Siemens gibt den Versuch auf, den Zuschlag für ein milliardenschweres Schnellzug-Projekt in Großbritannien an die Konkurrenten Alstom und Hitachi auf juristischem Weg noch zu stoppen. Ein Sprecher des Münchner Technologiekonzerns sagte am Donnerstagabend, Siemens verzichte auf eine einstweilige Verfügung gegen die Vergabe des Baus von 54 Zügen für die Hochgeschwindigkeitsstrecke „HS2“ vom Londoner Bahnhof Euston nach Birmingham, die später weiter nach Leeds und Manchester geführt werden soll. Eine Schadenersatzklage werde aber weiter verfolgt; über sie dürfte erst in knapp einem Jahr entschieden werden. Welchen Schadenersatz Siemens geltend mache, sagte der Sprecher nicht. Der „Daily Telegraph“ hatte zuerst über den Rückzieher von Siemens berichtet.
Verkehrsminister Grant Shapps hatte dem Konsortium aus den Zugherstellern Alstom aus Frankreich und Hitachi aus Japan am Donnerstag für zwei Milliarden Pfund (2,35 Milliarden Euro) den endgültigen Zuschlag für die „HS2“-Züge und einen zwölfjährigen Wartungsvertrag erteilt. Siemens, das sich auch um den Auftrag beworben hatte, hatte bereits im Vorfeld moniert, dass Hitachi und Alstom sich nicht an die Ausschreibungsbedingungen gehalten und nur deshalb das günstigste Angebot abgegeben hätten.
„Natürlich sind wir enttäuscht“, sagte der Siemens-Sprecher. „Wir haben immer noch Fragen, was das Verfahren angeht.“ Der Münchner Konzern kann aber noch auf weitere Aufträge für „HS2“ hoffen, etwa für die Signaltechnik. Zudem hätte Siemens selbst bei einer Niederlage vor Gericht Schadenersatzklagen wegen der Verzögerung des Projekts befürchten müssen.
Die 54 Züge sollen mit Geschwindigkeiten von bis zu 225 Meilen (360 Kilometer) pro Stunde von London in die zweitgrößte Stadt des Landes fahren. Hitachi und Alstom wollen sie in drei Werken in Großbritannien bauen. Dadurch würden 2500 Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen.
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