Neue Strategie Kampfansage von Nissan – „Wir werden die Führung bei Elektroautos verteidigen“

Nissan will schon 2022 eine Million Elektroautos verkaufen. Dabei setzen die Japaner auf neue Modelle – und das selbstfahrende Auto.

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Nissan: „Wir werden die Führung bei Elektroautos verteidigen“ Quelle: AP

Yokohama Die Bühne, die Renault-Partner Nissan gewählt hat, um seine großen Pläne für elektrifiziertes und autonomes Fahren vorzustellen, ist überraschend klein: in einem kleinen Sitzungsraum im Hauptquartier in Yokohama präsentieren drei führende Nissan-Manager, wie sich die Japaner die Zukunft des Autos verstellen

Planungschef Philippe Klein, Forschungsvorstand Takao Asami und der Vizepräsidenten der japanisch-französischen Allianz Ogi Redzic präsentierten im Terzett Nissans Strategie bis 2022. Und Klein ließ keinen Zweifel an den Ambitionen. Egal ob Elektrifizierung, autonomes Fahren oder Robotertaxis für Fahrdienste – „wir zielen darauf, Nissan als Anführer der Evolution zu positionieren.“

Das Vorhaben ist herausfordernd, selbst für den Pionier der Elektroautohersteller. Denn neue Herausforderer wie Tesla und chinesische Start-ups machen Nissans Stromer Leaf Konkurrenz, der seit 2011 über 310.000 mal verkauft wurde. Und auch die großen internationalen Konkurrenten wie VW und PSA setzen ihre Modelle unter Strom, um nicht abgehängt zu werden.

Doch Klein ist bereit zum Kampf: „Sie können sich auf uns verlassen, dass wir unsere Führung bei elektrischen Autos verteidigen werden.“

Dementsprechend aggressiv sind die numerischen Ziele. Im Jahr 2022 will Nissan eine Million elektrifizierte Fahrzeuge verkaufen. Dabei verstehen die Japaner unter „elektrifiziert“ im Gegensatz zu ihren Konkurrenten nur rein batteriebetriebene Elektroautos, keine herkömmlichen Hybridautos, in denen neben Elektromotoren auch ein Verbrenner eingesetzt wird. Kleine Verbrennungsmotoren nutzen die Japaner höchstens, um die Reichweite der Batterien zu erhöhen. Derartige Range Extender setzt auch BMW beim i3 ein.

Erste Erfolge der Elektrostrategie können die Japaner bereits vorweisen: Beim Kompaktwagen Note entscheiden sich bereits zwei Drittel der Kunden für den elektrifiziertes Antrieb. Klein glaubt, dass die „ePower“-Antriebe im Jahr 2022 das globale Fahrzeugangebot von Nissan dominieren werden.

In den kommenden vier Jahren sollen darum acht reine Elektroautos auf den Markt kommen, darunter ein Minicar für Japan. Bei den Kosten sollten sich Autokunden aber keine Illusionen machen. Nach Kleins Einschätzung werde es noch bis ins kommende Jahrzehnt dauern, bis Elektroautos auch bei den Gesamtkosten mit herkömmlich betriebenen Fahrzeugen konkurrieren können.

Die größten Potentiale für die Elektrooffensive sieht Klein nicht in China, sondern in Japan und Europa. 40 Prozent der dort verkauften Wagen werden elektrifiziert in Nissans Sinne sein, schätzen die Japaner. In den USA und auch in China rechnet Nissan nur mit 20 bis 30 Prozent.

Dass die USA abgehängt zu werden drohen, ist wenig überraschend. Für viele Amerikaner genügt die Reichweite der Elektroautos noch nicht, weil sie häufig längere Strecken fahren. Doch China, der selbsternannte Pionier der Elektromobilität? Dort sei die Lage volatiler, meint Klein.


Mehr Sicherheit für Roboterautos

Auf der einen Seite beobachtet er, wie die Regierung den Markt zu Elektroautos fördert. Doch damit helfe die Regierung vor allem chinesischen Herstellern, denen mit der Durchbruch auf dem Weltmarkt gelingen soll. Darüber hinaus wolle China die Luftqualität in den Städten verbessern.

Doch Klein sieht ein Problem: „Viele Chinesen sind noch nicht bereit dafür, sich solche Autos zu kaufen.“

Dennoch will Nissan 2018 seine Elektroauto-Offensive in China bei Mittelklassewagen (im C-Segment) starten. 2019 kommen dann billigere Fahrzeuge auf einer neuen Plattform hinzu, die die weltgrößte Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi Motors gemeinsam mit ihrem chinesischen Joint-Venture-Partner Dongfeng entwickelt.

Die Entwicklung des autonomen Fahrens will Nissan auch nach dem tödlichen Unfall eines Uber-Testautos nicht stoppen. Nissan habe nicht die Absicht, seine Test einzustellen, teilte Klein mit. Konkurrent Toyota hatte nach dem Unfall die Testfahren gestoppt.

Nissan glaubt dagegen, dass ein Vier-Augenprinzip für Sicherheit der Roboterautos sorgen kann. In jedem Testwagen sitze ein speziell trainierter Ingenieur hinter dem Steuer sitzen und ein weiterer das System überwachen, sagt Klein.

Schon heute bietet Nissan unter dem Namen „ProPilot“ etliche aktive Sicherheitssysteme an, die bei Gefahr eingreifen. Auf der Autobahn halten einige Nissan-Modelle auf Wunsch automatisch die Spur, Tempo und Abstand. Aber der Mensch müsse immer mindestens eine Hand am Lenkrad haben, erklärt Nissan.

Die Autonomie der Assistenten soll nach den Vorstellungen der Japaner aber immer weiter zunehmen. Schon in wenigen Jahren sollen Nissans neue Modelle auf der Autobahn selbstständig die Spur wechseln und ab 2020 innerstädtische Kreuzungen überqueren können. Bis 2022 sollen 20 Modelle in 20 Märkten mit dem „ProPilot“ teilautonomisiert werden.

Auch beim vollständig autonomen Fahren hat Nissan die ambitioniertesten Pläne unter den japanischen Autobauern. Gemeinsam mit seinem Entwicklungspartner DeNA, einem japanischen Online-Game-Konzern, hat der Konzern einen ersten Straßentest für ein Robotertaxi gestartet.

Das Ziel ist ein eigener Mobilitätsdienst, den das ungleiche Duo von Japan aus global ausrollen will. Der Name steht schon fest: Easy Ride. Im Heimatland testen die Verbündeten die Technik und das Geschäftsmodell, um dann neue Partner zu finden.

Eine Kannibalisierung der eigenen Autoverkäufe durch das Roboterauto erwartet Nissan allerdings vorerst nicht. „Wir sehen sie als zusätzliche Gelegenheit“, sagt Ogi Redzic, der die Abteilung für Fahrzeugvernetzung und Mobilitätsdienste des trilateralen Autobundes leitet. Individuelle Kundschaft würde das Flottengeschäft noch für eine längere Zeit übersteigen.

Nur an einem Punkt verspricht Redzic, dass in den kommenden vier Jahren wirklich jeder Nissan in allen wichtigen Schlüsselmärkten technisch grundsätzlich auf einem Stand sein wird: bei der Vernetzung. Von der Premiummarke Infiniti über Nissan bis hin zu Datsun, Nissans Einstiegsmarke für Asiens Schwellenländern – alle Modelle sollen mit vernetzten Infotainmentsysteme und damit Internetdiensten der Marken ausgestattet werden.

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