An Besuchern aus der Politik mangelte es zuletzt nicht bei den insolventen MV Werften. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war Anfang der Woche vor Ort in Wismar. Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, hatte schon im Januar die gewaltigen Hallen der Werft besucht, in denen derzeit das größte Kreuzfahrtschiff der Welt – die Global Dream – auf seine Vollendung wartet. Habeck wie Schwesig versprachen den Beschäftigten der Unternehmensgruppe zwar ihre Unterstützung. Doch für weitaus mehr Hoffnung dürften in der Belegschaft derzeit nicht die Politiker, sondern andere „Besuchergruppen“ sorgen.
„In den vergangenen Tagen haben sich bereits Vertreter verschiedener Interessenten das Schiff vor Ort in Wismar angesehen und es sind weitere Termine geplant“, sagte Christoph Morgen, vorläufiger Insolvenzverwalter der MV Werften, der WirtschaftsWoche. Er sei daher weiter „optimistisch, dass es gelingt, einen Käufer für die Global Dream finden“. Das Kreuzfahrtschiff mit Platz für 9500 Passagiere ist zu etwa 75 Prozent fertiggestellt. Die restlichen Baukosten werden auf 500 bis 600 Millionen Euro geschätzt.
„Ideal wäre es, wenn die Global Dream in Wismar fertig gebaut wird, um Beschäftigung zu halten und Zeit für die Entwicklung neuer Nutzungskonzepte zu gewinnen.“ Aber auch wenn das nicht gelingt, gebe es „Chancen für einen Weiterbetrieb der Werft mit Investoren, die eigene, neue Arbeit mitbringen.“
Die meisten der Interessenten hätten einen Hintergrund als Kreuzfahrtschiffbetreiber, sagte Morgen. Zudem gäbe es aber auch potenzielle Käufer, „die ein Einstiegspaket kaufen möchten, um in den asiatischen Markt für Kreuzfahrtschiffe einzusteigen.“
Der Zeitplan für den Verkaufsprozess steht bereits. „Läuft alles nach Plan, werden wir bis Ende Mai mit einem Investor eine Absichtserklärung (Letter of Intent) für den Kauf der Global Dream und die Modalitäten für einen Weiterbau in Wismar vereinbaren“, sagte Morgen der WirtschaftsWoche. Anschließend müssten die Details fixiert und mit den Zulieferern abgestimmt werden. „Im besten Fall könnte dann im Sommer die Arbeit auf der Werft wieder aufgenommen werden und ab Herbst mit voller Kraft an der Fertigstellung des Kreuzfahrtschiffs gearbeitet werden“, sagte Morgen. „Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.“
Um in der Zwischenzeit die Beschäftigten an Bord zu halten, arbeite die Insolvenzverwaltung „mit Hochdruck daran, an allen Standorten der MV Werften Transfergesellschaften für insgesamt 1600 bis 1800 Mitarbeiter zu ermöglichen“, sagte Morgen. Die Zeit drängt: Anfang März werden die MV-Insolvenzverfahren eröffnet und die Zahlung des Insolvenzgelds endet. Rund 200 Mitarbeiter würden für die Aufrechterhaltung des Betriebs gebraucht und um gegebenenfalls rasch den Bau der Global Dream fortsetzen zu können. „Die Kosten für solche Transfergesellschaften sind erheblich“, sagte Morgen.
Ein dritter Kaufkandidat für die Lloyd-Werft
Für die MV Werften gehe es demnach um monatliche Belastungen von insgesamt mehr als sechs Millionen Euro, verteilt auf die unterschiedlichen Standorte. „Aus insolvenzrechtlichen Gründen wird es allenfalls möglich sein, eine Anfangsfinanzierung für vier Monate zu gewährleisten“, sagte Morgen der WirtschaftsWoche.
Fortschritte sich Insolvenzverwalter Christoph Morgen nicht nur in Wismar. „Rasche Lösungen zeichnen für den Standort Stralsund und für die Lloyd-Werft ab“, sagte er. „Die Stadt Stralsund will das Werft-Grundstück zum 1. März kaufen. Auf dem Gelände soll ein maritimer Industrie- und Gewerbepark entstehen“, so Morgen. „In der kommenden Woche werden wir gemeinsam mit der Stadt und mehreren potenziellen Nutzern das weitere Vorgehen besprechen.“ Außerdem gebe es neben der Stadt weitere Interessenten für die Werft.
Bei der im Zuge der MV-Insolvenz in Schwierigkeiten geratenen Lloyd-Werft in Bremerhaven „sind wir sind in fortgeschrittenen Verkaufsverhandlungen und rechnen mit einem Abschluss Anfang März“, sagte Morgen. Neben der Bremerhavener Rönner-Gruppe hatte zuletzt der Schiffs- und Yachtbauer Al Seer Marine aus dem arabischen Emirat Abu Dhabi Kaufinteresse signalisiert. „Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen“, sagte Morgen. Zudem gibt es offenbar einen weiteren möglichen Käufer: „Neben den zwei bekannten Bietern hat zudem ein weiterer Interessent aus dem näheren Umfeld für kommende Woche ein verbindliches Angebot angekündigt“, so Morgen.
Die MV Werften hatten am 10. Januar Insolvenz angemeldet, nachdem dessen alleiniger Gesellschafter, der Konzern Genting des malaysischen Milliardärs Lim Kok Thay, sich nicht an einer möglichen weiteren Staatshilfe für das Unternehmen hatte beteiligen wollen. Kurz darauf meldete auch Gentings Kreuzfahrttochter Dream Cruises Insolvenz an.
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