Neues Corporate Design Die neue Bosch-Welt ist bunt

Bosch gibt sich ein neues Corporate Design mit dezentem Farbbalken. Es wird eine Gratwanderung zwischen mehr Flexibilität und Wiedererkennung. Der Traditionskonzern tastet sich nur vorsichtig an den Wandel heran.

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Die neuen Bildwelten sollen in warmen Tönen den Nutzen von Technik fürs Leben darstellen. Quelle: Bosch

Düsseldorf/Stuttgart Bosch, Weltkonzern, 129 Jahre alt, gibt sich einen neuen Markenauftritt mit neuem Corporate Design. Die digitale Transformation erreicht damit auch das visuelle Erscheinungsbild des großen deutschen Technologiekonzerns.

Das Unternehmen steckt mitten im größten Umbruch seiner Firmengeschichte: Bosch will bei der digitalen Vernetzung der Produkte den amerikanischen IT-Konzernen nicht das Feld überlassen – der Konzern hat nun eine eigene Cloud, bietet Software und Services im Internet der Dinge an. Vom Hype um das Internet der Dinge und Industrie 4.0 sollen nicht nur die anderen profitieren.

Das bringt auch ein Umdenken im Marketing mit sich. Denn smarte Services müssen anders beworben werden als Zündkerzen, Lichtmaschinen und Motorsteuerungen. Zudem ist die Produktpalette durch die komplette Integration der BSH Hausgeräte (ehemals Bosch-Siemens Hausgeräte) und der Lenksysteme jetzt deutlich vielfältiger. Bosch-Chef Volkmar Denner hat den markenstrategischen Überbau parat: „Wir wollen mit vernetzten Lösungen zu mehr Lebensqualität und Ressourcenschonung beitragen.“ Der neue Markenauftritt folge dem Anspruch und spiegele die Vielfältigkeit und Individualität des Lebens und der Produkte wider.

Vielfältigkeit und Individualität verspricht Bosch künftig mittels einer deutlich ausgeweiteten Farbpalette in seinem Markenauftritt. Eine sogenannte „Supergraphic“ - von Rot über Blau bis hin zu Grün - ist das neue Stilelement. Wäre noch Gelb dabei, könnte man sagen: ein Regenbogen. Der Unternehmensslogan „Invented for Life“ wird beispielsweise in diesen Farbverlauf getaucht, jeder Buchstabe in eine andere Farbe. Die Möglichkeit der einzelne Sparten, unterschiedliche Farben einzusetzen, soll Kreativität im Konzern freisetzen. Die Zahl der Vorgaben sei ohnehin um 80 Prozent reduziert worden.

Die neuen Bildwelten sollen in warmen Tönen den Nutzen von Technik fürs Leben darstellen. Und nicht die Einspritzpumpe sondern der Kunde soll künftig im Mittelpunkt stehen. So ein bisschen wie Apple – nur im Ländle. „Immer wenn Menschen mit der Marke in Berührung kommen, wollen wir unseren Anspruch "Technik fürs Leben" spürbar machen“, sagt Boschs Markenchef Peter Feldmann.

Aber Bosch ist schwäbisch, die alten Briefköpfe und Kugelschreiber werden nicht weggeschmissen, sondern erst aufgebraucht. Für die Übergangsphase sind zwei Jahre angesetzt. Und Bosch wäre nicht Bosch, wenn gleich alles auf einmal geändert würde.


„Innovationsanspruch Boschs wird nicht eingelöst“

Der rote Bosch-Schriftzug, der Claim „Technik fürs Leben“ und der Anker - immerhin seit 1919 im Markenauftritt verankert - bleiben unangetastet. „Die neuen Farben und der Auftritt werden zuerst auf Smartphones und Tablets ausprobiert und erst dann auf gedrucktem Papier“, sagt Gregor Schilling, der das Corporate Design im Bosch-Konzern verantwortet. Bosch übt digitales Denken.

Ein notwendiger Schritt. „Die neue digitale Medienrealität, sowohl in ihren Möglichkeiten, ihren Anforderungen, als auch in ihrer Dynamik und ganz besonders durch das radikal verändernde Medienverhalten aller internen und externen Zielgruppen“, sagt Rüdiger Goetz, „erfordert ein kritisches Überprüfen und entschiedenes Anpassen der meisten bestehenden Markenauftritte hinsichtlich Mechanik, Aufbau und visueller Elemente“, so der Geschäftsführer der Designagentur KW43.

Dennoch ist der Designexperte nicht durchweg überzeugt von dem neuen Markenbild bei Bosch. Vor allem das eigentlich neue Markenelement - die Supergraphic - sieht er kritisch. Es sei, sagt der Designer, in seiner graphischen Anlage eine durchaus erprobte Mechanik. Goetz sieht allerdings keine klare Zuordnung zum Kern-Branding, dem Unternehmenszeichen. „Das Markenzeichen Boschs, sowohl Logo als auch Logotype, besitzen keinerlei nachvollziehbaren visuellen Bezug zu dem neuen Gestaltungselement, weisen keine natürliche Selbstähnlichkeit auf, die starke Markensysteme so attraktiv und effizient machen und als dynamisches Wiedererkennungsprinzip heute mehr denn je notwendig sind. Hier jedoch konkurrieren Zeichen und Muster, ergänzen sich aber nicht.“

Goetz hat eine solche „Supergraphic“ bereits bei anderen Markenauftritten beobachtet. Sie wurde „in unterschiedlichsten Markenauftritten, von Kinderbekleidung bis zu Tourismusmarken, häufig verwand“. Dies dann oft konsequenter, raffinierter und eigenständiger konzipiert. Der Innovationsanspruch Boschs werde in der visuellen Komposition nicht eingelöst – ein harsches Urteil des Designers.

Goetz meint: „Ein bunter Farbbalken ist aber erstmal nur ein bunter Farbbalken.“ Alle Interpretationsversuche seien eher Rhetorik und überschätzten die kommunikative Leistung eines solch häufig benutzten Elements sowie die Interpretationsbereitschaft des Betrachters. Eine Aufladung und irgendwann auch faktisch nachweisbare Kommunikationswirkung sei nur durch einen hohen Kommunikationsaufwand nach innen und auch außen zu erreichen. Ob es sich jemals zum Markensignal entwickeln wird, ist für den Werber jedoch fragwürdig.

Bosch ist dennoch von dem neuen Auftritt überzeugt. Die Supergraphic ziehe die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Bild/Wort-Marke. Und die Farbvielfalt, die auf den Bosch-Farben Rot, Blau und Grün basiere, sei für Bosch als Marke mit großer Markendehnung, die sehr heterogene Zielgruppen bedient, sehr gut geeignet, betont Feldmann. „Der Farbakzent betont das Leben und verschiebt den Akzent beim bekannten Claim "Technik fürs Leben". Das war uns wichtig.“

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