Osram Was der China-Deal für Osram bedeutet

Mit dem Verkauf des Lampengeschäfts an ein chinesisches Konsortium kommt Konzernchef Olaf Berlien seinem Ziel ein großes Stück näher: Aus dem Münchner Traditionshaus soll ein schlagkräftiger High-Tech-Konzern werden.

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Das Lampengeschäft von Osram geht an ein Konsortium aus China. Quelle: REUTERS

Die vergangenen sechs Wochen sind Olaf Berlien deutlich anzusehen: Unter den Augen des Osram-Chefs haben sich schmale dunkle Ringe gebildet, mitunter wirkt er ein wenig ungeduldig. „Es gab in den letzten Wochen kaum eine Nacht, in der wir mehr als vier Stunden geschlafen haben“, erzählt Berlien. Die teils zähen Verhandlungen mit den Investoren aus China haben ihre Spuren hinterlassen. Doch am Mittwoch kann der Osram-Chef endlich Vollzug melden.

Berlien steht im 20. Stock der Konzernzentrale im Norden Münchens und verkündet das „Resultat sehr harter Arbeit“: Das Geschäft mit konventionellen Glühbirnen, Halogenlampen, Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren, aber auch LED-Lampen für den Hausgebrauch, geht an ein Konsortium aus China. Angeführt wird das Käufer-Trio von dem Unternehmen MLS, einem Hersteller von LED-Lampen und Komponenten aus Zhongshan im Süden Chinas. Mit im Boot sitzen die Finanzinvestoren IDG Capital Partners und Yiwu, beide ebenfalls aus Südchina. Rund 400 Millionen Euro werden die drei für das Osram-Lampengeschäft nach München überweisen.

Mit dem Verkauf der Sparte, die unter dem Namen Ledvance firmiert, kommt Berlien seinem Ziel einen großen Schritt näher, Osram zu einem Technologiekonzern zu machen. Der soll nun vor allem von der Spezial- und Automobilbeleuchtung, von komplexen Lichtlösungen und optischen Halbleitern leben. Damit soll Osram im Jahr 2020 einen Umsatz von fünf Milliarden Euro und einen Gewinn vor Steuern (Ebita) von 900 Millionen Euro erzielen.

Osram: Umsatz nach Geschäftsfeldern

„Um das Unternehmen zukunftsfest zu machen, ist der Verkauf des Lampengeschäfts der absolut richtige Schritt", sagt David Vos, Analyst bei Barclays in London. Experten der Deutschen Bank haben ausgerechnet, dass der Verkauf Osrams Ebita-Marge unmittelbar von etwa 10 auf 13 Prozent heben würde.

Unter den Beschäftigten des Lampengeschäfts macht sich unterdessen Nervosität breit. 8800 Menschen arbeiten weltweit in der Sparte, ein Großteil davon in den deutschen Werken, in Augsburg, Berlin und dem bayrischen Eichstätt. Sie sind Kummer gewöhnt. In mehreren Runden hat Osram in den vergangenen Jahren weltweit Tausende Stellen abgebaut. Und die letzte Streichrunde, noch unter Berliens Vorgänger Wolfgang Dehen eingeleitet, läuft noch bis Ende 2017. Heißt: Es fallen weitere Jobs weg.

Fragen für die Mitarbeiter bleiben

Zwar gelten die Tarifbindung und laufende Betriebsvereinbarungen bis zum Jahr 2018. Doch wie es mittelfristig unter dem neuen Eigentümer aus China weitergeht, ist ungewiss. Eine Beschäftigungsgarantie wie beim Roboterhersteller Kuka, den ebenfalls Chinesen kaufen, gibt es bei Osram nicht.

Wohl nirgendwo sonst ist der Wandel in der Lichtindustrie so greifbar wie in der Augsburger Fabrik von Osram. In den lang gezogenen, grauen Fabrikhallen an der Berliner Allee fertigen die Arbeiter jährlich 70 Millionen Leuchtstoffröhren. Vor ein paar Jahren waren es noch 150 Millionen. Zwei von vier Fertigungslinien stehen still. Die Zukunft gehört der langlebigen und energieeffizienten LED-Lampe.

In den oberen Etagen des Osram-Konzerns gibt es keine Zweifel daran, dass die Chinesen ein guter Eigentümer sein werden. Von Anfang an habe man einen Käufer gesucht, der „Erfahrung in der Lichtbranche hat und das Lampengeschäft verantwortungsvoll weiterentwickeln kann“, heißt es. Erfahrung hat MLS ohne Zweifel. Das Kürzel steht für „Mulinsen“, in der englischen Übersetzung „Forest Lighting“. Das 1997 gegründete Unternehmen ist mit einem Umsatz von rund 525 Millionen Euro und rund 12.500 Mitarbeitern Marktführer bei LED-Lampen in China. Trotz sich abkühlender Konjunktur, hoher Überkapazitäten und hartem Wettbewerb konnte MLS seinen Umsatz im Januar um neun Prozent steigern.

Ausgewählte Beteiligungen chinesischer Unternehmen in Deutschland 2015

Und MLS ist auf Expansionskurs. Im Juli kündigte das börsennotierte Unternehmen die Übernahme einer chinesischen LED-Firma für umgerechnet 200 Millionen Euro an. Kurz zuvor hatte der Konzern ein Unternehmen aus Hongkong gekauft. Der Zuschlag aus München soll MLS den Zugang zum europäischen und amerikanischen Markt erleichtern. Den Namen Osram dürfte der Konzern weiter nutzen. Die Übernahme würde ihn zum weltweit drittgrößten Hersteller von LED-Lampen machen.

Die Arbeitnehmervertreter versuchen, die Verunsicherung in der Ledvance-Belegschaft zu zerstreuen. „Die Transaktion ist eine gute Nachricht für Ledvance“, sagt Michale Knuth, stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats bei Osram und Sprecher der IG Metall in Bayern. „Das Konsortium wird die Vereinbarungen mit dem Betriebsrat und der IG Metall einhalten. Der weltweite Hauptsitz von Ledvance ist weiterhin Garching.“ Damit unterliege das Unternehmen weiter der deutschen Mitbestimmung.

Die neuen Eigentümer aus China haben mit den Münchnern vereinbart, dass sie den Osram-Markennamen weiter nutzen dürfen. Dafür zahlen sie über die kommenden zehn Jahre einen höheren zweistelligen Millionenbetrag. Außerdem hat MLS mit Osram eine Liefervereinbarung geschlossen: Sobald die Fertigung in der neuen Osram-Halbleiterfabrik im malaysischen Kulim angelaufen ist, werden die Chinesen dort LED-Chips kaufen.

Willi Sattler, Betriebsrat bei Osram in Augsburg, hat bereits klare Forderungen an den Käufer aus China. Dieser solle „vor allem in die Fertigung von LED-Lampen investieren“, wünscht sich der Arbeitnehmervertreter. Deren Anteil am Ledvance-Geschäft liegt aktuell bei 30 Prozent und ist 2015 um 30 Prozent gewachsen. Ein wenig kann Sattler in Augsburg in die Zukunft blicken: Auf den Leuchtstoff-Fertigungslinien an der Berliner Allee testet das Unternehmen gerade die Produktion von LED-Lampen.

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