Nissan und Elektroauto Die japanische Antwort auf Tesla

Nissan träumt von einer elektrischen Zukunft. In der britischen Hauptstadt London zeigt der japanische Autobauer seine Vision von der Stadt der Zukunft – und seine Alternative zur Powerwall von Tesla.

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So grün stellt sich Nissan die Stadt der Zukunft vor. Dafür soll das Elektroauto zum Energiespeicher werden. Quelle: PR

London Der Weltmarktführer bei Elektroautos ist nicht Tesla, auch wenn der kalifornische Elektroautobauer mit seinem Gründer Elon Musk weltweit die größte Aufmerksamkeit bekommt. Der Weltmarktführer bei Elektroautos ist auch nicht VW auch wenn Konzernchef Matthias Müller das E-Auto zum neuen Aushängeschild der Wolfsburger machen will. Derzeit hat beim batterieelektrischen Antrieb noch ein Hersteller die Nase vorn, den in Deutschland nur wenige auf dem Zettel haben. Der Nissan Leaf ist mit 220.000 Exemplaren immer noch das meistverkaufte Elektroauto der Welt. Doch auch der Weltmarktführer teilt die Probleme der elektrischen Konkurrenz.

Reichweite, Infrastruktur, Preis – RIP, so kürzen Experten die Gründe ab, die viele Kunden vom Kauf eines Elektroautos abhalten. Gerade die Integration der Elektroautos in die Städte ist ein Problem, das die Hersteller kaum alleine lösen können. In London zeigt Nissan nun, wie sich der Hersteller die perfekte elektrische Stadt vorstellt – und welche Rolle Elektroautos darin spielen.

Rund 150 Journalisten haben die Japaner in die britische Hauptstadt geladen, um ihre Vision der zukünftigen Mobilität zu präsentieren. Leere Straßen, grüne Städte – die Hochglanz-Version der elektrischen Mobilität, die Nissan in seinen Werbevideos zeigt, könnte kaum gegensätzlicher sein zum Verkehr, den die Teilnehmer kurz zuvor auf den Straßen der britischen Metropole erleben konnten. „Eine neue Autowelt ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit”, erklärt Nissan-Europachef Paul Willcox. In der Stadt der Zukunft sei das Auto nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern auch eine Art Batterie auf Rädern. Nachts suchen sich die Fahrzeuge selbstständig ihren Parkplatz, speichern Strom aus Erneuerbaren Energien, der bisher verloren geht, und geben ihn bei Bedarf wieder ab. Vehicle2Grid (V2G) nennen Experten diese Technologie.

Wenn Tesla-Chef Elon Musk über solche Speichersysteme spricht, redet er vom "Missing Link" – dem fehlenden Teil der Energiewende. Nissan will den kalifornischen Visionär nun links überholen.

Die Technologie sei heute schon marktreif, sagt Willcox. 100 Exemplare des Nissan Leaf und des elektrische Lieferwagens e-NV200 will Nissan für einen Modellversuch damit ausgerüstet. Ein Versuch, der zum Modell für Europa werden soll. „Alleine mit unsere Elektroautos in England könnten wir damit zwei Kraftwerke ersetzen”, erklärt der Nissan-Europachef. Um die Schwankungen bei der Produktion von Erneuerbaren Energien, aber auch beim Verbrauch in den Griff zu bekommen, brauche man diese neue Lösungen. Das Auto muss zu seiner eigenen Tankstelle werden.

In London zeigen die Japaner auch ihre Antwort auf die Powerwall von Tesla. Einen Energiespeicher, der im Haus installiert wird – und wie ein Elektroauto die Energie dann speichern kann, wenn sie günstig ist. „XStorage“ heißt das System bei Nissan. Bei Stromausfällen könne es einen normalen Haushalt für zwei bis drei Tage vorsorgen, verspricht der Hersteller. „Damit sind wir dem Wettbewerb damit vier bis fünf Jahre voraus“, sagt Willcox. Doch das ist mehr Wunschdenken als Wirklichkeit.

Neben Tesla hat auch Daimler längst ein ähnliches Konzept vorgestellt. Und auch etliche andere Riesen mischen im Markt für Batteriespeicher mit: LG Chem aus Südkorea, der bereits Batterien für Elektroautos wie den Chevy Volt von General Motors will sein Geschäft mit Speicherbatterien „aggressiv“ ausbauen. Zahlreiche Startups wie das Schweizerische Alevo oder kalifornische Stem, bei dem der Energieriese Total investiert ist, haben den Markt im Visier.


Ambitionierte Absatzziele

Die Absatzziele von Nissan fallen trotzdem ambitioniert aus: in den kommenden fünf Jahren wolle man 100.000 Exemplare des Heimspeichers verkaufen, sagt Willcox. Dabei ist der Kuchen nicht besonders groß, den sich die Hersteller sich den kommenden Jahren teilen können. Die grüne Branchenberatung GTM Research rechnet zwar auch mit einem Boom im Bereich Batteriespeicherung, der weltweite Umsatz fällt aber laut der Prognose 2019 mit 1,5 Milliarden Dollar recht bescheiden aus.

Mit einem Preis von 4000 Euro für 4,2 Kilowattstunden bewegt sich der Nissan-Speicher preislich auf einem Niveau mit Tesla. Die kalifornische Konkurrenz kommt inklusive Installation auf etwa 6200 Euro für 6,2 Kilowattstunden. Beide kommen so auf etwa 1000 Euro pro Kilowattstunde. In einem Jahrzehnt, so verspricht es Nissan, soll man mit dem Speicher rund 7600 Euro einsparen. Auch weil der Strom, der zurück ins Netz gespeist wird, bezahlt wird.

Für die Hersteller von Elektroautos sind die Energiespeicher auch eine Möglichkeit, ihre gebrauchten Akkus zu verwerten. Gemeinsam mit dem japanischen Elektronikkonzern NEC betreibt der Autobauer eine eigene Akkuproduktion aufgebaut. Vier Milliarden Euro haben die Japaner in bislang in die Batteriesysteme investiert. Und weil bald eine neue Generation des Leaf auf den Markt kommt, braucht Nissan dringend eine Verwertungsmöglichkeit für gebrauchte Batterien.

Mit dem Nachfolger des Leaf, der sich optisch am „IDS Concept“ orientieren soll, wollen die Japaner dann endlich auch optisch eine Antwort auf Tesla finden. Hier hinken sie bisher noch hinterher.

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