gegensatz zum Motorradgeschäft in Europa. Dort haben sich die Verkäufe seit der Finanzkrise immer noch nicht erholt. Fast 2,5 Millionen verkauften die Händler in der EU 2007, im vergangenen Jahr waren es weniger als die Hälfte. In Italien und Spanien liegt der Absatz immer noch gut 70 Prozent unter dem Niveau von 2007.
Kein Wunder, dass BMW und Ducati auf Fernost hoffen – auch weil die Behörden dort ihnen den roten Teppich ausrollen. Thailand etwa hat seine Unternehmenssteuern kürzlich von 30 auf 20 Prozent gesenkt. Und wenn Motorradhersteller mehr als 40 Prozent ihrer Komponenten in Thailand einkaufen, zahlen sie zudem auf die übrigen Teile sowie auf eingeführte Maschinen und Anlagen keine Importzölle.
Gut 20 Millionen Euro hat Ducati in Thailand investiert. Rund 400 Mitarbeiter fertigen in den Werkshallen fünf verschiedene Modelle. Ende Oktober wird Ducati auf der Kölner Motorradmesse ein weiteres Modell mit weniger als 100 PS vorstellen, das in Thailand und Italien gefertigt und weltweit vertrieben wird.
„Wir sind nicht wegen der niedrigeren Lohnkosten nach Thailand gegangen“, sagt Ducati-Statthalter Milicia, während er durch die penibel sauberen Fabrikhallen führt. Grund ist neben den staatlichen Vergünstigungen die hoch entwickelte Zulieferindustrie. Hinzu kommt der Binnenmarkt der zehn Mitgliedsländer der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (Asean), der Anfang 2015 in Kraft tritt. Dann kann Ducati zollfrei in die Nachbarländer, etwa Malaysia, exportieren.
Solche Aussichten haben auch BMW nach Thailand gelockt. Bisher mussten die Münchner ihre Maschinen nach Asien exportieren, seit Anfang des Jahres fertigen sie in der Nähe von Bangkok. Mit dem Wegfall der Importzölle ist nun etwa die zweizylindrige F 800 R in Thailand nicht mehr teurer als in Deutschland, wo sie 8.900 Euro kostet. Vorher fielen in Thailand 60 Prozent Importzoll an, in Indonesien 50 und in Vietnam 77 Prozent.
Zwar bewegte sich der BMW-Absatz 2013 mit 400 in Thailand verkauften Motorrädern noch auf niedrigem Niveau. Doch das Absatzplus zwischen Januar und Juli dieses Jahres lag bei 16 Prozent. Bis Jahresende will BMW in seinem Werk in Thailand 1.000 Maschinen montieren.
Probleme haben die deutschen Hersteller lediglich bei der Personalsuche. Denn in Thailand herrscht praktisch Vollbeschäftigung. „Unter den ausländischen Unternehmen herrscht ein gnadenloser Wettbewerb um Talente“, sagt Milicia. Er zahlt den Ducati-Mitarbeitern am Jahresende drei Monatsgehälter als Bonus. Trotzdem liegt die Fluktuation bei 15 Prozent.
Vielleicht fördert ja jetzt die Ducati-Kantine die Treue: Sie bietet jeden Tag italienische Pasta an. Die Mitarbeiter liebten es, so Milicia: „Vor allem, wenn die Köche die italienische Küche mit lokalen Spezialitäten wie Chili oder Ananas kombinieren.“