Opel Diesel-Vergleich ohne Reue

Der Rechtsstreit zwischen der Deutschen Umwelthilfe und Opel endet mit einem Vergleich, aber unversöhnlich. Niemand will von der eigenen Position abrücken. Letztlich gibt der Autobauer eine Unterlassungserklärung ab.

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Der Autobauer hat eine Unterlassungserklärung abgegeben. Quelle: imago/Ralph Peters

Darmstadt Am Ende sehen sich beide Seiten als Sieger. Opel schreibt in einer Pressemitteilung kurz nach Prozessende gar von einem 4:2-Sieg, dabei hatte der Autobauer vor dem Landgericht in Darmstadt in einem Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zwei weitere Werbeaussagen zurücknehmen müssen. Eine davon: „Der Diesel ist so sauber wie ein Benziner“. Das dürfen die Rüsselsheimer über das Modell Zafira mit 1,6 Liter künftig nicht mehr behaupten.

Zwei weitere Werbeaussagen, darunter „Diesel fahren ohne Reue“ musste Opel schon im Vorhinein zurücknehmen. Die DUH hatte danach noch insgesamt sechs Werbeaussagen des Autobauers für den Zafira Diesel mit 1,6-Liter-Motore vor Gericht gebracht. Der eigentliche Erfolg der Opelaner vor dem Landgericht in Darmstadt dürfte es daher sein, dass der Prozess nicht in die nächste Instanz geht. Denn ein langwieriger Streit um Werbeaussagen, die mehrere Jahre zurückliegen, dürfte die Rüsselsheimer am Ende teurer zu stehen kommen als eine Unterlassungserklärung.

Als Schuldeingeständnis wollten die Opel-Vertreter die Einigung vor Gericht nicht verstanden wissen. „Wir geben die Erklärung nicht ab, weil wir etwas eingestehen. Wir sind hier anderer Auffassung“, erklärten die Opel-Anwälte noch Gerichtssaal. So als wolle man sich bereits für weitere Auseinandersetzungen mit der klagefreudigen DUH wappnen.

Die Frage, wie legal die Abgasreinigung von Opel wirklich ist, bleibt allerdings auch nach dem Prozess offen. „Mein Sachverstand Autos betreffend hält sich in Grenzen“, gab die Vorsitzende Richterin Ursula Emmenthal gleich zu Prozessbeginn. Es sei deswegen keinesfalls klar, ob es einen Unterlassungsanspruch gebe.

Kurz: Ob der Zafira schmutziger ist als erlaubt, wollte und konnte auch das Gericht nicht klären. Es handele sich um „ein ganz normales wettbewerbsrechtliches Verfahren“, so die Richterin weiter, also die Frage, ob Opels Werbung in die Irre geführt habe.

Doch schon die Länge der Verhandlung zeigte, wie erbittert die Auseinandersetzung geführt wurde. Dreieinhalb Stunden wurde im Raum 301 des Landgerichts diskutiert, bis der Vergleich stand. Zweimal musste die Sitzung unterbrochen werden.

Die Umwelthilfe verzichtete am Ende darauf, zwei Aussagen weiter zu beanstanden. In einer ging es um eine „Härtetest in Schweden“, den der Zafira und seine Abgasreinigungssysteme laut Opel-Werbung bestanden hätten. Eine weitere Aussage, die von der DUH nicht mehr beklagt wurde, war die Aussage, dass der Opel Zafira 70 Prozent weniger Stickoxide ausstoße als sein Vorgänger.

Doch am Ende betonte auch die Vorsitzende Richterin, dass die DUH sich mit ihren wesentlichen Forderungen durchgesetzt habe. Neben der Aussage, dass der Opel Zafira Diesel genauso sauber sei wie ein Benziner verzichtete Opel am Ende darauf, die Formulierung „vorbildliche Abgasreinigung mit niedrigstem Stickoxid-Ausstoß“ wie im bemängelten Anzeige weiterhin zu verwenden. Andernfalls droht dem Autobauer ein Bußgeld von 5000 Euro.


Fünf Praktikanten sichten Opel-Werbung

In Darmstadt ging es für beide Prozessparteien allerdings nicht um Geld, sondern eher um Gesichtswahrung. Denn in der Sache stand man sich unversöhnlich gegenüber. Immer wieder lieferten sich DUH-Anwalt Remo Klinger und Opel-Vertreter Dominik Wendel von der Kanzlei Noerr kleinere Wortgefechte. Richterin Emmenthal versuchte, die hitzige Diskussion im Gerichtssaal in den Griff zu bekommen. „Es geht um nichts anderes, als eine Plattform für die Presse zu schaffen“, giftete Opel-Anwalt Wedel. Er wolle das Verfahren durch die Unterlassungserklärungen zum Abschluss bringen. „Sie geben nicht nach, sondern kommen einer Verurteilung zuvor“, schlug DUH-Anwalt Klinger zurück.

Schon vor Prozessbeginn standen DUH-Anwalt Klinger und Verkehrsberater Axel Friedrich den anwesenden Journalisten Rede und Antwort. Letzterer vertrat DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Er war aus persönlichen Gründen nicht gekommen. Als Ersatz hat er Verkehrsberater Axel Friedrich geschickt, der auch an den Messungen des betrugsverdächtigen Opel Zafira.

Die Opel-Delegation, die bislang eine transparente Aufklärung der Diesel-Vorwürfe versprochen hatte, zog es vor zu schweigen. Vor Prozessbeginn wollten die anwesenden fünf Vertreter des Konzerns nicht mal ihren Namen verraten. Auch nach dem Prozess verzichtete man auf versprochene Statements und verwies auf eine schriftliche Mitteilung, die später folgen sollte. Auf die transparente Kommunikation, die Opel-Chef Karl-Thomas Neumann nach den Diesel-Vorwürfen versprochen hatte, verzichtet man in Darmstadt weitgehend.

Auch Gericht versuchte Opel die Unterlassung zunächst mit einem juristischen Tricks zu Fall zu bringen. Die Deutsche Umwelthilfe – so die Argumentation der Rüsselsheimer – habe schon lange vorher von den überhöhten Abgaswerten und der entsprechenden Opel-Werbung gewusst, erklärte Opels Anwalt Wendel. Immerhin beschäftige die DUH fünf Praktikanten um entsprechende Werbung zu sichten. Trotz dieser Kenntnisse habe man monatelang auf eine Einstweilige Verfügung verzichtet. „Es fehlt daher an einem Verfügungsgrund, weil die Sache nicht eilbedürftig ist“, erklärte der Anwalt. Eine Haltung, der die Richterin nicht folgen wollte.

Im Rest Verhandlung waren die Rollen klar verteilt. Die DUH berief sich auf den Bericht des Kraftfahrtbundesamtes, bei dem der Opel Zafira unter abweichenden Bedingungen negativ aufgefallen war. Opel stellte sich auf den Standpunkt, dass man die Aussagen unter den geltenden, gesetzlichen Vorschriften zu verstehen habe, also den offiziellen Testverfahren. Daher liege keine Irreführung vor. Immer wieder berief sich Opel-Anwalt Wendel auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, die Bachblütenentscheidung. Wenn ein Unternehmen damit werbe, dass eine Norm eingehalten werde, dann müsse der Verbraucher auch nur damit rechnen.

Da es beiden Seiten vor allem darum, das Ergebnis anschließend verkaufen zu können. Daher wehrte sich DUH-Anwalt Klinger auch bis zum Schluss, die Kosten zu teilen. Am Ende einigte man sich darauf, dass der Autobauer 60 Prozent der Kosten übernimmt. Der Streitwert wurde auf 50.000 Euro festgelegt. Vier Wochen haben die Opelaner nun Zeit, den Vergleich umzusetzen.

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