Peter Kurth weiß, dass der Müllhandel ein Imageproblem hat. Er hat deshalb eine Präsentation vorbereitet, voller Folien mit bunten Diagrammen. 417 Millionen Tonnen Abfall fallen in Deutschland an, steht zum Beispiel darauf. Aber nur zehn Millionen Tonnen davon exportieren die deutschen Firmen. Der Müll kommt aus der Baubranche, aus den Fabriken – und nur zu einem kleinen Teil aus den Tonnen vor den Häusern, heißt es weiter in den Folien.
Kurth ist Präsident des Bundesverbandes Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE). Seine Mitglieder sind Recycler und Müllhändler, deshalb ist das Imageproblem von Müllexporten auch sein Problem. Sie exportieren Metalle, Glas oder Papier. Der Export sei wichtig – damit internationale Märkte funktionieren. Nur Plastikabfälle, sagt er dann irgendwann doch, die seien „problematisch.“
Wie problematisch, das zeigt ein vor wenigen Tagen veröffentlichter Bericht der internationalen Polizeiorganisation Interpol. „Aufkommende kriminelle Trends im globalen Plastikabfallmarkt seit Januar 2018“, hat die Organisation den Bericht überschrieben. Auf 61 Seiten warnt Interpol vor illegalen Aktivitäten im Müllhandel. So wie die illegalen und schmutzigen Recyclinganlagen in Südostasien – oder die vermehrten Brände von Müllhalden in Europa.
Der Bericht zeigt: Der internationale Handel mit Plastikmüll funktioniert nicht. Denn oft rechnet sich die Wiederverwertung von Plastik nicht. Für Kunststoffrecyclate gibt es kaum einen Markt. Und so sind die Kunststoffabfälle – selbst wenn sie technologisch wiederverwendbar wären – wirtschaftlich gesehen kaum etwas wert. Das führt dazu, dass Kriminelle sich den Handel mit den Abfällen zu eigen machen. Und – obwohl es laut Gesetz nicht sein darf – dass Plastikmüll zu oft in der Umwelt landen.
Nun sind Exporte von Abfällen an sich nicht das Problem. In einer arbeitsteiligen Welt sind sie sogar nötig: Länder, die selbst keine Recyclinganlagen haben, exportieren ihre Abfälle besser dorthin, wo diese auch fachgerecht aufgearbeitet werden können. Altpapier fällt nicht immer dort an, wo die Papierfabriken stehen – also muss es dorthin geschickt werden. Und das Metallrecycling ist nun mal dort am günstigsten, wo die Energiekosten niedrig sind.
Wer verstehen will, warum ausgerechnet der Handel mit dem Plastikmüll für so viele Probleme sorgt, der muss drei Jahre zurückblicken: Noch 2017 war China der größte Plastikimporteur der Welt. PET-Flaschen, Folien, Produktionsreste, alles gepresst in Ballen erreichten jedes Jahr millionenfach die chinesischen Häfen. Nur waren die selten so sauber und sortenrein, wie die Zollpapiere behaupteten. Also erließ die chinesische Regierung Regeln, die in der Praxis einem Importstopp für Plastikabfälle gleichkamen. Der Markt kollabierte.
Seitdem schiffen viele Länder ihren Müll in andere südostasiatische Länder – allen voran Malaysia. Schnell gelangten Bilder um die Welt, von illegalen Mülldeponien so groß wie Fußballstadien, von giftigem Rauch über Palmenplantagen. Der malaysischen Recyclingindustrie fehlte es an der Kapazität, all die Kunststoffabfälle zu verarbeiten. Und so siedelten sich viele illegale Fabriken an.