Protest am Campus Erlangen „Der Verlust von Arbeitsplätzen ist programmiert“

Der Siemens Energy Campus Erlangen soll modern ausgebaut werden. Quelle: Siemens Pressebild

Der designierte Siemens-CEO Roland Busch wird bei seinem heutigen Besuch in Erlangen von protestierenden Mitarbeitern erwartet. Framatome-Betriebsrat Andreas Birkner erklärt, warum er den Protest mitorganisiert.

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WirtschaftsWoche: Warum wird heute in Erlangen demonstriert?
Andreas Birkner: Es geht uns bei unserem Protest um den Erhalt und Ausbau der Laborflächen und Testeinrichtungen am Campus Erlangen - für verschiedene Siemensbereiche und für Framatome. Denn wenn hochwertige Forschungseinrichtungen verschwinden, dann müssen wir uns wehren. Deshalb haben wir IG-Metall-Vertrauensleute und Betriebsräte von Siemens und Ex-Siemens-Sparten wie Framatome vor drei Monaten eine Petition gestartet. Die Betriebe von Framatome nutzen auf dem Siemens-Forschungsgelände in Erlangen etwa noch Gebäude mit Laboren, die mit dem weiteren Campus-Ausbau verloren gehen beziehungsweise stark gefährdet sind.

Um wie viele Laborplätze geht es konkret am Campus Erlangen?
Bei Framatome sind wir knapp 2500 Mitarbeiter, wobei circa zehn Prozent der Arbeitsplätze mehr oder weniger direkt von den Laboren und Testeinrichtungen abhängig sind. Unser Standort ist jedoch nur sicher, wenn wir auch spezielle Untersuchungskapazitäten behalten. Aber auch Siemens Energy braucht viel Platz, etwa zum Testen von Schaltanlagen für Hochspannungsübertragungstrassen. Die Flächen dafür sind in den aktuellen Planungen zum Campus aber nicht vorgesehen. Deshalb können zum Beispiel wohl auch Labore von Siemens Mobility aus Erlangen Mitte nicht auf den Campus ziehen.

Die IG Metall will sich an diesem Protest nicht beteiligen. Auch der Betriebsratsvorsitzende von Siemens Energy teilte mit, dass er mit dem Protest nichts zu tun habe. Sehr breit aufgestellt scheint das Protestbündnis nicht zu sein.
Es stimmt, dass die IG Metall Erlangen sich schwer tut, Siemens öffentlich zu kritisieren, zumal auch wir die Einrichtung des Campus als Bekenntnis zum Standort grundsätzlich befürworten. Andererseits sind unter den Erstunterzeichnern unserer Petition zum Erhalt der Laborflächen und Testeinrichtungen sowohl Funktionäre und Vertrauensleute der Gewerkschaft als auch eine Vielzahl von Betriebsräten aus verschiedenen Einheiten von Siemens. Die Laborflächen werden nicht von allen als gleichermaßen wichtig erachtet. Allerdings schließen sich immer mehr Betriebsräte unserem Protest an. Zumal heute ein wichtiger Mann von Siemens nach Erlangen kommt.

Sie meinen den designierten Siemens-CEO Roland Busch. Erwarten Sie, dass er mit den Protestierenden sprechen wird?
Wir hatten Siemens um ein Gespräch gebeten, um das Anliegen unserer Petition zu erläutern. Siemens teilte daraufhin mit, dass sie nur einzeln mit den jeweiligen Betriebsräten verhandeln, aber nicht insgesamt mit Protestierenden. Ich glaube, dass Siemens dieses Konzept nochmal überdenken sollte, da etliche der Gebäude und Einrichtungen gemeinsam genutzt werden beziehungsweise werden können. Von daher hoffe ich, dass Herr Busch mit uns spricht.

„Wir müssen uns wieder fokussieren – auf Menschen und Technologie“

Was passiert, wenn Laborflächen am Campus Erlangen verlorengehen? Könnten diese an anderen Standorten realisiert werden?
Für die Siemens-Betriebe kann ich nicht sprechen. Bei Framatome ist die Lage kritisch. Was nicht hier in Erlangen bleiben kann, verschwindet entweder ganz beziehungsweise wandert nach Frankreich oder im günstigsten Fall nach nach Karlstein am Main. Der Verlust von Know-how, Kompetenzen und Arbeitsplätzen ist programmiert.

Mehr zum Thema
Beim Weltmarktführer Innovation Day der WirtschaftsWoche in Erlangen sprach Chefredakteur Beat Balzli mit dem designierten Siemens-CEO Roland Busch. Das Video können Sie sich hier ansehen.

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