Nachfolge in Krupp-Stiftung Die unterschätzte Rolle der Hannelore Kraft

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Nur wer die Interessen des Unternehmens vertrat, hatte einen Sitz

200 Jahre Krupp in Bildern
"Stammhaus" und Schmelzbau um 1819. Quelle:
Friedrich Krupp um 1820. Quelle: PR
"Vom Stammhaus zum Quartier": Ein Gemälde von Julius Grün, es zeigt Alfred Krupp in den 1880er-Jahren. Quelle: PR
Ein Plan der Gussstahlfabrik, 1889 Quelle: PR
Innerer Bereich der Gussstahlfabrik in Essen, 1864 Quelle: PR
Friedrich Alfred Krupp seiner Verlobte und Margarethe von Ende 1882 Quelle: PR
Die Friedrich-Alfred-Hütte in Rheinhausen ca. 1910 Quelle: PR

Dieser neue Investor wird sich nicht so einfach mit der Politik an einen Eichentisch setzen wie er in der Stiftung auf dem Essener Hügel steht. Dort gab es bisher nur einen, der redete: Berthold Beitz, gelegentlich unterbrochen von Hannelore Kraft und seiner Tochter Susanne Henle. Dividendenausschüttungen (wenn es welche gibt), Personalpolitik, Standortpolitik, da war bisher eine Sache zwischen Beitz, Cromme und Kraft. Es war kein Zufall, dass stets der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen einen Sitz in der Stiftung hatte. Das sind immer größere Posten gewesen als es die Formalie vermuten ließ. Offiziell stimmten sie über die Finanzierung von Kunstaustellungen und Musikfestivals ab. Inoffizielle einigten sie sich über „Strukturpolitik“ im Stammland von Kohle und Stahl. Und hinter diesem Wort verbirgt an Rhein und Ruhr eine gigantische Kungelei um Posten und Pfründe.

 

Nur wer die Interessen des Unternehmens vertrat, hatte hier einen Sitz. Das waren in der Vergangenheit Strippenzieher wie Friedel Neuber, früher Chef der untergangenen WestLB und Johannes Rau, Ministerpräsident von NRW und später Bundespräsident. Rau hatte bei der feindlichen Übernahme von Thyssen durch Krupp den Plan an die Gewerkschaften weitergegeben, hieß es. Das war für Beitz Verrat. Dass Rau als „Landesvater“ auch den Thyssen-Arbeitern gegenüber verantwortlich war, galt nicht in der Krupp-Stiftung. Rau schied aus, als er Bundespräsident wurde. Obwohl er sich nach seiner Amtszeit wieder um ein Mandat bei seinem vermeintlichen Freund Beitz bemühte, war ihm die Rückkehr in die Stiftung verwehrt. Beitz wollte ihn nicht, weil er nicht sein Gefolgsmann war.

 

Umgekehrt war Beitz auch der Politik verpflichtet. Das Zusammenwachsen der fusionierten Konzernteile von Thyssen und Krupp wurde von der Stiftung aus torpediert, weil es die Aufgabe von Standorten bedeutet hätte. Und daran war die Politik nicht interessiert. Also unterblieb es. Basta, sagte Beitz.

 

Wenn das so weitergehen soll im Konsensland Nordrhein-Westfalen muss Hannelore Kraft schnell handeln und einen industriell versierten Gewährsmann der Industriepolitik in der Stiftung installieren, am besten einen aus dem Aufsichtsrat eines NRW-Unternehmens. Werner Müller, früher parteiloser, aber der SPD nahestehender Wirtschaftsminister unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) fällt schon einmal weg. Er ist Chef einer anderen Stiftung in Essen, der RAG-Stiftung, die sich gerade zu einer industriepolitischen Plattform ausbaut. Ein zweites Standbein in der Krupp-Stiftung könnte da nicht schaden, neben der RAG-Stiftung wäre das eine solide Basis für die Konsens- und Standortsicherung an Rhein und Ruhr in bewährter Manier.

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