Langeweile in der Pharmaindustrie – das war einmal. In den vergangenen Tagen überschlugen sich die Meldungen, wer wen kauft und welcher Deal als nächstes anstehen könnte. Mit seiner Ankündigung eines großangelegten Konzernumbaus sorgte der Schweizer Pharmakonzern Novartis für einen Paukenschlag. Ein Überblick über die jüngsten Entwicklungen:
Novartis verkauft seine Geschäfte für Tierarzneimittel und Impfstoffe. Ersteres geht an den US-Konzern Eli Lilly, letzteres an den britischen Konzern GlaxoSmithKline (GSK). Dafür kauft Novartis von GSK das Krebsmittelgeschäft für rund 16 Milliarden Dollar. Zudem gründen Novartis und GSK ein Gemeinschaftsunternehmen für rezeptfreie Medikamente – dazu zählen etwa Klassiker wie das Novartis-Schmerzmittel Voltaren.
Vor wenigen Wochen verkaufte der japanische Pharmakonzern Daiichi Sankyo seine indische Generikatochter Ranbaxy, einen der weltweit größten Hersteller von Nachahmerarzneien, an das indische Unternehmen Sun Pharmaceutical.
Der US-Riese Pfizer soll dem britischen Konzern AstraZeneca, der ebenfalls zu den Top Ten der Pharmabranche zählt, vor Monaten Avancen gemacht haben. Derzeit liegen die Gespräche zwar auf Eis. Doch Pfizer könnte bald einen neuen Versuch starten, heißt es in der Branche. Zudem geraten die beiden Unternehmen auch durch den Kauf des GSK-Krebs-Portfolios durch Novartis unter Druck. Alternativ könnte Pfizer auch das mittelgroße, irische Pharmaunternehmen Shire kaufen, sagen Analysten. Oder sich aufspalten – in ein Geschäft mit patentgeschützten Medikamenten und einen Bereich mit patentfreien Präparaten.
Die Pharmaunternehmen kaufen und verkaufen, spalten ab und bauen auf wie seit Jahren nicht mehr. Dahinter steht der Versuch, durch schlagkräftigere Einheiten künftig mehr Wachstum zu schaffen. Novartis reduziert die Zahl seiner eigenständigen Arbeitsgebiete von drei auf sechs. Daiichi Sanyo hat den Versuch aufgegeben, neben rezeptpflichtigen Präparaten auch noch jede Menge patentfreie Nachahmer-Arzneien zu verkaufen. Und Pfizer – nun ja, in welche Richtung sich der größte Pharmakonzern der Welt entwickelt wird sich bald zeigen. Weg mit dem Ballast, Konzentration ist das Gebot der Stunde. Die Pharmakonzerne scheinen nun erkannt zu haben, dass sie nicht alles gleichzeitig machen können und teilen ihre Kräfte auf.
Konzentration auf wenige Gebiete
In den vergangenen Jahren hatten Umsätze und Erträge der einst klotzig verdienenden Branche gelitten. Patentabläufe, Preisdruck in nahezu allen wichtigen Märkten und zunehmende Generika-Konkurrenz belasteten die Hersteller. Das beste Mittel gegen die Krise sind neue, umsatzstarke Arzneimittel. Wenn sich solche innovativen Mittel nicht in erforderlicher Zahl im eigenen Haus fanden, bedienten sich viele Unternehmen bei Konkurrenten – und kauften kurzerhand zu.
So hat es etwa Pfizer in den vergangenen Jahrzehnten gehalten: Wenn die eigene Pipeline zu wenig hergab, verleibten sich die Amerikaner eben Konkurrenten ein – ehemals stolze, eigenständige Hersteller wie Warner Lambert, Pharmacia oder Wyeth. Viel gebracht hat das nicht: Nach einigen Jahren war die Fusionsenergie verbraucht und Pfizer stand wieder vor einem Wachstumsproblem. Durch die Übernahmen blähten sich auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen auf, was der Kreativität eher Abbruch tat. Auch Novartis kaufte etliche, mittelgroße Pharmaunternehmen auf und hatte zunehmend Probleme, das Riesenreich zu steuern.
Jetzt sind also Zukäufe einerseits, Konzentration auf weniger Gebiete andererseits angesagt. Bald wird sich weisen, ob die Pharmabranche aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt hat.