




Hier hat der Chef selbst Hand angelegt: "Assembled by Günter Blaschke" steht auf dem Schild eines Dampfgarers, der vor ein paar Wochen die Montagehalle des Küchenherstellers Rational im bayrischen Landsberg verlassen hat. Zwar hatte ein Facharbeiter die Aufsicht, doch zusammengeschraubt hat den Dampfgarer der Rational-Vorstandsvorsitzende Blaschke persönlich. "Alle Führungskräfte müssen einmal im Jahr in die Produktion", sagt er, "das sorgt für Erdung an der Unternehmensspitze und steigert die Motivation der Belegschaft."
Durch Fokussierung immer ganz vorn
Nicht nur die Unternehmenskultur ist bei Rational anders als in den meisten Unternehmen. Der Küchenhersteller beschränkt sich mit seinen patentierten Dampfgarern auf nur eine Produktgruppe, mit Profiköchen auf nur eine Zielgruppe, und jedes Gerät wird von nur einem Mitarbeiter montiert: "Die Fokussierung senkt die Komplexität, die ganzheitliche Verantwortung der Mitarbeiter fördert deren Kreativität", sagt Blaschke, "dadurch sind wir technisch immer ganz vorn."
Das Innovationsmanagement von Rational hat die Jury des "Best Innovator"-Wettbewerbs überzeugt: Experten der Unternehmensberatung A. T. Kearney, des Bundeswirtschaftsministeriums, der Fraunhofer-Gesellschaft und der WirtschaftsWoche bestimmten den Mittelständler zum Gesamtsieger. Bereits zum zweiten Mal steht das Unternehmen auf dem Siegertreppchen ganz oben: Schon vor vier Jahren war Rational Sieger in der Gruppe Mittelstand.
Kunden gewinnen mit Kostensenkung
Den zweiten Platz im aktuellen Wettbewerb belegt die Maschinenfabrik Reinhausen in Regensburg, den dritten Platz teilen sich der Elektromotorenbauer Dr. Fritz Faulhaber im baden-württembergischen Schönaich und der Spezialchemiehersteller Uzin Utz in Ulm. Sieger beim Schwerpunktthema "Nutzung der Innovationskraft von Lieferanten" war der Mainzer Glasproduzent Schott. "Alle ausgezeichneten Unternehmen haben eine klare Innovationsstrategie, und die ist letztlich der Schlüssel für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg", lobt Kai Engel, Partner bei A. T. Kearney.
Kostensenkung ist das Hauptargument, mit dem Rational Kunden gewinnen will. "Unsere Geräte reduzieren den Energie- und Wasserverbrauch, benötigen wenig Platz, reduzieren die Garzeit und garantieren eine hohe Qualität der Speisen", sagt Blaschke. Auch die in Großküchen sonst üblichen Verluste, etwa durch verkochte Kartoffeln oder matschiges Gemüse, werden geringer. Das Unternehmen hat gut 1200 Mitarbeiter und ist mit einem Anteil von 54 Prozent globaler Marktführer unter den Profiküchen-Ausrüstern: Täglich werden weltweit 110 Millionen Mahlzeiten in den Geräten aus Landsberg zubereitet.
Ums Essen kümmert sich die Maschine





Die sogenannten SelfCooking Center sind so groß wie ein moderner Doppelkühlschrank und werden in Kantinen und Krankenhäusern, bei Großcaterern etwa für Fluggesellschaften oder in Restaurants eingesetzt. Sie kombinieren zwei Methoden der Zubereitung: Dämpfen und Garen mit Heißluft, gesteuert werden sie von einer Software: Der Koch muss nur eingeben, was er wie zubereiten will, bei einem Grillhähnchen zum Beispiel "Geflügel" und "außen knusprig", "innen zart". Das reicht, den Rest regelt die Maschine. Und noch etwas macht die bis zu 35 000 Euro teuren High-Tech-Brutzler für die Kundschaft so attraktiv: Fleisch, Fisch, Geflügel, Gemüse und Desserts lassen sich gleichzeitig zubereiten – ohne dass der Pfannkuchen hinterher nach Fisch schmeckt.
Kunden und Köche sorgen für Innovation
Die Ideen für Verbesserungen oder neue Produkte kommen von den Kunden in aller Welt, vor allem aber aus dem eigenen Haus. Denn neben Ingenieuren, Softwareentwicklern und Ernährungswissenschaftlern beschäftigt Rational rund 300 Köche. "Damit haben wir die Kunden sozusagen im eigenen Haus", sagt Firmenchef Blaschke. Auch die Lieferanten, auf die rund 80 Prozent der Wertschöpfung entfallen, werden früh eingebunden, wenn Neuerungen anstehen. Das Konzept funktioniert. Die Bayern erwirtschafteten 2012 einen Umsatz von 430 Millionen Euro und eine Umsatzrendite von rund 30 Prozent.
Auch auf Platz zwei des Wettbewerbs steht ein Weltmarktführer, der sich auf ein hoch spezialisiertes Produktsegment beschränkt, dort aber seit Jahrzehnten extrem erfolgreich agiert: Die Maschinenfabrik Reinhausen (MR) ist mit einem Marktanteil von 45 Prozent der weltgrößte Hersteller sogenannter Stufenschalter zur Regelung von Transformatoren. "Rund die Hälfte des weltweit verbrauchten Stroms fließt durch unsere Schalter in den großen Netztrafos", sagt Geschäftsführer Michael Rohde, "ohne uns würde morgen das Licht ausgehen."
Transformatoren unterstützen die Energiewende
Die seit 1926 produzierten Spezialschalter für Hochspannungsnetze werden vor allem in den Umspannwerken der Überlandstromnetze benötigt und haben viel auszuhalten. In den Transformatoren wird die Spannung der Freileitungen – hierzulande zwischen 200 000 und 400 000 Volt, in Asien aber auch bis zu 800 000 Volt – in mehreren Stufen auf Steckdosenniveau heruntergeregelt. Die Schalter der Oberpfälzer sorgen dafür, dass die Netzspannung beim Endverbraucher konstant bleibt, obwohl im Tagesverlauf Stromverbrauch und -erzeugung stark schwanken.
Die Energiewende und die damit verbundene wachsende Produktion von Solar- und Windstrom haben die Anforderungen deutlich verschärft. "Als Folge haben nun auch die Spannungsschwankungen in den Ortsnetzen zugenommen, zum Beispiel, weil die Verbraucher heute selbst Strom einspeisen", sagt Rohde, "daraus ergeben sich auch auf dieser Netzebene ganz neue Anforderungen an die Regeltechnik."
Zuverlässigkeit an erster Stelle

Die unscheinbaren, gleichmäßig brummenden Trafos der örtlichen Stromnetze müssen künftig wie ihre großen Brüder schon einmal 100 000 und mehr Schaltvorgänge im Jahr verkraften, und das bei Wind und Wetter, im Sommer wie im Winter. "Trotzdem sollen diese Transformatoren 40 bis 50 Jahre halten, wir sorgen mit unserer Technik dafür, dass es dabei keine Probleme gibt", sagt MR-Chef Rohde.
Rund zehn Prozent der insgesamt knapp 2300 Beschäftigten tüfteln im Unternehmen an neuen Produkten und Verbesserungen. Sechs Prozent vom Umsatz – 2012 knapp 550 Millionen Euro – fließen in Forschung und Entwicklung. Mit regelmäßigen Workshops werden die Lieferanten in den Innovationsprozess eingebunden, damit die Qualität stimmt. Das Prinzip hat sich bewährt: Trotz der hohen Belastungen halten die Schalter extrem lange. Viele sind seit mehr als 50 Jahren in Betrieb.
Spezialisierung auf das Kleinste
Zuverlässigkeit steht auch an erster Stelle, wenn der schwäbische Elektromotorenhersteller Dr. Fritz Faulhaber neue Produkte entwickelt. Das Familienunternehmen mit rund 92 Millionen Euro Umsatz liefert Komponenten für die Medizin- und Labortechnik, für Luft- und Raumfahrt und für Produktionsroboter. Beim "Best Innovator"-Wettbewerb hat das 1947 als Feinmechanische Werkstätten gegründete Ingenieurbüro den dritten Platz erreicht.
Das Unternehmen hat sich von Beginn an auf Miniaturantriebe spezialisiert. "Unser erstes Produkt war ein Motor für die Voigtländer Vitessa, die damals weltweit einzige Kamera mit automatischem Filmtransport", sagt Geschäftsführer Thomas Bertolini. Die heute angebotenen Motoren stecken in den Farbwerken von Druckmaschinen oder helfen beim Ausklappen der Sonnensegel von Weltraumsatelliten. Sie bewegen Märklin-Spielzeuglokomotiven oder stecken in Industrierobotern, die Platinen für Smartphones oder Tablet-Computer bestücken. "Unser kleinster Elektromotor hat gerade mal einen Durchmesser von 1,9 Millimetern und treibt unter anderem einen Ultraschall-Scanner für einen Herzkatheter an", sagt Bertolini.
Riesen Aufwand und viel Geduld
Für die Entwicklung der Winzlinge treibt das Unternehmen einen Riesenaufwand: 15 Prozent vom Umsatz fließen in Forschung und Entwicklung, wo 150 der knapp 570 Mitarbeiter arbeiten. Deren Bilanz kann sich sehen lassen: Von 74 in den vergangenen drei Jahren angeschobenen Projekten wurden 25 umgesetzt. Bis aus einer Idee ein marktreifes Produkt geworden ist, vergehen bis zu 30 Monate, bis damit Geld verdient wird, dauert es nochmals zwischen einem und zwölf Monate.
Auf dem dritten Platz zusammen mit Faulhaber ist Uzin Utz gelandet, ein Hersteller von Spezialchemikalien und Geräten für die Bodenbearbeitung. Das Unternehmen hat sich seit der Gründung 1911 vom regionalen Klebstoffhersteller zum weltweiten Komplettanbieter gemausert. "Wir sind Boden", sagt Werner Utz, Vorstandsvorsitzender der Aktiengesellschaft, die mit weltweit 900 Mitarbeitern 2011 gut 200 Millionen Euro Umsatz erzielt hat.
Umweltfreundliche Produkte überzeugen





Zum Sortiment gehört alles, was Handwerker brauchen, um Fußböden mit Fliesen oder Teppichböden, Marmor oder anderen Materialien zu belegen: der sogenannte Vorstrich, um den Untergrund vorzubereiten, Spachtelmasse, um Unebenheiten auszugleichen, Klebstoffe, damit der Bodenbelag gut haftet, außerdem Geräte, um die Materialien zu verarbeiten oder um alte Teppiche zu beseitigen. Die Herausforderung dabei: Der Bodenbelag soll nicht nur fest haften, sondern gleichzeitig schall- und temperaturdämmende Eigenschaften haben und auch noch umweltfreundlich sein.
Vor allem die Vorzüge ökologischer Produkte waren der Hauptzielgruppe anfangs nur schwer zu vermitteln. "Unsere Kunden sind Handwerker, und die sind überwiegend konservativ und mussten erst überzeugt werden", sagt Utz. Zumal die neuen, umweltfreundlichen und lösungsmittelfreien Materialien anders verarbeitet werden müssen, weil sie länger zum Trocknen brauchen.
Innovation als Geschäftsmodell
Heute erzielt die Aktiengesellschaft rund 85 Prozent der Umsätze mit Produkten, die besonders emissionsarm sind und entweder den Blauen Engel oder das bei Handwerkern anerkannte sogenannte Emicode-Label EC 1 Plus tragen. "Unsere Vision ist es, Produkte zu entwickeln, die nahezu aus 100 Prozent nachwachsenden und natürlichen Rohstoffen bestehen", sagt der Unternehmenschef, "dabei arbeiten wir eng mit unseren Lieferanten zusammen."
Beim Glashersteller Schott, dem fünften Gewinner im Wettbewerb, gehört Innovation seit der Gründung zum Geschäftsmodell. Der Mainzer Hersteller erzielt mit gut 17 000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 2,9 Milliarden Euro Umsatz, hergestellt werden technische Gläser, Spezialgläser und Glaskeramik, fast ein Drittel der Umsätze wird mit Produkten erwirtschaftet, die maximal fünf Jahre alt sind.
Neuland betreten
Eines davon ist ein sogenannter Blauglasfilter, der in den Labors der Schott Advanced Optics entstanden ist. Der Geschäftsbereich stellt hoch qualitative Materialien und Komponenten für Optik und Lithografie her. "Entwicklung ist bei uns ausschließlich kundengetrieben", sagt Marita Paasch, Leiterin des Geschäftsbereichs. "Unser Vertrieb und Trendscouts helfen uns dabei, herauszufinden, was der Markt braucht."
Industrie
Die Blauglasfilter etwa wurden für die Hersteller von Digitalkameras entwickelt und stecken heute auch in den Minikameras von Smartphones oder Tablet-Computern. "Die Filter sorgen dafür, dass nur bestimmte Wellenlängen von Licht auf den Sensor gelassen werden", erklärt Paasch, "dadurch werden die Bilder klar und haben eine hohe Farbbrillanz. Nicht nur die richtige Rohstoffzusammensetzung für solche Gläser zu finden ist eine Herausforderung, bei der die Schott-Entwickler Neuland betraten. Auch die Produktion musste so aufgezogen werden, dass große Stückzahlen hergestellt werden konnten.
Ein gigantischer Aufwand für filigrane Produkte: Die 18 Zentimeter breiten, zwei Zentimeter dicken und je nach Wunsch unterschiedlich langen Rohgläser werden so fein geschliffen, dass sie am Ende nur noch knapp 200 Tausendstel Millimeter dick sind. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat eine Stärke von 70 Tausendstel Millimeter.