Nutzfahrzeuge Ab 2023 soll der Stromlaster dem Diesel Konkurrenz machen

Leise, sauber und bald so billig wie Diesel. Warum die Lkw-Industrie schon bald mit dem Durchbruch der Stromlastwagen rechnet.

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Der Mercedes-Benz eActros hat eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern. Quelle: Bloomberg

München Stefan Buchner macht sich keine Illusionen über die Herausforderung. „Wir müssen bei Kosten und Zuverlässigkeit absolut konkurrenzfähig sein“, sagt das Vorstandsmitglied von Daimler-Trucks über sein neues Produkt. Erstmals gibt Mercedes seinen Kunden keinen gewöhnlichen Lkw an die Hand. In diesen Wochen gehen zehn voll elektrische Lastwagen an ausgesuchte Speditionen, die den Stromlaster zwei Jahre lang ausgiebig testen. Danach will Daimler den E-Actros in Serie bauen.

200 Kilometer Reichweite verspricht Daimler seinen Kunden, denen Buchner in den kommenden 24 Monaten ein „Rundum-Sorglos“-andient. Daimler installiert die Ladesäulen, schult die Fahrer und wertet vor allem die Daten aus, die der Strom-LKW auf seinen Fahrten zwischen Supermärkten und Werkhöfen produziert.

Jedes Detail wird wichtig: Routenprofile, Bremsvorgänge, Ladezyklen. „Wir werden von unseren Kunden, aber auch von den Lastwagen hören was funktioniert und was nicht“, hofft Buchner. Denn anders als bei manchem Autofahrern, werden die Speditionen Kinderkrankheiten nicht akzeptieren.

„Unsere Kunden wollen Geld verdienen und deshalb muss die Technik ausgereift sein“, weiß Buchner. Auf der Handelsblatt-Jahrestagung „Trends in der Nutzfahrzeugindustrie“ in München wird deutlich: Die Branche steht unter Strom. Die nicht endende Diskussion über Diesel-Fahrverboten in Innenstädten zwingt die Industrie nun möglichst schnell Elektrolaster in Serie zu bringen.

Doch man tut sich schwer: sowohl die Hersteller als auch die Speditionen haben das Thema bisher auf die lange Bank geschoben. Weil die Post keine elektrischen Lieferwagen bei der Industrie finden konnte, baut sie unter der Marke Streetscooter nun ihre eigenen.

Im Schwerlastverkehr hat Tesla öffentlichkeitswirksam einen Stromlastwagen für die Langstrecke angekündigt. Daimler, Weltmarktführer für Nutzfahrzeuge, ist in Erklärungsnot. „Wir bringen die Innovationen dann, wenn sie marktreif sind“, sagt Buchner trotzig.

Mehr noch als beim Stromauto ist beim Elektrolastwagen die Frage des richtigen Zeitpunktes entscheidend. Lastwagen sind Investitionsgüter, deren Betrieb sich hart rechnen muss. McKinsey-Experte Bernd Heid rechnet bereits 2023 mit einer „Kostenparität“ zwischen Diesel und Stromlastwagen. Den höheren Anschaffungskosten eines Stromlastwagens stehen geringere Energiekosten gegenüber, auch in der Wartung hat ein E-Laster Vorteile.

Viel hängt auch von Infrastruktur und Förderung ab. Je dichter das Netz an Schnelladesäulen, desto schneller können die Lastwagen aufladen und wieder in den Betrieb. Und auch Steuervorteile und Mauterleichterungen können die Wirtschaftlichkeit eines Stromlastwagens schnell verbessern.

Wie beispielsweise in der Schweiz. Dort sind Elektrolaster von der Schwerlastabgabe ausgenommen. Diesel ist nicht subventioniert, der Strom billiger als in Deutschland. Insgesamt macht das einen Kostenvorteil von bis zu 40 000 Euro pro Jahr verglichen mit einem konventionellen Lastwagen. Damit sind die höheren Anschaffungskosten gegenüber einen Diesel-Truck noch nicht aufgewogen, aber es rechnet sich besser als in Deutschland.

Reto Leutenegger hat mit seinem Start-up „E-Force One“ die Lücke erkannt. 18 Lastwagen der Marke Iveco hat „E-Force One“ bereits zu Elektrotrucks umgebaut und verkauft, die Nachfrage steigt. Er sieht sich als Pionier, solange die großen Hersteller wie Daimler die Technik erst noch erproben müssen.

„Ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen ist möglich, wenn der Staat das fördert“, sagt Leutenegger. Auch er macht sich keine Illusionen, dass seine Nische nicht lange Bestand haben wird: „Wir haben zwei bis drei Jahre, bis die Großen Hersteller auf den Markt kommen. Die brechen uns dann das Genick“. Für „E-Force One“ wird es dann aber weitergehen: Mit Elektroantrieben für Boote, Baumaschinen und Traktoren.

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