Quartalsbilanz Sieht General Electric Licht am Ende des Tunnels?

General-Electric-CEO John Flannery Quelle: AP

Der Siemens-Rivale GE kämpft weiter gegen die Krise. Vor allem für das Deutschland-Geschäft propagiert der US-Konzern jetzt eine neue Bescheidenheit.

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Endlich gute Nachrichten. Als John Flannery am Freitag die Quartalsbilanz seine Konzerns präsentiert, schießt die Aktie um vier Prozent nach oben. In den 16 Monaten zuvor hatte sich der Wert des Papiers von General Electric (GE) halbiert. Bereinigt verdiente der Mischkonzern zwischen Januar und März 16 US-Cent pro Aktie – 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg im ersten Quartal 2018 um sieben Prozent auf gut 27 Milliarden Dollar. Damit hat GE die Prognosen der meisten Experten übertroffen. Flannery ist zufrieden.

Geht es damit für das schwer angeschlagenen US-Unternehmen jetzt kontinuierlich bergauf? Ist die Trendwende geschafft? Sicherlich nicht. Vielmehr steht GE noch ganz am Anfang eines vermutlich sehr schmerzhaften Umbaus. Eines Umbaus, den Joe Kaeser, Chef des ewigen Rivalen Siemens, schon vor Jahren eingeleitet hat. Manche Geschäfte werden verkauft, andere in Joint Ventures mit den entsprechenden Sparten von Konkurrenten eingebracht, wiederum andere kommen an die Börse.

Mit einiger Verspätung will Flannery nun einen ähnlichen Weg einschlagen. Das Zuggeschäft etwa könnten die Amerikaner an die Börse bringen, so ist zu hören; die notleidende Kraftwerkssparte oder Teile davon verkaufen oder mit den entsprechenden Geschäften von Wettbewerbern zusammenlegen. Flannery teilte am Freitag mit, dass GE die Möglichkeiten des Verkaufs der Verbrennungsmotorensparte, auch bekannt als Distributed Power (DP), prüft. DP umfasst die Produktlinien Jenbacher und Waukesha. Der Konzern nehme derzeit Optionen mit potenziellen Käufern unter die Lupe, das Interesse sei groß, hieß es. Voraussichtlich solle Näheres bis Mitte des Jahres bekanntgeben werden.

Flannerys Vorgänger Jeff Immelt war derlei nicht in den Sinn gekommen. Stattdessen setzte der GE-Chef, der auf Auslandsreisen gerne einen zweiten Firmenjet – für alle Fälle – mitfliegen ließ, auf Größe und großes Wachstum. Vor allem in Deutschland, der Heimat des Erzrivalen Siemens, wollte Immelt auftrumpfen. GE kaufte zu, erweiterte und investierte in großem Stil. Als gewaltiger Fehlgriff erwies sich dabei die Übernahme des Kraftwerksgeschäfts von Alstom, dem Wettbewerber aus Frankreich, für mehr als zehn Milliarden Euro. Kaum ein Anbieter, auch Siemens nicht, verkauft in Europa noch große Gasturbinen. Jetzt muss GE in Europa Tausende Mitarbeiter entlassen, allein in Deutschland mehr als 1000. Im ersten Quartal schrumpfte der Umsatz in der GE-Kraftwerkssparte um satte neun Prozent. Siemens will in seiner Kraftwerkssparte weltweit 6900 Arbeitsplätze streichen, davon etwa die Hälfte in Deutschland.

Inzwischen propagiert der neue GE-Europa-Chef Pater Stracar eine neue Bescheidenheit. Im Unternehmen ist durchaus Selbstkritik zur Deutschland-Strategie der Vergangenheit zu hören.

GE ist nun dabei, die Deutschland-Aktivitäten deutlich zu schrumpfen. In Mannheim, wo einst große Turbinen gebaut wurden, fallen mehr als 700 Jobs weg, weitere in Mönchengladbach und Berlin. Das einst mit viel Tamtam eröffnete Forschungszentrum in Garching im Norden Münchens wollen die Amerikaner schließen. Künftig wollen sie ihre Entwicklungsaktivitäten in den zwei globalen Zentren in Niskayuna im Bundesstaat New York und im indischen Bangalore konzentrieren. Im Juni, so heißt es in Konzernkreisen, kommt Flannery nach Deutschland. Dann könnte der Amerikaner weitere Einzelheiten zu seinen Deutschlandplänen bekannt geben. Den großen Plan zum Konzernumbau dürfte er aber schon vorher vorlegen.

GE sei auf einem guten Weg, das Sparziel von zwei Milliarden Dollar für 2018 zu übertreffen, sagt Flannery am Freitag bei der Vorlage des Zahlenwerks für das erste Quartal. So hat der Konzern etwa die Kosten im Industriesektor bereits um 805 Millionen Dollar gedrückt. Flannery bekräftigte auch die Prognose für das laufende Jahr: Das Ergebnis je Aktie soll zwischen 1,00 und 1,07 Dollar betragen.

Bei allem Optimismus, den die Quartalsbilanz nun ausgelöst haben mag: Flannery muss jetzt aufs Tempo drücken, die Anleger wollen wissen, wie sein großer Plan für den Konzern aussieht. Erst wenn der vorliegt, herrscht wirkliche Klarheit darüber, welche Zukunft der Traditionskonzern GE noch hat.

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