Die Hauptversammlung des Münchner Osram-Konzerns vor einem Jahr dauerte nicht sehr lange: Fast passend zum Mittagessen, um kurz nach 13 Uhr, war Schluss. Konzernchef Olaf Berlien, von Thyssenkrupp in die bayerische Landeshauptstadt gekommen, um den alteingesessenen Leuchtenkonzern zu führen, war damals gerade sechs Wochen im Amt. Eine fertige Strategie gab es noch nicht, heiße Themen offenbar auch nicht – die Fragen der Aktionäre waren schnell beantwortet.
Das ist in diesem Jahr anders. Berlien hat in den vergangenen zwölf Monaten hart gearbeitet, hat sich sämtliche Osram-Standorte angesehen, außerdem fast alle Konkurrenten des Münchner Traditionshauses besucht. Berliens Plan ist fertig – und er ist umstritten, wie es in der jüngsten Vergangenheit nur wenige Konzernstrategien in Deutschland waren.
Der Traditionskonzern Osram
Der Lichtkonzern Osram konzentriert sich bisher auf fünf Geschäftsfelder. Neben traditionellen Leuchtmitteln wie Halogenlampen und Leuchtstoffröhren bietet das Unternehmen LED-basierte Lampen, Spezialbeleuchtungen vor allem für Autos, LED-Halbleiter sowie Beleuchtungslösungen etwa für Museen. Die frühere Siemens-Tochter war Mitte 2013 an der Börse gestartet. Zuletzt kam das Unternehmen mit weltweit rund 34 000 Beschäftigten auf einen Umsatz von gut 5,1 Milliarden Euro.
Quelle: dpa
Im Jahr 1919 hatte der von der Auer-Gesellschaft mit AEG und Siemens & Halske gegründete Leuchtenhersteller seine Arbeit aufgenommen und das Geschäft mit der Glühbirne geprägt. Der Name Osram, der sich aus den Materialien für Glühdrähte, Osmium und Wolfram, zusammensetzt, wurde zur Weltmarke.
Insgesamt drei Milliarden Euro soll das mehr als 100 Jahre alte Unternehmen, das mit Glühbirnen, Leuchtstoffröhren und Halogenlampen groß geworden ist, in den kommenden Jahren investieren. Zwei Milliarden Euro sollen nach Berliens Willen in die Forschung fließen; für eine Milliarden Euro will der Osram-Chef in Malaysia eine Halbleiterfabrik bauen. LED-Chips für die energiesparenden und langlebigen Lampen auf Halbleiterbasis soll Osram dort in großem Stil bauen.
Union Investment will weder Vorstand noch Aufsichtsrat entlasten
Osram: Die Welt in neuem Licht
Mit der klassischen Glühlampe mit Wolfram-Wendel begann Osrams Aufstieg.
Die Lumilux-Leuchtstofflampen: von zweifelhafter Ästhetik, aber ein Dauerbrenner.
Mit der Einführung der Dulux EL wurde Osram zum Pionier für Energiesparlampen.
Die Colorstar Natrium-Xenonlampe schaffte neue Dimensionen an Effizienz und Licht.
Die LED-Technik stellt all die anderen Leuchten in den Schatten. Sie gilt als der neue Maßstab.
Nicht wenige Investoren sind entsetzt. Als Berlien seinen Plan im November präsentierte, stürzte die Aktie des Leuchtenkonzerns um fast 30 Prozent ab. Das eine: Durch die großen Investitionen dürfte die Marge des Unternehmens mit zuletzt fast sechs Milliarden Euro Umsatz und rund 33.000 Mitarbeitern im laufenden Geschäftsjahr von gut zehn Prozent auf gut sechs Prozent sinken. Das andere: Am Halbleitermarkt gibt es große Überkapazitäten; die Preise für LED-Chips fallen jedes Jahr um rund 15 Prozent. Warum baut Osram da noch ein Halbleiterwerk, fragen sich viele.
Manche Aktionärsvertreter wie etwa Michael Muders von Union Investment wollen darum am Dienstag weder Vorstand noch Aufsichtsrat entlasten. Für Spannung ist gesorgt auf der Hauptversammlung.