Photovoltaikkonzern Trübes Licht bei Solarworld

Deutschlands größter Solarmodulhersteller dürfte 2016 abermals Verluste schreiben. Nicht einmal die bereits korrigierte Prognose von Solarworld ist noch zu halten. Der Konzern kämpft an mehreren Fronten ums Überleben.

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Fahnen des Solar-Modul Herstellers Solarworld: Der Solarworld Photovoltaikkonzern kappt erneu seine Prognose. Quelle: dpa

Düsseldorf Krise, Krise und kein Ende in Sicht: Solarworld schockt erneut seine Aktionäre. In einer Ad-hoc-Mitteilung kassierte Deutschlands größter Photovoltaikkonzern am späten Freitagabend seine Prognose – mal wieder.

Die letzte Gewinnwarnung der Bonner liegt keine drei Monate zurück. Damals stellte Solarworld noch in Aussicht, im Gesamtjahr möglicherweise einen marginalen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) zu erzielen. Doch nicht einmal dieses Minimalziel scheint noch erreichbar. Im Gegenteil. Auch die Umsatzprognose ist Makulatur.

Solarworld wird zwar voraussichtlich seinen Absatz wie geplant um etwa 20 Prozent steigern können, aber die angepeilte Umsatzmilliarde ist wohl nicht mehr erreichbar. Der Grund: Die Preise für Solarmodule sind wegen massiven Überkapazitäten im freien Fall.

Nach Berechnungen des Analysehauses IHS betragen die Produktionskapazitäten der globalen Solarmodulhersteller zusammengerechnet etwa 110 Gigawatt pro Jahr. Gleichzeitig dürften dieses Jahr aber nur 72 Gigawatt Kapazität an Solarmodulen neu installiert werden.

„Wir haben es hier mit Überkapazitäten von mehr als 50 Prozent zu tun“, sagte Henning Wicht kürzlich dem Handelsblatt. „Es gibt schlichtweg zu viel Angebot und zu wenig Nachfrage“, erklärte der IHS-Solarexperte.

Die Folge: Die Preise für Solarpaneele sind alleine im ersten Halbjahr 2016 um gut 25 Prozent eingebrochen. Weil die Binnennachfrage in China im 3. Quartal erodiert ist, „haben chinesische Hersteller ihre Lagerbestände zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt angeboten, was zu einem globalen Preisverfall geführt hat“, erklärte Solarworld seinen Anteilseignern schriftlich die aktuelle Notlage.

Erst vor gut einem Monat kündigte Solarworld an, sich bis zum Jahresende an seinen beiden deutschen Produktionsstandorten in Sachsen und Thüringen von rund 500 Zeitarbeitern zu trennen. Zudem wird die Produktion im vierten Quartal „maßvoll“ gedrosselt.

Um alle finanziellen Spielräume auszunutzen, hat Solarworld in 2016 fällige Zinszahlungen auf die beiden bestehenden Anleihen bis zu Jahr 2019 gestreckt. Doch selbst diese Sparmaßnahmen reichen offenbar nicht aus, um den schwer angeschlagenen Photovoltaikkonzern zurück in die Gewinnzone zu bringen.

Solarworld drücken noch immer Nettoschulden in der Höhe von mehr als 233 Millionen Euro. Im Tagesgeschäft verdient das Unternehmen kaum Geld. Die Eigenkapitalquote ist im ersten Halbjahr 2016 auf weniger als 22 Prozent abgesackt.

Und zu allem Überfluss schwebt über Solarworld auch noch ein juristisches Damoklesschwert – ein existenzbedrohender Rechtsstreit. Im Juli verdonnerte ein US-Gericht Solarworld in einem erstinstanzlichen Urteil dazu, umgerechnet 720 Millionen Euro Schadensersatz an den Siliziumhersteller Hemlock Semiconductor wegen nicht eingehaltener Lieferverträge zu zahlen.

Wird der Richterspruch in zweiter Instanz bestätigt drohen Solarworld negative Auswirkungen „bis hin zur Bestandsgefährdung“, wie es im Geschäftsbericht des Konzerns heißt. Solarworld geht allerdings davon aus, den Rechtsstreit zu gewinnen, da die Verträge mit Hemlock etwa gegen EU-Kartellrecht verstoßen würden und damit nichtig seien.

Solarworld galt einst als deutsches Vorzeigeunternehmen. Zur Hochphase des Photovoltaikbooms war die Firma rund 4,6 Milliarden Euro an der Börse wert.

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