Problemsparten Windräder stehen Siemens im Weg

Der Münchner Industriekonzern präsentiert ein schwaches Quartal und muss seine Gewinnprognose senken. Vor allem die Windkraft bereitet Siemens Probleme. Die Baustellen des Konzerns.

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Siemens Vorstandschef Peter Löscher zieht Bilanz:

Für den drastischen Gewinneinbruch im abgelaufenen Quartal sorgte vor allem die Sparte Stromübertragung. Fast 170 Millionen Verlust fuhr der Bereich Power Transmission, wie die Sparte bei Siemens heißt, zwischen Januar und März ein. Eine Summe, die Vorstandschef Peter Löscher nur mit einer drastischen Kostenreduktion in den Griff bekommt. Deshalb will er bei der Neuordnung des Bereichs will nun „konsequent und zügig durchgreifen“. Die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern bei Siemens dürften schon bald beginnen, und sie werden nicht einfach werden. Denn ohne einen deutlichen Stellenabbau, heißt es im Konzern hinter vorgehaltener Hand, dürfte die strukturelle Neuordnung der Division Stromübertragung nicht zu bewältigen sein. Insgesamt schrumpfte der Gewinn des Technologiekonzerns im zweiten Quartal des Geschäftsjahres um zwei Drittel auf nur noch 1,1 Milliarden Euro. Für das gesamte Geschäftsjahr erwartet Siemens jetzt einen Gewinn in Höhe von 5,2 bis 5,4 Milliarden Euro. Bisher lag die Prognose bei sechs Milliarden Euro. „Das zweite Quartal war wie erwartet nicht einfach“, so Löscher.

Konkurrenz aus China

Die Probleme der Division Stromübertragung sind größtenteils hausgemacht. Löscher und sein Finanzchef Joe Käser verweisen auf die immer schärfere Konkurrenz aus Fernost, vor allem beim Bau von Trafos und Hochspannungsschaltanlagen. In diesem Bereich drohen bei Siemens die größten Jobverluste. Doch dass Anbieter aus China mit ihren qualitativ immer besseren und preiswerten Anlagen auf den Weltmarkt drängen, ist seit Jahren bekannt. Ausbaden müssen die Fehleinschätzung nun die Arbeiter in den Siemens-Trafo-Fabriken. Insgesamt 100 Millionen Euro will der Münchner Technologiekonzern in dem Bereich einsparen.

Die zweite größte Baustelle von Siemens ist die Windkraft. Die Probleme beim Anschluss der Anlagen ans Stromnetz sorgten bei Siemens im zurückliegenden Quartal für Belastungen von 278 Millionen Euro. Schon zwischen Oktober und Dezember fielen hier 203 Millionen Euro an Belastungen an.  Der Windpark Borwin 2 vor Borkum geht wie auch Helwin 1 vor Helgoland ein Jahr später als geplant ans Netz. Die Trafo-Plattform und die 240 Windräder hätten eigentlich bis September 2012 ins Meer gebaut werden sollen. Ab nächstem Jahr hätte Borwin 2 grünen Strom für 1,5 Millionen Haushalte im Emsland ins deutsche Stromnetz einspeisen sollen. Doch auch die Schwierigkeiten bei der Anbindung der Offshore-Windparks in der Nordsee sind so überraschend nicht.

Die 15 aussichtsreichsten Windparkprojekte vor Deutschlands Küsten.

Anders als etwa in Großbritannien stehen in Deutschland die Windparks  mehr als 100 Kilometer vor der Küste in der so genannten ausschließlichen Wirtschaftszone, wo sich weder nistende Seevögeln noch Touristen daran stören können. Doch dass die See dort rauer und tiefer ist, der Anschluss der Windmühlen ans Stromnetz mithin ungleich komplizierter, war von Anfang an erkennbar. Jetzt muss Siemens Vertragsstrafen an den Netzbetreiber zahlen und neue Mitarbeiter einstellen, um den Rückstand nicht noch größer werden zu lassen. Zum Teil sind die Probleme hausgemacht, zum Teil treffen sie auch Wettbewerber wie ABB. Geeignete Unterseekabel für den Anschluss der Windkraftanlagen auf hoher See werden mit dem wachsenden Ausbau der Windkraft knapp, ebenso ist es schwierig qualifiziertes  Personal für diese Aufgaben zu bekommen, so Fraser Johnston, Windkraftanalyst von Bloomberg New Energy Finance.

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