Photovoltaik-Markt Das Ende der Sonnenfinsternis naht

Deutschlands Solarindustrie verharrt im Krisenmodus. Im vergangenen Jahr ist der heimische Photovoltaikmarkt weiter geschrumpft. Doch wegen des Preisverfalls bei Modulen und Akkus ist die Branche hoffnungsfroh wie nie.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
In Deutschland lohnt sich die Installation von Solaranlagen immer mehr – trotzdem hinkt der Markt der weltweiten Entwicklung noch hinterher. Quelle: obs

Düsseldorf Es ist ein Drama, das kein Ende zu finden scheint. Während Solarenergie weltweit boomt und zweistellige Wachstumsraten verzeichnet, liegt der deutsche Markt weiterhin in Trümmern. Ausgerechnet im Geburtsland der Sonnenindustrie dürfte der Markt 2016 das vierte Jahr infolge geschrumpft sein – das zeigen neue Zahlen der Bundesnetzagentur.

Demnach wurden von Januar bis September nur noch Solaranlagen mit einer Kapazität von 791 Megawatt neu installiert. Für die Monate Oktober, November und Dezember liegen zwar noch keine abschließenden Zahlen vor, aber bereits die Daten aus den ersten neun Monaten zeigen: Das Niveau von 2015 ist de facto nicht mehr zu erreichen. Schließlich wurden damals noch Anlagen mit einer Kapazität von 1460 Megawatt neu installiert.

Seit dem Boom der Solarwirtschaft um das Jahr 2010 ist der Photovoltaik-Zubau in Deutschland immer weiter eingebrochen. Viele deutsche Solarmodulhersteller- und Zulieferer schlitterten im Wettstreit mit chinesischen Anbietern in die Insolvenz. Fast 90.000 Arbeitnehmer im Solarsektor verloren hierzulande ihren Job. Doch nun keimt Hoffnung auf, dass der Niedergang endlich endet. Schließlich gibt es trotz des erneuten Markteinbruchs einen Lichtblick.

Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft ist die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen in einem Teilsegment, jenem fürs Eigenheim oder Gewerbedach, in den vergangenen Monaten spürbar gestiegen. Zwischen März und November 2016 gab es in diesem Segment einen Zuwachs von rund 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Grund: die rasant fallenden Solarmodulpreise.

Zwischen 2009 und 2015 sind die Preise um mehr als 80 Prozent gesunken. 2016 hat es dann nochmal einen Preisrutsch von mehr als 30 Prozent am Weltmarkt geben. Trotz gekappter Förderungen ist Solarstrom nun so günstig wie nie zuvor.

„Solarstrom vom Eigenheim- oder Gewerbedach ist oft nur noch halb so teuer wie vom Stromversorger“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Die Sonnenstromernte vom eigenen Dach lohne sich bereits nach wenigen Jahren. Körnig ist zuversichtlich, dass die Anzahl neu installierter Solarstromanlagen 2017 erstmals seit fünf Jahren wieder spürbar wachsen könnte. „Verbesserte Förderkonditionen, geringere Abgaben und eine höhere Investitionssicherheit dürften den Inlandsmarkt für Solarstromanlagen und Batteriespeicher beleben“, erklärt Körnig.


„Zubau in die Gänge bringen“

Dirk Briese, Marktforscher und Spezialist für die deutsche Energiewirtschaft, teilt diese Einschätzung: „Gerade in Kombination mit Speichern lohnt sich die Installation von Photovoltaikanlagen für Eigenheimbesitzer und Gewerbetreibende, die auf Autarkie und Ökologie setzen.“ Die Investition in einen Solarstromspeicher wird von der Bundesregierung mit günstigen Krediten und einem Tilgungszuschuss gefördert. Solarstrom, der nicht vor Ort benötigt und nicht gespeichert wird, fließt ins öffentliche Netz und wird Eigenheimbesitzern mit aktuell gut zwölf Cent pro Kilowattstunde vergütet.

Während sich die Förderung für Grünstrom, der ins Netz eingespeist wird, bis 2020 auf etwa 6,8 Cent pro Kilowattstunde halbieren dürfte, klettert der Strompreis laut Berechnungen der Unternehmensberatung PWC im gleichen Zeitraum auf rund 34 Cent pro Kilowattstunde. Die Folge: Es wird von Jahr zu Jahr nicht nur rentabler selbst Solarstrom zu erzeugen, sondern die Sonnenergie vom Tag auch für die Nacht- und Abendstunden zu speichern.

Das haben offenbar auch Verbraucher in anderen Ländern bereits festgestellt. Weltweit boomt der Solarmarkt, vor allem im asiatischen Raum – nur in Deutschland nicht. Ausgerechnet in dem Land, das beim Thema Energiewende als Vorreiter gilt.
Carsten Bovenschen, Geschäftsführer des Photovoltaikanlagenherstellers Solarwatt, hält dagegen: „Der deutsche Solarmarkt ist den anderen in vielerlei Hinsicht voraus. Wir produzieren Solarstrom, um ihn selbst zu verbrauchen, während andere mithilfe hoher Einspeisevergütung den Zubau von Solaranlagen erst in die Gänge bringen.“ Das erkläre die vergleichsweise hohen Zubauraten für Photovoltaikanlagen in anderen Ländern.

Die Möglichkeit der Selbstversorgung mit Solarstrom vom Dach und zusätzlichem Stromspeicher habe sich unter deutschen Eigenheimbesitzern allerdings noch nicht genug herumgesprochen. „Diese Kombination ist erst seit etwa eineinhalb Jahren wirtschaftlich sinnvoll verfügbar“, sagt Bovenschen. Auch er ist überzeugt: 2017 wird die Nachfrage nach Solaranlagen ansteigen – insbesondere bei Eigenheimbesitzern.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%