Recht Stiftung ist nicht gleich Stiftung

Rund 90 Prozent aller Stiftungen in Deutschland sind gemeinnützig, jedes Jahr schütten sie 17 Milliarden Euro für gute Zwecke aus. Doch nicht alles, was Stiftung heißt, gilt auch juristisch als Stiftung.

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Rolex Quelle: dapd

Der Begriff Stiftung ist im Gesetz nicht eindeutig definiert, er steht für Rechtsformen, in denen Stiftungen organisiert werden können. Bundesweit gibt es über 18 000 rechtsfähige, also staatlich anerkannte und durch Testament, Erbvertrag oder Schenkung mit Vermögen ausgestattete Stiftungen, schätzt der Bundesverband Deutscher Stiftungen. Allein 2010 kamen rund 800 neue dazu.

Volkswagen-Stiftung in Spendierhosen

Rund 300 Stiftungen sind Unternehmensstiftungen, aber nicht alle sind ganz oder teilweise Eigentümer der Unternehmen wie bei ThyssenKrupp oder Bertelsmann. Die Dietmar Hopp Stiftung des gleichnamigen SAP-Gründers oder die Joachim Herz Stiftung, die mit dem Vermögen des vor drei Jahren tödlich verunglückten Tchibo-Erben gegründet wurde, halten keine Unternehmensanteile. Und nicht alle Stiftungen, die einen Unternehmensnamen tragen, wurden auch von diesem gegründet.

Deutschlands größte Stiftungsunternehmen
Bertelsmann Quelle: dpa
ThyssenKrupp Quelle: dapd
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ZF-Friedrichshafen Quelle: dpa
Carl-Zeiss Quelle: dpa
Schott Quelle: dpa

Die Volkswagen-Stiftung etwa, mit Ausgaben von mehr als 115 Millionen Euro jährlich die spendabelste deutsche Stiftung überhaupt, wurde 1961 mit den Erlösen aus der VW-Privatisierung gegründet.

Wo Stiftung draufsteht ist nicht immer eine drin

Hinzu kommt: Nicht alles, was so heißt, gilt auch juristisch als Stiftung. Parteinahe Stiftungen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU oder die Heinrich Böll Stiftung der Grünen sind meist eingetragene Vereine. Die Klaus Tschira Stiftung zur Förderung von Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik ist eine gemeinnützige GmbH, die Robert Bosch Stiftung hat die Rechtsform einer GmbH. „Rechtlich betrachtet sind das Kapitalgesellschaften, allerdings mit besonderen Zwecken“, sagt Stephan Scherer, Anwalt der Frankfurter Sozietät Schilling, Zutt & Anschütz.

Die meisten Stiftungen sind gemeinnützig

Ein Herz für Kinder Quelle: REUTERS

Mehr als 90 Prozent aller Stiftungen sind gemeinnützig, schätzt der Bundesverband, die Aufsicht haben das Finanzamt und die Länderbehörden. Pro Jahr schütten sie Fördermittel von rund 17 Milliarden Euro aus, um Forschungs- und Bildungsprojekte zu finanzieren, Stipendien zu vergeben, Krankenhäuser zu bauen, soziale Projekte zu unterstützen oder auch, um „frühzeitig gesellschaftliche Herausforderungen identifizieren sowie exemplarische Lösungsmodelle entwickeln und verwirklichen“ zu können, wie es auf der Homepage der Bertelsmann Stiftung heißt.

Gemeinnützigkeit hat ihre Grenzen

Und um ein Vorurteil auszuräumen: „Eine Steuerbegünstigung wird nur gewährt, wenn eine Stiftung gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt“, sagt Anwalt Scherer. Gemeinnützige Stiftungen sind von Schenkung- und Erbschaftsteuer befreit, auch der Stifter, dessen Erben oder seine Familie können steuerfrei unterstützt werden. Ausgeschüttet werden dürfen an Nachfahren und Familie aber nicht mehr als 30 Prozent der Stiftungserträge, sonst wird die Gemeinnützigkeit aberkannt.

Liberales Lichtenstein

Auf die Erträge sogenannter Familienstiftungen, die – wie bei Diehl – ausschließlich die Versorgung der Familie absichern, muss Körperschaftsteuer gezahlt werden. Bei der Gründung fällt Schenkungsteuer an, außerdem wird alle 30 Jahre sogenannte Ersatzerbschaftsteuer fällig.

Auch in Frankreich, Österreich oder der Schweiz gibt es Stiftungen, die Eigentum an Unternehmen halten. Die Rolex-Uhrengruppe etwa gehört der Wilsdorf-Stiftung. Steuerbegünstigt sind Stiftungen in der Schweiz wie in Österreich aber auch nur, wenn sie gemeinnützig sind.

Besonders liberal ist das Stiftungsrecht im Fürstentum Liechtenstein: Steuern fallen kaum an, Stifter und Begünstigte können anonym bleiben und sind nur dem Treuhänder bekannt. Was eine große Anziehungskraft auf Millionäre aus der ganzen Welt hat – obwohl vor knapp vier Jahren die Daten steuerflüchtiger Stifter aus Deutschland, darunter der ehemalige Post-Chef Klaus Zumwinkel, bekannt wurden und hierzulande Ermittlungen der Steuerbehörden auslösten.

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