Prognosen Ukrainekrieg und Corona in China bremsen weltweite Autoproduktion

Mit einem Wachstum von 7 Prozent wird die globale Produktion niedriger ausfallen als erwartet. Die Auftragsbücher der Autokonzerne sind voll, doch das Angebot fehlt.

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Fehlende Rohstoffe machen der Autoindustrie einen Strich durch die Rechnung: Laut Schätzungen sollen sechseinhalb Millionen Neuwagen weniger geliefert werden als verkauft werden könnten. Quelle: dpa

Die weltweite Autoproduktion wird wegen des Ukrainekrieges und erneuter Corona-Lockdowns in Asien um einige Millionen Fahrzeuge niedriger ausfallen als bisher erwartet. Die Analysten der Schweizer Bank UBS senkten ihre Prognosen zu Produktion und Absatz der Branche deutlich: Weltweit sollen in diesem Jahr 82,6 Millionen Autos vom Band rollen, 4,3 Millionen weniger als bislang vorhergesagt.

Gegenüber dem Vorjahr, in dem die Industrie weltweit in erster Linie wegen des Halbleitermangels ein Fünftel weniger als vor der Corona-Pandemie fertigte, wäre das immer noch ein Plus von sieben Prozent. Am stärksten kürzten die UBS-Analysten die Prognose für Europa, wo sie mit 2,7 Millionen Neuwagen weniger rechnen bei einer Jahresproduktion von 16,3 Millionen.

Als Gründe führten sie in einer am Freitag veröffentlichten Analyse die Lieferprobleme von in der Ukraine gefertigten Kabelbäumen, den Ausfall von Exporten nach Russland und den Stopp der dortigen Produktion zum Beispiel von Renault an.

S&P Global senkte vergangene Woche die Produktionsprognose nicht so stark, ging allerdings von einer geringeren vorherigen Schätzung aus als die UBS. Die Experten kappten ihre Vorhersagen für dieses und nächstes Jahr um jeweils 2,6 Millionen auf 81,6 beziehungsweise 88,5 Millionen Stück weltweit.

Allein in Europa erwarten sie in diesem Jahr 1,7 Millionen weniger Neuwagen als vor Ausbruch des Krieges Ende Februar angenommen. Knapp eine Million fehlten durch den Wegfall der Autonachfrage aus Russland und der Ukraine.

Außerdem könne sich die kritische Halbleiter-Versorgung verschlechtern, wenn mit Neon aus der Ukraine und Palladium aus Russland zwei bei der Chip-Fertigung benötigte Rohstoffe fehlten. Ein kompletter Ausfall der Palladium-Lieferungen aus Russland könnte zur stärksten Produktionsbremse werden.

Angebot bleibt limitierender Faktor

„Das Abwärtsrisiko ist enorm“, erklärte S&P-Experte Mark Fulthorpe. Das schlechteste S&P-Szenario wäre eine Prognosekürzung um vier Millionen Neuwagen in diesem und im kommenden Jahr. Das Investmenthaus Evercore ISI schätzt, die globale Automobilproduktion werde wegen des Krieges in Europa nur noch um sechs bis acht Prozent zulegen, drei Prozentpunkte weniger Wachstum als ursprünglich vermutet.

Weltweit bleibe das Angebot der begrenzende Faktor, da die Auftragsbücher voll und die Bestände der Händler niedrig seien, erklärten die UBS-Analysten. Sie kappten ihre Absatzprognose um 2,7 Millionen Autos auf 83,3 Millionen, was noch ein Wachstum von 4,3 Prozent gegenüber 2021 wäre.

S&P zufolge wird die Autoindustrie weltweit gut sechseinhalb Millionen Neuwagen weniger liefern als sie verkaufen könnte. Vor Ausbruch des Krieges schätzten die Fachleute die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage auf zehn Millionen. Vermutlich werde die Nachfrage nach neuen Autos in ganz Osteuropa nachlassen.

Mehr dazu: Der große Kampf um Rohstoffe: So wollen China und Russland den Rest der Welt abhängig machen

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