Pharmakonzern Mehrheitseigner nehmen letzte Hürde für Stada-Übernahme

Die Stada-Aktionäre billigen auf der Hauptversammlung den Beherrschungsvertrag. Die Mehrheitseigner können den Konzern nun nach ihren Plänen umbauen.

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Die Hauptversammlung des Pharmakonzerns hat den Beherrschungsvertrag mit Nidda Healthcare gebilligt. Quelle: dpa

Frankfurt Nach langwieriger Diskussion haben die Stada-Aktionäre auf der Hauptversammlung den geplanten Beherrschungsvertrag mit der Holding Nidda Healthcare gebilligt. Die Mehrheitseigner Bain und Cinven haben damit freie Bahn, den Pharmahersteller nach ihren Plänen weiter zu entwickeln. Die Konditionen des Beherrschungsvertrages dürften aber vor Gericht überprüft werden. Kleinaktionäre wittern Potenzial für noch höhere Bewertungen.

Viele detaillierte, kritische Fragen, Vorwürfe gegen den Versammlungsleiter, Zweifel am künftigen Firmenchef, bis hin zu Klagen über die Beleuchtung und die Schwierigkeiten bei der Anfahrt zum Tagungsort im Congress Center der Frankfurter Messe.

Der Pharmahersteller Stada erlebte einmal mehr ein langwieriges und teilweise auch hitziges Aktionärstreffen. Der einzig entscheidende Tagesordnungspunkt: Ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem neuen, von den Finanzinvestoren Bain und Cinven kontrollierten Mehrheitseigner Nidda Healthcare, wurde am Ende gleichwohl mit klarer Mehrheit von 99,35 Prozent der Stimmen gebilligt. Und dieses Ergebnis stand während der fast achtstündigen Hauptversammlung im Grunde nie in Frage.

Denn Bain und Cinven halten nach ihrem erfolgreichen Übernahmeangebot über die Holding Nidda Healthcare rund 65 Prozent des Stada-Kapitals und verfügten damit alleine bereits fast über eine qualifizierte Mehrheit auf der Hauptversammlung. Vertreten waren insgesamt etwas über 88 Prozent des Grundkapitals, darunter auch die rund 15 Prozent, die der aktivistische US-Investor Paul Singer über seine Investmentgesellschaft Elliott Partners aufgebaut hatte. Sie stimmte ebenfalls zu.

Der Beherrschungsvertrag garantiert den Minderheitsaktionären eine Abfindungszahlung von 74,40 Euro je Aktie oder eine jährliche Ausgleichszahlung von 3,53 Euro je Aktie nach Körperschaftssteuer. Diese Abfindung orientiert sich im Prinzip exakt an der Forderung von Paul Singer, der im vergangenen Herbst bereits signalisierte, dass er zu diesen Konditionen einem Beherrschungsvertrag zustimmen würde. Sie ist zugleich auch durch ein Wertgutachten von Value Trust unterlegt sowie durch ein bestätigendes Gutachten der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft AKDL.

Dabei wiederum wurden Planungen von Stada zugrunde gelegt, die einen Umsatzanstieg bei dem Pharmahersteller von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 2,68 Milliarden Euro im Jahr 2020 unterstellen. Das Betriebsergebnis (EBIT) soll danach von 330 auf 432 Millionen zulegen, der Nettogewinn soll bis 2020 auf 288 Millionen Euro steigen und in den nachfolgenden Jahren auf 346 Millionen Euro klettern. Das würde immerhin einem Gewinn von rund 5,50 Euro je Aktie entsprechen.

Value Trust habe diese Planungsrechnung als ambitioniert, aber nicht übertrieben beurteilt, sagte Aufsichtsratsvorsitzender Günter von Au. Mehrere Aktionäre indessen kritisierten Plandaten und Grundannahmen der Bewertungsgutachten als unzulänglich und eher zu niedrig. „Ist die Planungsrechnung nicht zu vorsichtig?“, fragte etwa Dieter Tassler von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).


Vorstände kassierten Millionen

Etliche Aktionäre, darunter auch der als Anfechtungskläger bekannte Manfred Klein, machten zudem deutlich, dass man die Konditionen wohl in einem so genannten Spruchstellenverfahren gerichtlich überprüfen lassen wird. „Die Stada-Aktie wird noch eine dreistellige Bewertung sehen“, zeigte sich Klein überzeugt, der ausdrücklich auch den Einstieg Paul Singers als im Interesse der Stada-Kleinaktionäre lobte.

Ohne dessen Engagement wäre die Bewertung für den Beherrschungsvertrag wohl deutlich niedriger ausgefallen. Der Börsenkurs von Stada bewegt sich schon seit Monaten deutlich über dem Abfindungspreis. Am Freitag notierte die Aktie bei knapp 87 Euro.
Singer stimmte ebenfalls für den Beherrschungsvertrag. Eine Entscheidung über die weiteren Pläne des US-Investors bei Stada ist noch nicht gefallen, wie ein Vertreter des Fonds andeutete.

Unterdessen wurde einmal mehr deutlich, dass der Umbruch und Mehrheitswechsel bei Stada mit erheblichen Kosten für das Unternehmen einherging. So addierten sich die Beratungskosten im Zusammenhang mit der Übernahme durch Bain und Cinven und den Bewertungsgutachten nach Angaben von Firmenchef Claudio Albrecht im vergangenen Jahr auf 39,4 Millionen Euro.

Die Vorstände Engelbert Tjieenk Willink und Bernhard Düttmann, die im Sommer kurzfristig für die abberufenen Vorstände Matthias Wiedenfels und Helmut Kraft in den Stada-Vorstand berufen wurden, erhielten für ihre kurze Tätigkeit zusammen 2,9 Millionen Euro. Ob gegen die frühere Vorstände Wiedenfels, Kraft und Hartmut Retzlaff Schadensersatzansprüche besehen wegen möglicher Verfehlungen in deren Vorstandszeit, lässt der aktuelle Stada-Vorstand derzeit überprüfen. Ergebnisse dieser Untersuchungen werde man voraussichtlich zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung im Sommer präsentieren können, sagte Albrecht.

Albrecht, der im September auf Wunsch von Bain und Cinven die Führung bei Stada übernommen hatte, wird das Amt nach nur einem Jahr bereits wieder abgeben an einen neuen nominierten Vorstandsvorsitzenden, den bisherigen Novartis-Manager Peter Goldschmidt. Der 53-jährige Goldschmidt soll im September die Führung von Stada übernehmen, während Albrecht dann voraussichtlich in den Aufsichtsrat wechselt. Er hat lange Jahre Erfahrung in der Generikabranche mit verschiedenen Stationen bei der Novartis-Generikatochter Sandoz. Derzeit führt er dort das US-Geschäft. Der Manager wird der vierte Vorstandsvorsitzende des Unternehmens in etwas mehr als zwei Jahren.

Auch dieser Wechsel wurde von einigen Aktionärssprecher kritisch bewertet, während Aufsichtsratsvorsitzender von Au die Berufung nachdrücklich verteidigte. Goldschmidt bringe langjährige Erfahrung im Geschäft mit und habe in seiner bisherigen Position große Führungsstärke gezeigt. „Er bringt alle Voraussetzungen mit, um bei Stada erfolgreich zu sein.“

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