Porsche Sportwagenbauer denkt über Diesel-Ausstieg nach

Porsche könnte in naher Zukunft aus der Dieseltechnologie aussteigen. Der Verbrenner spiele beim Autobauer ohnehin nur noch eine untergeordnete Rolle – vielmehr setze der Konzern auf den Elektroantrieb.

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Man beschäftige sich natürlich mit dem Ausstieg aus der Dieseltechnologie, erklärte der Porsche-Chef. Quelle: dpa

Frankfurt Die Sportwagenschmiede Porsche denkt als erster deutscher Autobauer über einen Ausstieg aus der Dieseltechnologie nach. „Wir beschäftigen uns natürlich mit diesem Thema“, sagte Porsche-Chef Oliver Blume in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir haben dazu nichts beschlossen.“ Die für die IAA angekündigte Neuauflage des Porsche Cayenne werde wie schon die Limousine Panamera auch einen Diesel bieten. „Für die Generationen, die danach kommen, gibt es verschiedene Szenarien“, ergänzte Blume. Eine Entscheidung darüber werde bis Ende des Jahrzehnts fallen. Ein Szenario sei ein Ausstieg aus dem Diesel, hieß es dazu in Unternehmenskreisen.

Mit einem Absatzanteil von nur 15 Prozent spielt der Diesel traditionell keine große Rolle bei Porsche. Die Zukunft des Selbstzünders unter der Porsche-Motorhaube werde davon abhängen, wie gut die Elektromobilität in Gang komme, sagte Blume. Vorerst brauche Porsche spritsparende Dieselwagen noch, um die Grenzwerte für Kohlendioxid (CO2) nach der EU-Klimaschutzpolitik einzuhalten. Doch je höher der Absatz mit dem für 2019 angekündigten Mission E und weiteren Modellen, umso weniger wird die PS-starke Modellpalette der VW-Tochter Mitte des nächsten Jahrzehnts auf Diesel angewiesen sein. „Die heutige moderne Dieselmotoren-Technologie leistet einen wertvollen Beitrag, CO2-Emissionen zu reduzieren“, sagte Blume. Es gebe keinen Grund, den Diesel zu verteufeln. In den nächsten zehn, fünfzehn Jahren werde der Autobauer Verbrennungsmotoren, Plug-In-Hybride und rein elektrische Fahrzeuge parallel anbieten.

Die erstmals bei Porsche mit dem SUV Cayenne 2009 eingeführten Dieselmotoren von Audi zogen Porsche allerdings mit in den Abgasskandal des Mutterkonzerns Volkswagen. Porsche selbst baut keine Dieselmotoren, bei den klassischen Sportwagen kommen sie auch nicht zum Einsatz, sondern nur beim Bestseller-SUV Macan, Cayenne und Panamera. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt jedoch auch bei Porsche wegen Betrugsverdacht mit Dieselautos. Nach einem Bericht des „Spiegel“ sehen Experten Hinweise, dass auch von Porsche selbst die Abgasreinigung von Stickoxid gesetzeswidrig außerhalb des Prüfstandes gedrosselt wurde, was das Unternehmen bestritt. Blume versprach gründliche Aufklärung. „Wenn es bei uns etwas zu korrigieren gibt, werden wir das natürlich machen.“


Fortschritt durch Kooperation

Viel mehr als mit dem Dieselskandal der Vergangenheit ist der 49-jährige Porsche-Chef mit der Produktplanung bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts beschäftigt. Hier wollen die Stuttgarter mit der Konzernschwester Audi in der Entwicklung eng zusammenarbeiten, um Know-how zu bündeln und Kosten „signifikant“ zu senken. Inzwischen seien Teams aus beiden Häusern gebildet, um die schon bestehende gemeinsame technische Basis von Porsche Macan/Audi Q5 sowie Panamera/A8 auszubauen und neue Plattformen für künftige Fahrzeuge zu entwickeln. „Wir wollen die Erfahrungen mit Mission E und dem ersten rein elektrischen Audi Q6 e-tron zusammenpacken und dann einen Schritt weiter in die Zukunft gehen“, sagte Blume. Geplant sei dafür eine gemeinsame „Premium Plattform Elektro“ (PPE). „Weitere Plattformen sind denkbar, zum Beispiel auch mit SUVs“, ergänzte Blume am Sonntag am Rande des Langzeitrennens am Nürburgring, das die Stuttgarter mit dem Porsche 919 Hybrid zum dritten Mal in Folge als amtierender Weltmeister gewannen.

Die Einsparungen im Vergleich zu den Entwicklungskosten bei einem Alleingang der beiden Hersteller würden gerade kalkuliert. „Ich gehe davon aus, dass wir erhebliche Reduzierungen im zweistelligen Prozentbereich erreichen werden“, kündigte Blume an. Bis Ende Juli stehe der Fahrplan, dann gehe es an die Umsetzung. Im vergangenen Jahr gab Porsche 2,2 Milliarden Euro oder fast zehn Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus. Bei Audi waren es 4,4 Milliarden Euro oder 7,5 Prozent. Mit der Kostenbremse will Blume erreichen, dass die operative Spitzenrendite von rund 15 Prozent im Schnitt mehrerer Jahre bei der Cash-Cow des VW-Konzerns gehalten wird. Das werde nicht einfach, weil die Materialkosten für Elektroautos wegen der teuren Batterien zunächst noch hoch seien.

Neben ganz neuen Elektroautos sind auch die bestehenden Geländewagen-Baureihen bei Porsche Kandidaten für reinen Batterieantrieb. „Beim Macan überlegen wir aber durchaus, perspektivisch mit der Elektrifizierung zu starten, weil das ein volumenstarkes Segment ist“, sagte Blume. Das kleinere SUV ist vom Gewicht her für Strombetrieb geeignet. Auch beim viel schwereren Cayenne könne das geprüft werden. Auf ein Absatzziel für die Handvoll neuer Elektromodelle will Blume sich derzeit nicht festlegen: „Wir halten einen Anteil von rein elektrischen Fahrzeugen von 25 Prozent bis 2025 für durchaus realistisch. Dieser Wert kann zwischen fünf bis zehn Prozentpunkten nach oben wie nach unten variieren.“ Das hänge von den Rahmenbedingungen ab, wie etwa dem Ausbau der Ladeinfrastruktur.

Beim Absatzwachstum will der Porsche-Chef große Sprünge nach vorne vermeiden, um die exklusive Marke nicht zum Massenprodukt zu machen. Nach dem Plus von sechs Prozent im vergangenen Jahr auf 238.000 Fahrzeuge seien die Verkaufszahlen im ersten Halbjahr 2017 um sieben Prozent gestiegen. „Ein Absatzwachstum um die fünf Prozent pro Jahr ist unsere Orientierung bis 2025“, ergänzte er.

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