Nissan-Europachef Paul Willcox „Wir brauchen klügere Lösungen“.

Ein neuer Elektrospeicher, ein neuer Leaf - der Autobauer Nissan will sein Geschäft mit der elektrischen Mobilität ausbauen. Im Interview erklärt Europachef Paul Willcox, wie er auch die Kunden überzeugen will.

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Das Elektroauto ist nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit, glaubt der Nissan-Europachef Willcox.

London Nissan verdient sein Geld in Europa vor allem mit dem dem Geländewagen Qashqai. Trotzdem glaubt Europachef Paul Willcox, dass in den Städten der Zukunft vor allem Elektroautos gefahren werden. Im Interview mit dem Handelsblatt erklärt er, warum der Wandel schneller kommen wird, als die meisten annehmen.

Handelsblatt: Hier in London zeigen Sie Ihre Vision vom Elektroauto der Zukunft. Ein Auto, das ein mobiler Stromspeicher ist, seine Energie ins Netz speisen kann und sich selbst eine Ladestation sucht. Mal ehrlich, das ist noch weit weg, oder?
Willcox: Diese Zukunft ist näher als viele denken. Alles, was wir heute zeigen, ist Teil einer größeren Geschichte. Die Diskussion über das Auto der Zukunft wird momentan oft sehr kleinteilig geführt. Wir hören beispielsweise, dass wir in Zukunft auch Zeitung lesen können, wenn wir am Steuer sitzen. Aber wir reden zu wenig darüber, was passiert, wenn wir es schaffen, die drei großen Themen der Branche – das autonome Fahren, das Elektroauto und das vernetzte Fahrzeug – zusammenzubringen. Dann kann man sich eine völlig neue Autowelt vorstellen.

Wollen die Kunden diese neue Autowelt überhaupt? Weder das Elektroauto noch das autonome Auto erfahren besonders viel Zustimmung…
Eine neue Autowelt ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Ich lebe in einer kleinen Stadt vierzig Meilen von London entfernt. Es hat mich dreieinhalb Stunden gekostet, zu diesem Termin zu kommen. Wir brauchen klügere Lösungen. Das ist keine Diskussion, die nur Autobauer und Internetkonzerne umtreibt, sondern die gesamte Gesellschaft.

Schauen Autobauer nicht lieber auf die Zahlen im nächsten Quartal als auf eine weit entfernte Zukunft?
Ich bin schon lange in der Branche unterwegs – und sie verändert sich gerade massiv. Wir schauen endlich über unsere eigene Industrie hinaus und verstehen das Auto mehr und mehr als einen Teil eines Transportnetzwerks. Bei Nissan denken wir nicht alleine an das nächste Quartal, sondern langfristig. Wir haben nicht umsonst vier Milliarden Euro in unsere Elektroautos investiert – und wir erreichen mittlerweile auch entsprechende Stückzahlen. Alleine den Leaf haben wir jetzt 220.000 Mal gebaut, davon 50.000 hier in England.

Bisher scheinen die Kunden noch nicht vollständig überzeugt zu sein. Das Elektroauto ist weiterhin ein Nischenprodukt…
Denken Sie, dass ein Diesel oder Benzinmotor noch viel effizienter werden kann? Man muss den Kunden klar machen, welche Vorteile es hat, elektrisch zu fahren. Ich werde sehr oft nach der Reichweite gefragt. Das bleibt ein wichtiges Thema und dabei machen wir große Fortschritte. Und auch die Infrastruktur muss noch ausgebaut werden. Umso wichtiger ist es, das Elektroauto als Teil eines größeren Netzwerks zu sehen. Wir können uns dabei nicht alleine auf den Staat verlassen.

Hier in London zeigen Sie einen Energiespeicher, mit dem erneuerbare Energie dann genutzt wird, wenn sie günstig ist. Eine Idee, die auch Tesla und Daimler verfolgen. Wie bei den Schnellladestationen kocht jeder Hersteller sein eigenes Süppchen. Wird es nicht Zeit für eine gemeinsame Initiative?
Gerade bei neuen Technologien bewegen wir uns natürlich in einem starken Wettbewerb. Wir glauben aber daran, dass unser System sich durchsetzt.

Das glauben Tesla, Daimler und andere auch…
…und nicht nur die Autobauer sind in diesem Markt unterwegs. Aber wir bieten unsere Technologie zu einem sehr guten Preis an. 4000 Euro inklusive Installation – das ist sehr wettbewerbsfähig. Und wir verarbeiten für unseren Speicher auch bereits genutzte Batterien unserer Elektroautos – und sind damit umweltfreundlicher. Mit dieser Lösung können wir ein sehr gutes Paket anbieten.

Ihr großer Konkurrent Toyota setzt auf den Wasserstoff-Antrieb als Alternative. Was halten Sie davon?
Wenn wir über Infrastruktur reden, dann hat der Wasserstoff noch einen großen Nachholbedarf. Sollte sich das ändern, können wir sofort auch ein Auto mit Brennstoffzelle anbieten. Wir sind bereit und haben nie gesagt, dass das Elektroauto unsere einzige Wahl ist. Aber derzeit hat es viele Vorteile, die das Wasserstoffauto noch nicht hat.

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