Nordex Ein Höhenflug mit drohenden Turbulenzen

Rekordumsatz, sprudelnde Gewinne, volle Auftragsbücher: Nordex schwebt von Erfolg zu Erfolg. Mit einer Mega-Fusion will der Windturbinenbauer Vestas und Siemens Paroli bieten. Doch die Marge der Hamburger ist schwach.

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Das Geschäft mit Windrädern verleiht Nordex weiter Auftrieb. Die Firma meldet einen neuen Geschäftsrekord. Quelle: dpa

Börsianer und Investoren lieben Lars Bondo Krogsgaard. Der Däne im Chefsessel von Nordex begeistert mit seiner ruhigen Art, seinem akzentfreien Deutsch und allem voran: Mit Geschäftszahlen, die stets die eigenen Vorgaben übertreffen. Auf den 50 Jahre alten Manager mit der markanten Hornbrille ist Verlass. Unter seiner Führung schwebt Nordex in immer neue Höhen.

Deutschlands drittgrößter Hersteller von Windturbinen, der wichtigsten Komponente von Windrädern, legte an diesem Freitag die besten Geschäftszahlen der Unternehmensgeschichte vor. Der Umsatz der Hamburger kletterte auf mehr als 2,4 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) konnte sogar mehr als verdoppelt werden – auf rund 126 Millionen Euro. Bereits fest finanzierte Aufträge für 2016 in der Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro lassen zudem weiteres Wachstum erahnen.

Nordex profitiert davon, dass 2015 das erfolgsreichste Jahr für die noch junge Windenergie-Industrie war. Ob an Land oder auf hoher See: Noch nie zuvor wurden so viele Windräder ans Stromnetz angeschlossen wie im vergangenen Jahr. Nach Berechnungen des Analysehauses FTI Intelligence wurden weltweit Windenergieanlagen mit einer Leistung von fast 60 Gigawatt neu installiert. Das entspricht in etwa der Leistung von 60 Kernkraftwerken.

Rückenwind verleiht der Branche zudem das Klimaabkommen von Paris, bei dem sich 195 Staaten darauf einigten, die Erderwärmung zu bekämpfen. Fossile Energien wie Kohle, Öl und Gas sollen demnach schrittweise durch sauberen Sonnen- und Windstrom ersetzt werden. Die Rahmenbedingungen für Nordex und Co. könnten also kaum besser sein – eigentlich. Denn der Pariser Beschluss hat auch Begehrlichkeiten geweckt.

In den ohnehin umkämpften Markt drängen noch mehr Akteure. Das weltweite Wachstum flaut zusehends ab. Das Geschäft mit Windenergie ist längst kein Selbstläufer mehr. Die politischen Rahmenbedingungen für die Industrie verschlechtern sich zusehends. Ab 2017 ändern etwa viele Länder in der Europäischen Union, wie etwa Deutschland, ihr Subventionsregime. Statt staatlich garantierter Vergütungen müssen sich dann Windparkbetreiber im Wettbewerb um die Höhe der Förderungen streiten. Derjenige, der sich mit dem wenigsten Staatsgeld begnügt, bekommt den Zuschlag.


„Ich sehe keinen Platz mehr für einen kleinen Spieler“

Insbesondere die europäischen Märkte dürften an Fahrt verlieren. Lars Bondo Krogsgaard weiß das besser als jeder andere. Denn Nordex macht fast 90 Prozent seines Umsatzes in Europa und Afrika. Der Chef des Hamburger Windturbinenbauers ist alarmiert. Konkurrenten wie der dänische Branchenprimus Vestas, Deutschlands Nummer eins Enercon und Weltkonzerne, wie etwa Siemens und Genereal Electric (GE), greifen Nordex zudem frontal in ihrem Kerngeschäft an. Die Vorherrschaft von Nordex bei hochspezialisierten Windmühlen, die selbst in jenen Gebieten noch sichere Stromerträge versprechen, in denen die meiste Zeit Flaute herrscht, wackelt.

Krogsgaard will Nordex deswegen breiter aufstellen. „Ich sehe keinen Platz mehr für einen kleinen Spieler“, sagte der Manager vor einigen Monaten dem Handelsblatt. Nicht zuletzt die Größe eines Unternehmens werde im Windgeschäft zur Voraussetzung, um „weiter zu existieren“, so Krogsgaard. In der Nische droht dagegen der Untergang.

Um sich für den stärkeren Wettbewerb und das ablaufende Wachstum zu rüsten, fusioniert Nordex gerade mit der spanischen Acciona Windpower. Durch den Zusammenschluss hat Nordex das Potenzial schon bald zu einem der fünf größten Turbinenhersteller für Windkraft an Land weltweit aufzusteigen. Im Gespann mit den Madrilenen können die Hamburger künftig hochpreisige Turbinen für westliche Märkte anbieten und günstige für Schwellenländer. Ein Deal, für den Krogsgaard viel Lob erntet. Der Aktienkurs von Nordex hat sich alleine im vergangenen Jahr verdoppelt. Doch nun keimt auch Kritik auf.

„Nordex zeigt eine extrem starke Umsatzentwicklung. Aber bei diesem Volumen sollte eine bessere Marge reinkommen“, sagte Arash Roshan Zamir dem Handelsblatt. Der Analyst von Warburg Research verweist auf die im Branchenvergleich schlechte Profitabilität von Nordex. Während Vestas mit einer Ebit-Marge von 10,8 Prozent glänzt, schwächeln die Hamburger mit einer Marge von gerade einmal 5,2 Prozent.

Für die schlechte Profitabilität machte Nordex unter anderem einen „hohen Mehraufwand“ bei fremdbezogenen Rotorblättern verantwortlich. „Nordex hat schon länger Probleme mit einem Zulieferer“, erklärt Analyst Roshan Zamir. Offenbar gibt es Qualitätsmängel. „Ungeachtet davon sollte das Unternehmen eine Rentabilität in Höhe des Branchendurchschnitts anvisieren“, sagt der Warburg-Analyst. Im Markt ist jedenfalls mehr Profitabilität möglich. 2016 muss Krogsgaard liefern. Größenwachstum alleine reicht den Anlegern nicht mehr.

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