PSA-Chef im Interview „Wir müssen die Schüchternheit ablegen“

Der französische Autohersteller PSA will den Absatz in Deutschland in den kommenden Jahren deutlich steigern. Im Interview verrät Deutschlandchef Alberic Chopelin, warum er dafür ausgerechnet deutsche Expertise braucht.

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Köln Seit fast zwei Jahren leitet Alberic Chopelin das Deutschlandgeschäft des französischen Autobauers PSA (Peugeot-Citroën). Damit bewegt sich der Absolvent einer französischen Eliteuniversität auf schwierigem Terrain. Für das kommende Jahr hat er sich trotzdem viel vorgenommen, wie er im Interview mit dem Handelsblatt verrät.

Nach dem Sparkurs will PSA in Europa wieder auf Angriff schalten. Gilt das auch für den deutschen Markt?
Man muss sich immer in Erinnerung rufen, dass PSA vor wenigen Jahren noch ein traditioneller Autobauer mit einer nicht ganz so guten Perspektive war. Wenn man sich anschaut, wo wir heute stehen, kann man sagen: Wir haben uns dreimal gehäutet. Es ist unglaublich, wie wir uns in diesem hochkomplizierten Markt behauptet haben. Es ist unser klares Ziel, nicht nur Trends zu folgen, sondern sie zu antizipieren.

Ihre Führungsmannschaft in Deutschland wurde vor wenigen Monaten fast komplett neu besetzt. Was sind die Gründe für den großen Umbau?
Die Grundidee war, die Basis für unser Geschäft in Deutschland zu erneuern. Darum haben wir beschlossen, manche Kernaufgaben stärker zu fokussieren und auch in unserer Führungsmannschaft neue Impulse zu setzen. Beispielsweise wollen wir unser markenübergreifendes Geschäft mit Businesskunden und Gebrauchtwagen ausbauen. Und mit dem bisherigen Citroen-Markenchef Holger Böhme haben wir dafür nun einen sehr erfahrenen Mann. Das bringt uns nach vorne.

Mit Peugeot-Chef Rick Hermanns und DS-Chef Nicolas Perrin zwei Spitzenmanager gegangen. Gibt es Gründe für diese Fluktuation?
Unsere Abgänge sind aus persönlichen Gründen gewechselt und bleiben dem Konzern mit Führungsaufgaben in Frankreich und den Niederlanden erhalten. 

Mit vier Prozent Marktanteil schneidet PSA in Deutschland schwächer ab als im Rest Europas. Wie wollen Sie das ändern?
Wir wissen, dass wir Luft für Verbesserungen haben. In Europa sind wir der zweitgrößte Autokonzern, bei Nutzfahrzeugen sogar die Nummer eins. In Deutschland sieht das anders aus. Darum müssen Prioritäten setzen. Und heißen klar: Kundenzufriedenheit, Rentabilität, aber auch wieder Volumen. Bei den ersten zwei Punkten haben wir große Fortschritte gemacht, der dritte fehlt uns noch.

„Wir wollen sichtbarer werden“

Welche Erwartungen haben Sie für das Jahr 2017?
In den letzten Jahren haben wir intern viel repariert, was für Außenstehende nicht sichtbar war. Dabei ging es mehr um Rentabilität und Effizienz als um Marktanteile. Wir wollen natürlich bestätigen, was wir erreicht haben. Aber wir wollen auch das Motto, das sich der Konzern international gegeben hat, auch auf den deutschen Markt übertragen. Das lautet: Take-off, wir müssen jetzt im wahrsten Sinne des Wortes abheben und schneller vorankommen. Wir wollen sichtbarer werden und auch an unserem Volumen arbeiten.

Klingt nach der Quadratur des Kreises…
Das ist ohne Zweifel eine Herausforderung, aber auch unsere große Motivation. Es ist ziemlich einfach, viele Autos zu verkaufen. Aber es ist schwierig, das zu tun, ohne die eigenen Preise kaputt zu machen und die Rentabilität aufs Spiel zu setzen. Das funktioniert wenige Jahre, dann sind die Restwerte im Keller und man hat ein Chaos produziert. Es ist auch einfach, die Marge pro Stück zu erhöhen und dann nur wenige Autos zu verkaufen. Darum war es wichtig, uns erst kosteneffizient aufzustellen, bevor wir stärker ins Volumen gehen. Wir wollen nachhaltigen Erfolg.

Wie wollen Sie Ihre Händler auf die Offensive einschwören?
Wir werden beispielsweise die Bezahlung unserer Händler künftig deutlich stärker an Kundenzufriedenheit koppeln – ganz einfach, aber mit hohem Wirkungsgrad. Viele unserer Händler sind heute schon wirklich gut, kennen ihre Kunden, verfügen über ein gutes Geschäftskunden- und Privatkundengeschäft. Und wir haben andere, die brauchen ein bisschen mehr Entwicklung. Unser neuer Bezahlungsplan soll sie in diese Richtung führen. Die Rentabilität unserer Händler wird dieses Jahr voraussichtlich zwischen 1,5 und 2 Prozent liegen. Das ist gut. Aber jetzt müssen wir auf diesem Weg weitergehen.

Dafür brauchen Ihre Händler aber auch Modelle, die sich verkaufen lassen…
Natürlich, ohne neue Produkte würde das nicht funktionieren. Wir stehen gerade im SUV-Bereich vor einer Offensive, beispielsweise mit dem Peugeot 3008 und dem 5008. Bei Citroën starten wir dem C3 ein ganz neues Produkt. Ganz wichtig ist auch der Spacetourer, mit dem wir im Nutzfahrzeuggeschäft einen wichtigen Impuls setzen. Wir investieren nicht umsonst stark in unseren Geschäftskundenbereich. All das hilft dabei, unseren Plan umzusetzen. Aber es wäre zu einfach, zu sagen, dass unser Take-off allein nur durch die Produkte von selbst kommt. Unsere Händler sind für den Erfolg von zentraler Bedeutung.

Bislang hat PSA noch kein besonders starkes Flottengeschäft. Wie wollen Sie das ändern?
Gerade bei kleingewerblichen Unternehmen sind wir heute schon sehr stark, beispielsweise bei Handwerkern oder auch Apothekern. Bei den mittleren und großen Flotten sind wir zugegebenermaßen noch zu schwach. Darum haben wir unser Team verstärkt. Da können wir mehr erreichen. 


„2017 wird ein Übergangsjahr für DS“

Mit Patrick Dinger haben Sie auch für die Premiummarke DS einen neuen Chef geholt, der schon Erfahrung bei AMG und Maserati gesammelt hat. Wie geht es mit der Marke weiter?
Bei DS sind wir an dem Punkt, den nächsten Schritt in unserer Netzentwicklung zu machen. In Hamburg haben wir unseren ersten DS Store eröffnet. Jetzt brauchen wir personelle Konstanz. Es lohnt sich darüber hinaus für PSA, mehr und mehr Deutsche in der Führung zu haben. Schon in den ersten Wochen haben unsere neuen deutschen Führungskräfte gezeigt, welches Verständnis sie für den Markt mitbringen.

Die Deutschen werden Ihnen aber auch gesagt haben, wie schwer es ausländische Premiummarken hierzulande haben…
Innerhalb unserer Analyse haben wir natürlich auch genau untersucht, wie sich Konkurrenzmarken wie Lexus und Infiniti entwickelt haben und können daraus viel lernen. Im direkten Vergleich können wir mit dem Erreichten schon recht zufrieden sein. Unsere Händler haben viel getan, um diese Marke zu entwickeln und wir verkaufen nun stabil rund 5.000 Fahrzeuge pro Jahr. Das ist nicht nichts, sondern eine gute Basis. 2017 wird für DS ein Übergangsjahr. Zum Jahresanfang werden wir eine ganz neue Produktgeneration erleben. Wir haben ganz konkrete Pläne mit DS, beispielsweise mit neuen Plug-in-Hybridmodellen oder neuen Ansätzen im Service.

Inwieweit brauchen Sie den Hybrid überhaupt? Sie sind doch im CO2-Vergleich der Hersteller heute schon relativ weit vorne...
Ganz vorne.

Meinetwegen auch ganz vorne. Aber das liegt doch vor allem daran, dass Sie bislang viele Kleinwagen verkaufen.
Einspruch. Es stimmt, dass wir viele Kleinwagen verkaufen. Aber wir waren auch der erste Hersteller, der alle Nutzfahrzeuge mit Euro-6 ausgestattet hat, bevor das Pflicht wurde. Wir sind der einzige Hersteller, der seit 2013 konsequent Diesel mit Partikelfiltern und SCR-Modulen verbaut. Wir sind der einzige Hersteller, der konsequent auf Dreizylinder-Motoren gesetzt hat. Wir sind Pionier der Elektromobilität. Und jetzt machen wir den nächsten Schritt. Bis 2021 bringen wir sieben neue Plug-in-Hybride und vier neue Elektrofahrzeuge. Und gleichzeitig entwickeln wir die Verbrenner weiter.


„Zehn Prozent Wachstum pro Jahr wären gut“

Mit welcher Marktentwicklung in Deutschland rechnen Sie?
Der deutsche Markt wird nach unserer Einschätzung etwas weniger wachsen als dieses Jahr. Ich denke, dass wir jetzt auf der Spitze sind. Wichtiger ist die Entwicklung der Segmente. SUVs werden ihren Anteil weiter ausbauen.

Glauben Sie weiterhin an den Diesel? Hat das Vertrauen der Kunden nicht zu stark gelitten?
Wir haben beim Diesel in Deutschland viel weniger Bewegung beim Absatz als in den anderen europäischen Märkten. Und wir haben die richtigen Technologien, den Dieselantrieb weiter nach vorne zu bringen. Gleich nach Ausbruch des VW-Skandals haben wir alle Fakten auf den Tisch gelegt und als erster Hersteller unsere Emissionen unter realen Fahrbedingungen offengelegt. Beim Diesel haben wir beispielsweise mit dem Harnstoff-Katalysator früh auf die richtigen Technologien zur richtigen Zeit gesetzt. Manchmal waren wir da in der Vergangenheit einfach zu schüchtern, das auch zu kommunizieren. Diese Schüchternheit müssen wir ablegen.

Das Jahresende ist ja die Zeit zu träumen. Wo sehen Sie PSA in Deutschland in den nächsten Jahren?
Wenn wir uns gut anstellen, können wir in den nächsten Jahren wachsen und dann in drei Jahren rund 25.000 mehr Autos verkaufen als heute. Zehn Prozent Wachstum pro Jahr wären sehr gut. Das ist eine realistische Prognose. Denn ich mag es lieber, über Fakten zu sprechen als über Träume. 

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