Reaktionen auf Fusions-Absage „Ein deutlicher Rückschlag für die Industrie in Europa“

Alstom bleibt dabei: Durch die Fusion mit Siemens wäre ein europäischer Akteur geschaffen worden, der dem wachsenden Wettbewerb weltweit hätte standhalten können. Quelle: dpa

Nachdem die EU-Kommission die Fusion zwischen Siemens und Alstom abgesagt hat, reagieren die Unternehmen enttäuscht. Eine Chance sei vertan, sagt Alstom. Auch aus der Politik ist Kritik an der Entscheidung zu vernehmen.

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Siemens-Chef Joe Kaeser hat die Ablehnung der geplanten Fusion seiner Zugsparte mit dem französischen Zugbauer Alstom bedauert. „Wir nehmen die Entscheidung der Kommission zur Kenntnis, die einen Schlusspunkt hinter ein europäisches Leuchtturmprojekt setzt“, teilte er mit. „Die anstehenden Europawahlen und die damit verbundene neue Führung bieten eine einmalige Chance, ein Europa der Zukunft zu bauen, das es mit einer modernen, gemeinsamen Außenwirtschaftspolitik mit den Besten in der Welt aufnehmen kann.“ Einen weiteren Fusionsanlauf nach der Wahl hielten Konzernkreise am Mittwoch aber weiter für unwahrscheinlich.

Auch TGV-Produzent Alstom zeigte sich enttäuscht über das Aus einer Bahn-Fusion mit dem deutschen ICE-Bauer Siemens. „Dies ist ein deutlicher Rückschlag für die Industrie in Europa“, hieß es in einer Mitteilung von Alstom am Mittwoch. „Infolge dieses Verbots wird die Fusion nicht durchgeführt.“

Mit dem Zusammenschluss wäre ein europäischer Akteur geschaffen worden, der dem wachsenden Wettbewerb weltweit hätte standhalten können, so Alstom weiter. Die Transaktion hätte einen erheblichen Mehrwert für den globalen Mobilitätssektor, die europäische Eisenbahnindustrie, Kunden, Reisende und Pendler geschaffen.

Das französische Unternehmen betonte, dass die der EU-Kommission vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen ausreichend gewesen wären und alle Zweifel berücksichtig hätten. Die Fusion hätte den europäischen Wettbewerb nicht beeinträchtigt, so Alstom. Nun will der Konzern seine bisherige Arbeit fortsetzen mit Blick auf eine „neue Zukunft“.

Als Reaktion auf das Nein zur Zug-Fusion peilt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nun eine Änderung des EU-Rechts an. Zusammen mit Frankreich werde man eine Initiative vorbereiten, „die zu einer zeitgemäßen Anpassung des europäischen Wettbewerbsrechts führen soll“, sagte Altmaier in Berlin.

Im globalen Wettbewerb mit China und den USA sei es wichtig, dass europäische Branchengrößen entstehen und mithalten können. Die Entscheidung Brüssels findet er bedauerlich. Aber sie werde „uns anspornen und ermutigen, weiter für eine solche Lösung zu arbeiten“, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf die untersagte Fusion. Es sei entscheidend, „dass wir für die Zukunft Zusammenschlüsse ermöglichen, die für die Wettbewerbsfähigkeit von Europa auf den internationalen Weltmärkten notwendig sind“. Wie genau man dies am besten erreichen könne, werde noch geprüft.

„Normalerweise versuche ich mich, gemäßigt auszudrücken, aber die Entscheidung der Kommission ist ein schwerer Schlag für die europäische Industrie“, sagte Frankreichs Premierminister Édouard Philippe. Die Entscheidung sei aus schlechten Gründen getroffen worden.

Auch die IG Metall hat mit Unverständnis auf die Entscheidung der EU-Kommission reagiert. Der Bezirksleiter von NRW, Knut Giesler, warf Brüssel im Gespräch mit der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ „extrem kurzsichtiges Handeln“ vor. Weiter sagte er: „Wir leben in einer globalisierten Welt, und die EU blendet das völlig aus. So zu tun, als würde der Zusammenschluss nun horrende Preissteigerungen zur Folge haben, ist doch blanker Unsinn.“ Die Eisenbahnunternehmen kauften doch längst weltweit ihre Produkte, sagte Giesler. „Mit solchen Entscheidungen schafft man im Jahr der EU-Wahlen nur noch zusätzlichen Frust über Brüssel.“

"Siemens und Alstom wollten ursprünglich im Bahnbereich fusionieren, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Die beiden europäischen Schwergewichte nahmen dabei vor allem den weltweit größten Zughersteller aus China, CRRC, ins Visier. CRRC spielt in Europa bislang jedoch noch keine Rolle.

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