Öl- und Gasförderung Blockiert, zermürbt und doch optimistisch 

Die deutsche Erdgas- und Erdölindustrie beklagt Umsatzeinbußen und Stillstand. Schuld sei die Politik. Nun will die Branche aber wieder mehr fördern – und hofft darauf, das Fracking irgendwann doch erlaubt wird.

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Die Branche verharrt im Stillstand. Neue Bohrprojekte werden abgesagt oder verschoben. Quelle: dpa

Hannover Matthias Bachman schüttelt den Kopf. „Statt Innovationen zu fördern, wird blockiert und verboten. Das kann sich Deutschland als Exportweltmeister nicht leisten“, schimpft der Wintershall-Vorstand und Vorsitzende des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG). Sechs Jahre lang sei seine Branche wegen unklaren politischen Rahmenbedingungen im Stillstand verharrt. Neue Bohrprojekte wurden abgesagt oder verschoben. Die Folge: Alleine im vergangenen Jahr sind die Umsätze aus der heimischen Öl- und Erdgasförderung um 700 Millionen Euro eingebrochen – auf nur noch 1,8 Milliarden Euro. Das ist ein Rückgang im Vergleich zu 2015 um fast 40 Prozent.

„Dieser Stillstand schlägt deutlich auf unsere Beschäftigung durch“, klagt Bachmann. Mehr als tausend Arbeitsplätze seien dadurch und wegen der niedrigen Öl- und Gaspreise verloren gegangen. Dabei würde die heimische Brennstoffförderung einen „zentralen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten“, erklärt Bachmann. Etwa acht Prozent des Erdgasbedarfs in Deutschland wird über heimische Quellen gedeckt, beim Erdöl sind es gut zwei Prozent. 

Seit Februar 2017 gelten in Deutschland neue gesetzliche Vorgaben für die Erdöl und Erdgasindustrie. Der Rechtsrahmen wurde straffer, die Umweltauflagen erhöht. „Wir bewegen uns weiter in unruhigem Fahrwasser und haben Gegenwind“, sagte Bachmann. Gleichzeit will die Branche auf Basis der neuen Gesetzeslage wieder mehr Erdöl und Erdgas fördern, nachdem die Industrie in den vergangenen Jahre geplante Milliardeninvestitionen auf Eis gelegt hatte.

„Unser unfreiwilliger Boxenstop hat ein Ende. Wir können wieder starten“, sagte Florian Barsch, Deutschland-Chef des weltgrößten börsennotierten Ölkonzerns Exxon Mobil. Nach sechs Jahren in der Warteschleife seien Unternehmen wie Exxon Mobil wieder bereit, der deutschen Förderung eine neue Perspektive zu geben. „Wir werden nun die Projekte angehen, die aufgrund des Gesetzgebungsverfahrens zurückgestellt werden mussten. Dazu werden wir die Antragsunterlagen überarbeiten und uns auf die komplexen Genehmigungsverfahren einstellen“, erklärte Barsch.

Trotz des leichten Optimismus ist das neue Gesetz für die Branche ein herber Dämpfer. Denn das sogenannte unkonventionelle Fracking, bei dem Erdgas in tieferliegenden Gesteinsschichten gefördert wird, ist demnach verboten. Bei dieser umstrittenen Methode wird eine Flüssigkeit unter hohem Druck in die Erde gepresst wird, um Gesteinsschichten aufzubrechen, zwischen denen sich Öl oder Gas befinden. Wegen der Chemikalien, die dabei zum Einsatz kommen, fürchten Kritiker, dass im Zuge des Fracking das Grundwasser verseucht werden könnte.

„Wir haben hier das Gegenteil einer Debattenkultur erlebt, eher eine Stigmatisierung“, flucht der BVEG-Vorsitzende Bachmann. Er hat die Hoffnung aber noch nicht völlig aufgegeben, dass in Deutschland irgendwann auch Fracking in unkonventionellen Lagerstätten zum Einsatz kommt.

Denn das Gesetz sieht auch vor, dass im Jahr 2021 das prinzipielle Verbot der Fördermethode nach einer Pilotphase nochmals zu überprüfen ist. „Öl und Gas sind keine Auslaufmodelle“, erklärte Bachmann. Er erwartet ein klares Bekenntnis der Politik zu heimischen Erdgas und Erdöl. Schließlich würden die beiden fossilen Brennstoffe trotz des Vormarschs von Solar- und Windkraft noch immer mehr als die Hälfte des deutschen Primärenergieverbrauchs abdecken.

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